Die antifeministische Frauenbeauftragte der britischen Regierung

Dystopia Britannica

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Frauen in Großbritannien müssen sich möglicherweise auf düstere Zeiten einstellen.

In der Regierung Sunak ist die religiöse Abtreibungsgegnerin Maria Caulfield zuständig für die Gesundheit und die Gleichstellung von Frauen. Kein dystopischer Film und auch keine Satire, sondern die neue Realität im Vereinigten Königreich.

Seit Jahren macht Maria Caufield sich stark gegen das Menschenrecht auf Schwangerschaftsabbruch – in ihren Händen liegt nun die Zukunft von Frauen in Großbritannien. Die konservative Hardlinerin war bereits parlamentarische Staatssekretärin für "Frauengesundheit" und fungiert nach der Kabinettsumstellung obendrein als Minister for Women im Gleichstellungsbüro der Regierung (ein Amt, das in England etwa dem einer Frauenbeauftragten entspricht). 

In der "Pro-Life"-Fraktion polterte Caulfield gegen Abtreibung und stimmte im Unterhaus wiederholt antifeministisch. 2019 legte sie es darauf an, die Legalisierung in Nordirland zu blockieren. Nebenbei wird ihr Nepotismus vorgeworfen. Ausgerechnet diese Frau ist jetzt in England zuständig für Gleichstellungspolitik, Frauenrechte und weibliche Gesundheit. Die Regierung Sunak ist um eine Erzchristin reicher.

"Ein Schlag ins Gesicht der Frauen dieses Landes", kritisiert Katherine O'Brien vom britischen Schwangerschaftsberatungsdienst die provokante Fehlbesetzung. "Wir sind entsetzt, dass der neue Premierminister eine Abgeordnete ernannt hat, die notorisch gegen Frauenrechte votierte." Bei praktisch allen Frauenrechtsgruppen stößt Rishi Sunaks Entscheidung auf herben Gegenwind.

Indes kratzt die allgemeine Bestürzung die Karrierepolitikerin nicht im Geringsten. Auch sie habe das Recht auf eine Meinung, kontert sie, und beruft sich keck auf die Religionsfreiheit. Doch Maria Caulfields Haltung legt nahe, dass ihr glaubensbasiertes Weltbild die britischen Gesetze beeinflussen kann und wird – und die weibliche Gesundheit, Sicherheit und Autonomie zu gefährden droht.

Die Welt steht Kopf seit dem verheerenden Entscheid der US-Höchstrichter, das Urteil Roe vs. Wade zu annullieren (das knapp 50 Jahre lang amerikanischen Frauen das Recht einräumte, über Abbruch oder Fortführung einer Schwangerschaft selbst zu entscheiden). Der Damm scheint gebrochen, auch in Europa. Schon im Juli unternahm das Vereinigte Königreich eine Reihe besorgniserregender Schritte, etwa, als das Außenministerium von Liz Truss das fundamentale Recht auf Abtreibung aus einer multinationalen Menschenrechtserklärung strich.

Selbstredend beunruhigt diese Wende auch Humanist:innen (und alle, die an die Rechte der Frau glauben) zutiefst. Zwar sind die Humanists UK gut aufgestellt und haben Verbündete im Parlament – doch wird es der Allianz gelingen, den neuen Premierminister zur Rechenschaft zu ziehen? Der Geschäftsführer der Humanists UK, Andrew Copson, versichert, er werde alles Menschenmögliche tun, damit der fatale politische Erdrutsch unter die Lupe genommen wird.

Good night and good luck.

Niederschmetternd und ungeheuerlich, diese News. Eine Abtreibungsgegnerin verantwortlich für Abtreibungsrechte? Da läuten alle Alarmglocken. Maria Caulfields Ernennung zur Minister for Women ist ähnlich absurd wie "kirchliche Kommissionen", die sich erdreisten, die Kapitalverbrechen ihrer eigenen Kleriker aufzuklären. Oh, wait … leider ist auch das, in Österreich und rund um die Welt, keine Dystopie.

Wehret den Anfängen!

Erstveröffentlichung des Textes auf der Webseite des Humanistischen Verbands Österreich am 12.11.2022. Übernahme mit freundlicher Genehmigung. 

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