Auf TikTok und Instagram propagieren Influencerinnen, mit der Hausfrauenrolle dem westlichen Selbstverwirklichungsdruck entkommen zu sein. Sie nennen sich "Tradwives" oder "stay at home girlfriends". Ihr Alltag besteht aus Kochen, Kindererziehung und Gehorsamkeit gegenüber dem Partner. Er rechtfertigt sich mal christlich, mal (anti-)feministisch, mal rechtspopulistisch oder auch betont unpolitisch. Das traditionelle Frauenbild soll einen Gegenentwurf zu "Woke", unbezahlter Care-Arbeit oder Karrierefrauen liefern. Dabei wiederholen Tradwives nichts anderes als eine verzweifelte Krisenbewältigung im Zeitalter der Identität. Gehen sie auch eine Schwesternschaft mit erzkonservativen Musliminnen ein?
Sie wirken wie die Parodie einer Gattin der 1950er Jahre oder wie das traurige Klischeebild einer unterwürfigen Partnerin. Die klassische Tradwife inszeniert sich auf Instagram in altertümlich-femininen Kleidern, mit Schürze und Kochlöffeln bewaffnet oder beim Auffalten der Kinderbetten. Ihr noch unverheiratetes Pendant ist das sogenannte "stay at home girlfriend", das – meist hipper gekleidet – frohlockend auf Social Media verkündet, wie sie ihren Mann glücklich machen kann oder zu welchen Anlässen sie das Haus verlassen darf.
Ursprünglich stammt der Begriff "Tradwife" (traditionelle Ehefrau) aus den USA, wo er ab 2016 viral ging. Seit 2020 ist die Erscheinung auch innerhalb der deutschen Influencer-Szene präsent. Tradwives bilden eine Bewegung von Frauen, die sich erklärtermaßen bewusst dazu entscheiden, nach althergebrachten Geschlechterrollen zu leben. Ihre Ehen entsprechen dem klassischen Modell: Frauen übernehmen die maßgebliche Verantwortung für den Haushalt und die Kindererziehung. Ehemänner sind Alleinverdiener und Haupternährer der Familie. Konservative Familienmodelle sind ihnen wichtig, sexuelle Vielfalt erfährt Ablehnung, der christliche Glaube spielt nicht selten eine große Rolle und Traditionen erfahren gegenüber "woken" Trends den Vorrang.
Sowohl Tradwives als auch "stay at home"-Freundinnen finden vordergründig in den Sozialen Medien statt, wo sie in ihren Video-Reels argumentieren, sich willentlich um Haushalt, Beziehung und Nachwuchs zu kümmern, statt eine eigene Karriere einzuschlagen. Es gelte dabei, die berufliche Verwirklichung des (Ehe-)Mannes zu stärken. Die Tradwife-Reels sind weichgezeichnet und werden mit sanften Melodien untermalt. Oftmals ist die Handykameralinse auf Tätigkeiten wie Backen, Dekoration oder Kinderbespaßung gerichtet. Wenngleich Tradwives in weiten Röcken, Petticoats oder hochgeschlossenen Blusen auftreten und das Zeigen ihres Gesichts meist vermeiden, erwecken "stay at home girlfriends" mit freizügigen Outfits und Popmusik einen moderneren Eindruck.
Stellvertretend für das Internetphänomen werden hier maßgeblich die Instagram-Accounts der deutschen Protagonistin @tradwifefactory, der amerikanischen Influencerin @esteewiliams und der "stay at home"-Partnerin Carolina aka @xmalischka untersucht.
"Order is coming back in a chaotic world"
In einem Video auf Instagram verkündet die amerikanische Hausfrauen-Ikone Estee Williams ihre Freude über die Popularität der Tradwife-Bewegung. Die Attraktivität des züchtigen Lebensstils ergebe sich aus einer immer chaotischer werdenden Welt, die unter einem wachsenden Werteverlust leide. Mit Stolz blickt sie auf die Frauen, die keine Karriere anstreben, sondern sich für die erfüllende Identität als Gattin und Mutter entscheiden: "Order is coming back in a chaotic world" (zu deutsch: "Die Ordnung kehrt zurück in eine chaotische Welt").
Ähnliche Worte verlautbart auch eine deutsche Ablegerin: In einem viel geklickten Instagram-Reel spricht @tradwifefactory von Traditionen als "Anker in stürmischen Gewässern […], die Kontinuität und Verbundenheit mit der Vergangenheit" vermitteln, während sie in strikter Sorgsamkeit Plätzchen mit Konfitüre bestreicht. Botschaft: Unsere Welt ist aus den Fugen geraten, entwurzelt, degeneriert. Die Liberalisierung von Geschlechterrollen, die Diversifizierung von sexuellem Begehren und die Multioptionsgesellschaft zerstören gewohnte Ordnungen. Ins Politische übersetzt: Die konsequente Rückbesinnung auf althergebrachte Normen sei eine kompatible Lösung, um sozialen Überforderungen entgegenzuwirken.
Psychische Erkrankungen haben unter jungen Menschen und insbesondere unter jungen Frauen im Westen signifikant zugenommen. Empfundene und/oder reale Bedrohungen, wie der Klimawandel, Corona, Wirtschaftskrisen, Selbstoptimierungsdruck, Schönheitsideale oder postmoderne Identitätsansprüche führen zu Zukunftsängsten, Dauerstress und Selbstwertproblemen. Die Tradwives und "stay at home girlfriends" rekrutieren sich in erster Linie aus Frauen im Alter von Anfang 20 bis Mitte 30. Beobachtern zufolge sei die anachronistische Bewegung besonders ansprechend für eine Generation auf der Schwelle zwischen den Millennials und der Gen Z. Jene Gruppe, die in fortschrittlich entwickelten Ländern am meisten die Suggestion verspüre, bei identitär gekaperten Phänomenen wie Queerness, Klimaaktivismus, Mode, Selbstfürsorge oder Fitness-Hypes mitmachen zu müssen. Bemerkenswert ist hier, dass dieselbe Kohorte, die von den Tradwives für Gemeinschaft-zersetzende Werte schuldig gesprochen wird, auch eine besondere Anfälligkeit für das Identitätsangebot der Tradwives besitzt.
Kurz gesagt: Persönliche und politische Krisenzeiten nähren den Wunsch nach kollektiven Selbstbildern. Identität verspricht Orientierung, Struktur und Halt. Indem die Tradwives eine Anti-LGBTQ-Rhetorik an den Tag legen und sich als Verteidigerinnen der kleinbürgerlichen Kernfamilie stilisieren, manifestieren sie das reaktionäre Spiegelbild einer identitären Selbstwertpolitur, die Zoomer beispielsweise gleichfalls im sich progressiv kleidenden Transaktivismus finden können. Beide Bewegungen eint das Feindbild "Emanzipation" im Sinne der Selbstermächtigung jenseits homogenisierender Identitätsfaktoren. Statt sich als Individuum zu entfalten, möchten sie in der Gruppe aufgehen.
Es lässt sich annehmen: Uns begegnet mit den Tradwives eine feminine, größtenteils virtuelle Artikulationsform der "konformistischen Rebellion" (E. Fromm / T.W. Adorno)1. Sie performen in rebellischer Pose, gepaart mit einer gehörigen Portion Sendungsbewusstsein. Statt Fortschritt und Revolution fordern sie Konventionalismus und Reaktion – was eine offene Flanke zum Rechtsromantischen bilden kann.
Alt-Right
Nicht jede, allerdings auch kein zu vernachlässigender Teil der Tradwives bewegt sich im christlich-dogmatischen Lager oder im rechtsextremen Milieu. Die erste Generation der Tradwives entstand im Zusammenhang mit der US-Präsidentschaftswahl 2016 und dem Erfolg der Alt-Right-Bewegung. Zu dieser Zeit waren federführend weibliche Millennials im Netz aktiv, um Frauen vom Joch des "modernen Feminismus" zu befreien. Ziel war es, für patriarchale Geschlechterrollen zu werben und Frauen beizubringen, wie sie eine "gottesfürchtige" Weiblichkeit entwickeln oder zurückerlangen können. Repräsentativ dafür stehen, laut einer Recherche des amerikanischen Thinktanks Political Research Associates, "die Social-Media-Persönlichkeiten Ayla Stewart (auch bekannt als "Wife With A Purpose") und Caitlin Huber (auch bekannt als "Mrs. Midwest")". Beide "folgen und interagieren (…) online mit weißnationalistischen Accounts." Insbesondere Ayla Stewart verbreitet die rechtsextreme Verschwörungstheorie des "Großen Austauschs" (Great Replacement), wonach Massenmigration bewusst von jüdischen Charakteren gesteuert werde, um die autochthone Bevölkerung durch eine Ansiedelung von nicht-weißen Menschen zu vertreiben. Zur Bewahrung einer weißen Hegemonie setzen Akteure des völkischen Nationalismus auf die weibliche Gebärfähigkeit. Estee Williams gibt beispielsweise Ratschläge an ihre Follower, wie Frauen vermehrungswillige Ehemänner anlocken können. Auch die deutsche Influencerin hinter @tradwifefactory lobt die "Gabe der Geburt und des Mutterseins als eine der wundervollsten Segnungen, die Gott uns Frauen gewährt" und gibt Hinweise, wie man einen "familienorientierten Ehemann" an sich bindet.
Anschlussfähig sind solche Lobeshymnen bei der hiesigen Alternative für Deutschland (AfD). Auf Wahlplakaten wird mit Slogans geworben wie: "Traditionell? Uns gefällt's!" oder abgebildet neben einem Schwangerschaftsbauch: "Neue Deutsche? Machen wir selber". Erwartungsgemäß fordert die AfD eine Erhöhung der Geburtenrate unter Deutschen und die Abschaffung der straffreien Option eines Schwangerschaftsabbruchs.
"if I want to be a tradwife I need to become a muslim"
Widerspruchslose Unterordnung gegenüber dem Mann und die Reduktion von Frauen zu "Gebärmaschinen": Beides sind Ideologiesegmente, die wir aus der islamischen Misogynie kennen. Auch die Hinwendungsmotive zum traditionellen Rollenbild (Bindungssuche und Ich-Schwäche) sind bei muslimischen Konvertitinnen geläufig. Hier stellt sich die Frage, inwiefern die Tradwife-Bewegung zur Allianz mit erzreaktionären muslimischen Frauen bereit ist.
Dieses Video von "2 Bored Guys" befasst sich ebenfalls mit dem Thema:
Trotz Nähe zu rassistischen Akteuren kann die Tradwife-Bewegung nicht als gänzlich "weißes" Produkt betrachtet werden. Diese Frage zum Schulterschluss mit Musliminnen stellt sich die POC-Tradwife @naijello86 auf Instagram: "I'm beginning to think that if i want to become a #TradWife and live the #Tradlife I need to become a muslim". Ebenfalls zeigen YouTube-Filme den Konvertierungswunsch einer hispanischen Tradwife zum Islam und der VLog einer selbsternannten muslimischen Tradwife wie sie sich während des Fastenbrechens im Ramadan um ihren Mann, ihre Kinder, den Haushalt und die Katzen sorgt. Hinterlegt wurde der Videoblog mit islamischer Nasheed-Musik, die unter anderem aus IS-Propagandavideos bekannt ist.
Hinsichtlich der LGBTQ-Feindlichkeit und der Verteidigung traditioneller Werte vor einer übergriffig erachteten Moderne bildeten ultrakonservative Katholiken, Rechtsextreme und Islamisten bereits realpolitische Kooperationen. Beispielhaft passierte dies bei dem Aufstand gegen das "Evra"-Sexualaufklärungsprogramm in Belgien. Zwar ist die aktive Partizipation von Tradwives an diesem Protest nicht bekannt, jedoch steigen die Hausfrauen-Influencerinnen auf den emotionalisierenden Zug des Schutzes von unschuldigen Kindern vor einer mutmaßlichen Übersexualisierung durch schulische Sexualpädagogik mit auf. Vor der Kulisse eines weiteren Backvideos mahnt @tradwifefactory: Die Gesellschaft werde Kindern "definitiv weiß machen", dass vorehelicher Geschlechtsverkehr (bei ihr abgekürzt durch "GV") die bedenkenlose Normalität ist. Davor warnt die deutsche Influencerin und rät zu häuslicher Aufklärung, um den exklusiven, göttlichen Wert von ausschließlich heterosexuellem Sex in einer monogamen Ehe zu verinnerlichen.
An dieser Stelle krankt schon die Sympathie der Tradwives mit der Sexualmoral des Islam. Muslimische Influencer beklagen, dass westliche Tradwives zum einen Polygamie ablehnen und zum anderen auch mal unbedeckte Haut zeigen. Folgende Dissonanz hängt mit dem unterschiedlichen Frauenbild der Tradwife-Auffassung und der islamischen Sexualitätsregulation zusammen: Dem Selbstverständnis der traditionellen Hausfrauen nach befindet sich die Frau in einer passiven Position. Der Mann übernimmt den aktiven Part. Konkret führt Estee Williams dies aus, indem sie Frauen nahe legt, wie sie sich als weibliche "receiver" (zu deutsch: Empfänger) für den männlichen "provider" (zu deutsch: Anbieter) attraktiv in Szene setzen. Getreu dem Motto: Der Mann soll absichtlich Stimulationen wahrnehmen, um sich bei der einen Frau zu Hause zweckgerichtet (reproduktiver Sex) ausleben zu können. Im islamischen Modell verhält es sich andersherum: Die Frau ist grundsätzlich aktiv und verbreitet mit ihrer öffentlichen Präsenz "fitna" (zu deutsch: "Unruhe", "Häresie"), die wiederum "zina" (zu deutsch: "außerehelichen Sex") provozieren kann. Dementsprechend muss die Frau im Sozialraum verbannt und daheim sexuell gefügig sein. Sofern es der Trieb des Mannes erfordert, sollen ihm auch mehrere Frauen zur Abfuhr bereitstehen.
"free choice"
Sonderlich feministisch klingen diese Wertevorstellungen nicht. Daraus machen einige Protagonistinnen der Tradwife-Bewegung auch kein Geheimnis. Selbstredend gehöre der Feminismus zu einer der Ursachen der Zerstörung der Familie. Gleichzeitig würden Frauenrechtsbewegungen Femininität rauben und so unterzeichnen Estee Williams und @tradwifefactory stolz ihre Postings mit "#rejectfeminism" (zu deutsch: "Feminismus ablehnen") oder "#antifeminismus". Offenkundig bietet es sich hier an, über internalisierte Frauenfeindlichkeit als Bewältigungsmechanismus sexistischer Erfahrungen oder über die Komplizenschaft von Frauen für patriarchale Strukturen zu schreiben.
Genauso spannend ist die Beobachtung, dass Teile der Tradwife-Szene sich absichtlich mit Vokabeln wie "free choice" oder "Feminismus" schmücken. Zum Weltfrauentag postete die "stay at home"-Influencerin @xmalischka einen Kurzfilm über Hausarbeit und was sie alles als "gute" Partnerin für seine Zufriedenheit tun kann ("hübsch machen", "Mittagessen kochen" und "Backen"). In einem Posting schreibt @tradwifefactory: "Wenn mein Mann nein sagt, heißt es auch nein." Im Nächsten glorifiziert sie diesen Lebensstil als Selbstbestimmung. Wie der hpd an anderer Stelle in Bezug auf islamische Feministinnen schrieb, bedeutet ein Selbstbestimmungs-Feminismus ohne die Reflexion von Machtverhältnissen schlicht freiwillige Unterdrückung. In Anlehnung an die Postmodernismus-Kritik des Soziologen Detlev Clausen schrumpft dieser voluntaristische Feminismus zu einer "Kümmerform von Gesellschaftskritik".
Daher müssen wir auch die ökonomische Seite des Tradwife-Trends beleuchten. Die Hausfrauen-Influencerinnen sprechen von einer regelrechten Befreiung, wenn sie weiter nichts als die Pflicht für Kümmeraufgaben übernehmen. Den Gefühlszustand von mehrfach belasteten Frauen "ich habe es satt, zu arbeiten und Haushalt zu schmeißen" identifiziert die Netzfeministin @nemacizkov als das Einfallstor der Tradwife-Bewegung. In Deutschland gehen so viele Frauen wie noch nie einer Erwerbsarbeit nach. Gleichzeitig bringen Frauen täglich mehr Zeit für die Care-Arbeit auf als ihre männlichen Partner. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird als immer stressreicher empfunden. Parallel beschließt das Kabinett Bestimmungen zur Kürzung des Elterngeldes. Auch der für 2024 angekündigte Vaterschaftsurlaub befindet sich in einer endlosen Warteschleife. Eine Schwachstelle der systemischen Lebensrealität von Frauen, die Tradwives oder "stay at home girlfriends" für sich ausnutzen können. Schließlich ist dort auch noch das Über-Ich, das an die Achtung der eigenen Work-Life-Balance appelliert. Der Alltag als Hausfrau und Mutter, ohne einen externen Job, soll Abhilfe schaffen.
Des Weiteren ist die Rolle der Tradwives ein Privileg. Auch wenn die Protagonistinnen gerne in einer 50er-Jahre-Ästhetik auftreten, hält diese Aneignung dem Realitätscheck nicht stand. Zur Jahrhunderthälfte stieg der Anteil an Frauen in der Erwerbsarbeit rasant, was nicht zuletzt durch den Wiederaufbau und durch einen Notstand nach dem Zweiten Weltkrieg begründet war. Das Leben als Hausfrau muss Frau sich also leisten können. Mit Blick auf die pompöse häusliche Szene von @xmalischka's Videos auf Mallorca und die fünf- bis sechsstelligen Followerzahlen der Influencerinnen ist davon auszugehen, dass es sich hier um ein grandioses Geschäftsmodell mit lukrativen Einkünften handelt. Bei dieser gefährlichen Verklärung bleiben Fragen offen: Was passiert, wenn dein Partner oder dein Ehemann dich verlässt? Mit welcher Ausbildung steht ihr dann da? Nicht jede Tradwife oder jede zu Hause bleibende Partnerin wird eine erfolgreiche Influencerin.
Materializing feminism
Jedenfalls muss die Modeerscheinung ein Gegenstand für feministische Analyse und Kritik sein. Der hpd fragte die Co-Gründerin des Netzwerkes Frauenrechte und Podcasterin Charlotte vom Kolke für einen O-Ton an, der hier als Schlusswort veröffentlicht wird:
"Die Romantisierung der klassischen Geschlechterrollen ist eine Antwort auf die Unsicherheiten und Mehrfachbelastungen, denen Frauen, und insbesondere Mütter, heutzutage ausgesetzt sind. Feministinnen der Zweiten Welle kämpften dafür, dass Frauen rechtlich nicht mehr als Eigentum des Ehemanns angesehen werden und über Arbeit und Finanzen selbst entscheiden dürfen. Junge Frauen beobachten, dass ihre eigenen (Groß-)Mütter trotz der Doppelbelastung von Sorgearbeit und Berufstätigkeit in die Altersarmut rutschen. Zusätzlich fehlen in Deutschland 400.000 Betreuungsplätze, während in vielen Großstädten auch zwei Einkommen kaum ausreichen, um eine Familie mit Kindern zu versorgen. Der Wunsch nach einem traditionellen Leben kann somit als vermeintlich simple Antwort auf eine vielschichtige Problemlage gedeutet werden. Die 'Tradwives' verkennen jedoch, dass die komplette finanzielle Abhängigkeit von einem Partner ein enormes Risiko für Frauen darstellt, da sie bei häuslicher Gewalt ein zusätzlicher Kontrollmechanismus sein kann. Letztlich war genau diese Realität der Grund, dass Feministinnen die Unabhängigkeit und den Schutz von Frauen erstreiten mussten."
- Erich Fromm: Escape from Freedom. Farrar and Rinehart, New York 1941 i.V.m. Theodor W. Adorno, Else Frenkel-Brunswik, Daniel J. Levinson, R. Nevitt Sanford: The Authoritarian Personality. Harper und Brothers, New York 1950. ↩︎
19 Kommentare
Kommentare
Mutant77 am Permanenter Link
Richtig so! Immer drauf!
Man muss den Frauen erklären wie sie zu leben haben, sonst Wissen sie es nicht und das können nur Akademiker. Bravo, der Humanismus wird siegen.
Im Ernst, das es auch andere Sichtweisen geben kann und diese ignorante einseitige herangehensweise, die sich nicht darum kümmert was diese Menschen wollen macht das zusammenleben immer schwieriger, weil jeder denkt man müsse einen Wahrheitsanspruch haben.
Toleranz - im Sinne das man das Andere akzeptiert - Weltoffenheit und Humanismus akzeptirt auch solche Lebensformen, warum auch nicht?
Die Idee das "Arbeit haben" das Ziel jeden Menschens ist, ist hier der Denkfehler. Es gibt viele Menschen die haben keinen Lust zu arbeiten. Als Frau habe ich die Möglichkeit mir einen Mann zu suchen der mein Leben finanziert. Dieses Privileg gab es schon immer. Aber das kann genau so scheitern, wie alle anderen Modelle auch. Aber jeder Mensch sollte die Freiheit haben solche (falschen) Entscheidungen zu treffen, ohne das die Gesellschaft ihn dafür verurteilt. Denn dann wären wir wieder in den 50'ern wo der Lebensweg vorher bestimmt war und Toleranz für andere Wege nicht erwünscht war.
Tim Mangold am Permanenter Link
Niemand schränkt die Freiheit entsprechender Damen ein.
Keine Ahnung wo Sie das Problem sehen wollen. Kann es sein, dass Sie sich darüber aufregen, dass ein frauendiskriminierender Lebensstil nicht als humanistisch angesehen wird?
Mutant77 am Permanenter Link
Genau es wrd kritisiert, aber das diese Frauen eine eigene Entscheidung getroffen haben will man nicht anerkennen und folgerichtig dürfen diese auch nicht in dem Text ihren Standpunkt darlegen.
Ich rege mich darüber auf, dass es nicht humanistisch ist einen freiwiligen Lebensstil von Frauen als diskriminierend zu diffamieren. Das kann nicht die Rolle eines humanistischen Philosophischen Ansatz sein. Solange etwas freiwillig geschieht ist es nicht die Aufgabe anderer darüber zu urteilen.
Tim Mangold am Permanenter Link
Man kann durchaus Lebensstile kritisieren, die sich Menschen selbst aussuchen und humanistisch sein.
Mutat77 am Permanenter Link
Ja, schön wenn man alles böse in etwas hinein interpretiert was aber von niemanden gefordert wird, dann baut man sich halt den schönsten Strohmann und fühlt sich besser.
Die These das Männer die Frauen und ihre Kinder versorgen gewaltätig sind und deshalb schädlich sind, zeugt von sehr einfachen Antworten auf komplexe Lebenswelten. Zu denen gehören auch Formen die für andere nicht erstrebenswert wären, aber deshalb sind sie nicht schlechter. Und das verstehe ich nicht, dass man anderen immer das Schlechte unterstellt und glaubt die Wahrheit mit Löffeln gefressen zu haben und sich trotzdedm für tolerant und weltoffen hält.
David Z am Permanenter Link
Ich kann hier jetzt kein Problem feststellen. Wird im Kontext von LTBQT nicht immer propagiert, dass jeder so leben können soll, wie er möchte, ohne angefeindet zu werden?
Ich kann die abwertende Haltung, die die "kleinbürgerliche Familie" hier im Artikel erfährt, daher nicht nachvollziehen. Diese Grundeinheit ist die Basis unserer, ja im Grunde einer jeden Gesellschaft.
malte am Permanenter Link
Nein. Die Grundeinheit der Gesellschaft ist nicht die Kleinfamilie, sondern das Individuum. Was Sie vertreten, ist ein archaisches Gesellschaftsbild.
David Z am Permanenter Link
Nein. Solange das Individuum alleine nicht fortpflanzungsfähig ist, ist die Grundeinheit einer Gesellschaft die Familie. Ansonsten gäbe es nach einer Generation keine Gesellschaft mehr.
Petra Pausch am Permanenter Link
Es ist ja bekannt, dass Sie gern mit Strohmännern "argumentieren". Aber dieser hier ist nun doch zu groß, um übersehen zu werden.
David Z am Permanenter Link
Vom Status "Ehe" habe ich nicht gesprochen. Soviel zum Thema "Strohmann". Ich sprach von Familie. Dazu zählt für mich auch eine unehelich zusammenlebende Familie.
René am Permanenter Link
Tatsächlich braucht das Individuum auch nicht die von Dir skizzierte "unehelich zusammenlebende Familie" für den Fortbestand der Art.
Mutat77 am Permanenter Link
Dann wären wir aber bei komplett anderen sozialen Lebensformen, in der die Eltern Verantwortung für ihre Kinder haben (sollten).
malte am Permanenter Link
Und ich kann auch nicht erkennen, dass hier irgendjemand "angefeindet" wird. Der Artikel betrachtet einen gesellschaftlichen Trend kritisch.
Tim Mangold am Permanenter Link
"Ich kann hier jetzt kein Problem feststellen."
Also es ist nicht kritisch, dass Frauen sich von Männern abhängig machen und dabei erhebliche Risiken eingehen? Ebenso nicht, dass der Influencer gibt, die fernab von ihren Zuschauern leben denen sie diesen Lebensstil vorlegen? Auch die Aussagen der Influencer, die für komplexe Probleme solche einfachen und geradezu dummen Antworten geben ist nicht kritisch.
"Wird im Kontext von LTBQT nicht immer propagiert, dass jeder so leben können soll, wie er möchte, ohne angefeindet zu werden?"
Was haben Sexualitäten und Geschlechtsidentitäten mit Lebensstil en zu tun? Und warum verweist Du auf LGBTQ?
"Ich würde vorschlagen, dass dies ebenfalls für diese Personen gilt."
In diesem Artikel werden verschiedene Personengruppen thematisiert, die unterschiedlich zu werten sind. Dass entsprechende Leute leben dürfen wie sie wollen wird nirgendwo abgestritten, außerhalb Ihres Kommentars.
" Ich kann die abwertende Haltung, die die "kleinbürgerliche Familie" hier im Artikel erfährt, daher nicht nachvollziehen."
Dann sollten Sie sich den Artikel nochmal ansehen.
" Diese Grundeinheit ist die Basis unserer, ja im Grunde einer jeden Gesellschaft."
Also Frauen die sich von Männern abhängig machen, dazu im Rahmen von reichen Influencer auch noch animiert werden, ist die Grundeinheit der Gesellschaft? Das beobachte ich ganz anders.
Ihre Kommentare haben meist den Inhalt, dass Sie über LGBTQ und Muslime abreiern können. Woher der Wind bei Ihnen weht, kann man erahnen.
David Z am Permanenter Link
"Kritisch" aus welcher Perspektive? Die Frauen finden das offenbar nicht kritisch. Ich sehe keinen Grund, jemanden zu kritisieren, nur weil einem selbst dieser Lebensstil nicht passt.
Influencer gibt es für alle möglichen Bereiche. Dass solche Influencer oft einfältige Dinge von sich geben, ist nur wirklich kein spezifisches Phänomen sondern ein allgemeines.
Die Analogie zu anderen Lebensentwürfen liegt darin, dass es sich hier eben auch um einen individuellen Lebensentwurf handelt.
"Also Frauen die sich von Männern abhängig machen, dazu im Rahmen von reichen Influencer auch noch animiert werden, ist die Grundeinheit der Gesellschaft? Das beobachte ich ganz anders."
Wer sich wann wo in welcher Form und Grad "abhängig" macht, können weder Sie noch ich wissen und ist ein völlig anderes Thema. Meine Aussage war: Die Grundeinheit ist die Familie aus Eltern und Kind. Und sie bezieht sich auf die despektierliche Bewertung der (kleinbürgerlichen) Familie.
Mir scheint, Ihr letzter Satz zeigt vielmehr, woher der Wind bei Ihnen weht. Ich schlage vor, Sie versuchen es mit Argumenten anstatt Diffamierungsversuchen.
Inseljunge am Permanenter Link
Nein, eine Familie ist bereits ein Zusammenschluss.
Die Grundeinheit ist das Individuum.
Tim Mangold am Permanenter Link
Japp, genau.
In diesem geradezu irrationalen Kampf gegen Wokeness habe ich schon öfter meine Meinung kundgetan und möchte hier anknüpfen. Natürlich anti-woke, und recht weit rechts, jedoch nicht radikal oder gar extrem rechts, präsentiert sich die verstrahlte Dame, die auf der Bühne die Einleitung zum berühmten, populistischen Kanon vom Oiwonger Hubbsi zur Zurückholung der Demokratie durch die schweigende Mehrheit. Entdeckt hat die gute Dame die Wokeness und allerlei Verrücktheiten in der heutigen Zeit, meint sie. In einem Buch, das sie mit irgendeinem F-Promi-Comedian herausbrachte, keifte sie, dass man ja heutzutage immer gleich rechts sei. Sie nannte als Beispiel eine Dame, die sagte, dass sich manche rechtsextreme Frauen gern strickend präsentieren und machte daraus den üblichen rhetorischen Trick, in dem sie ihr unterstellte, sie würde sagen, dass jeder der strickt rechtsextrem wäre. Irre! Jeder der strickt ist rechtsextre! Nö, sagte niemand. Das mittig-rechte bis etwas weiter rechte Spektrum, in etwa CSU, sollte in diesen Tendenzen aufpassen, ebenso wie alle von links bis dorthin und aufklären, auch welch Vorteile die Freiheit hat und wie schnell sie kippen kann, wenn Extremisten an die Macht kommen, und was dann passiert.
Genau daran erinnert mich diese Sache hier. Dass sich Rechtsextreme in solchen harmlos erscheinenden Settings präsentieren ist seit langem bekannt. Es ist richtig diesbezüglich aufzuklären indem man aufzeigt, welche Strategien extreme Rechte haben und dass ein von mir aus kurioser, alberner, in meinen Augen eigentlich dümmlicher Lebensstil der hörigen Frau mit Küche, Kirche, Kind ebenso dazugehört.
Mutant77 am Permanenter Link
Die anderen sind also immer dümmlich und rechtsradikal. Klar, wenn man so einfaches weltbild hat, dann machen deine Kommentare Sinn.
Ich als Ü50 komme noch aus einer Zeit als es von der Gesellschaft oft erwartet wurde eine Familie zu gründen und Kinder zu bekommen und ich bin heilfroh diesen Zwang nicht erfüllen zu müssen. Niemand hat mich gezwungen jemand zu heiraten und Kinder konnten abgetrieben werden, wenn man sie nicht wollte. Aber auch die anderen Entscheidung treffen zu können wäre möglich gewesen, das ist Freiheit.
Aber was ich nicht verstehe das von der jungen Generation nun ein neuer Zwang aufgebaut wird, dass man so oder so nicht leben soll, weil es "rechtsradikal" ist. Ein sehr seltsame Haltung zu individueller Freiheit und Rechtsradikalität.
bluewhitedotinthesky am Permanenter Link
Ich kenne mehrere Frauen, die aus diversen Gründen, teils christlich begründend in der klassischen Rolle als vom Mann unterhaltenen Frau & Mutter von Kindern lebten - bis das Schicksal zuschlug: Bei einer erkrankt