Religiöse Rechte

Abzug der US-Truppen aus dem Irak

us_flags.jpg

US-Flaggen / Foto:Andreas Church (morguefile)

USA. (hpd) Mit dem heutigen Tag endet der Kriegseinsatz der amerikanischen Armee im Irak, der vor über sieben Jahren begann. Grund genug für einen Rückblick des hpd, denn von Beginn an wurde die Invasion im konservativen Bible Belt der USA als göttlicher Akt begrüßt.

Für viele Christen war der Irakkrieg nur eine von vielen Schlachten in einer langen Reihe, in der am Ende die Schlacht von Armageddon steht. Zu diesen Christen zählt auch George W. Bush. Wie im Frühjahr 2009 bekannt wurde, hatte ihm Verteidigungsminister Donald Rumsfeld interne Lageberichte über die Situation im Irak geschickt, die mit Bibelversen eingeleitet wurden. (Quelle)

Die gewissermaßen „offizielle“ Stellungnahme der Christlichen Rechten zum Irakkrieg wurde von Richard Land verfasst, dem Präsidenten der Kommission für Ethik und Religionsfreiheit der Southern Baptist Convention (SBC), der größten protestantischen Glaubensgemeinschaft in den USA. In seinem offenen Brief vom 3. Oktober 2002 an Präsident Bush erklärte Land, dass der bevorstehende Irakkrieg die Kriterien eines gerechten Krieges gemäß der Lehre bedeutender Kirchenväter wie Augustinus erfülle. Der Brief wurde vom einflussreichen Fernsehprediger Dennis James Kennedy sowie den Vorsitzenden mehrerer sog. Parachurch-Organisationen unterzeichnet.

Die Invasion des Irak wurde umgehend als Möglichkeit zur christlichen Missionsarbeit wahrgenommen. Franklin Graham (Sohn des Baptistenpastors Billy Graham) und Jack Graham (keine Verwandtschaftsbeziehung), damaliger Präsident der SBC, stellten bereits im April 2003 ihre Pläne für die Missionsarbeit unter den muslimischen Irakern vor. (Quelle)

Al Mohler, Präsident des Theologischen Seminars der SBC, verteidigte die Missionare, da ihre vorrangige Aufgabe die humanitäre Hilfe und nicht die Weitergabe des Glaubens sei. (Quelle)

Ein weiterer offener Brief christlicher Zionisten im Mai 2003, der eigentlich den Nahostkonflikt zum Thema hatte, begrüßte die Invasion des Irak. Der konservative Politiker Gary Bauer, Präsident der Lobbyorganisation American Values, schrieb an Präsident Bush:

"Wir begrüßen ihre mutige Entscheidung, Saddam Hussein des Amtes zu entheben und die Demokratie im Nahen Osten zu fördern. Ihre Präsidentschaft erweist sich als gute Möglichkeit, Terrorismus zu besiegen und Freiheit und Stabilität in eine geschundene Region der Welt zu bringen."

Zu den weiteren Unterzeichnern gehörten auch Adrian Rogers, ehemaliger Präsident der SBC, Pastor Jerry Falwell, der in den 80ern die einflussreiche christliche Lobbygruppe Moral Majority gegründet hatte, und Pastor John Hagee.

Ihr werdet siegen! Amen!

Doch während die meisten Kirchenführer eher rein politische Argumente ins Feld führten (vermutlich nur um ihre religiöse Motivation notdürftig zu verdecken), sah Hagee im Irakkrieg ausdrücklich den direkten Willen Gottes. In der Sendung des spirituellen Wunderheilers Benny Hinn verkündete er kurz vor Ausbruch des Krieges:

„Nun haben wir es mit Nebukadnezar II. zu tun – Saddam Hussein. Er weiß, wer Nebukadnezar war. Er möchte Nebukadnezar II. sein. [...] Er ist der Hitler des Nahen Ostens. Man nennt ihn den ‚Schlächter von Bagdad‘. Er wird alles in seiner Macht Stehende tun, um Israel anzugreifen. Ich glaube, dass Gott in diesem historischen Moment George Bush dazu auserwählt hat, Saddam Hussein zu zerschmettern.

Eine ironische Anekdote, die ich selbst kaum glauben konnte: Im Präsidentschaftswahlkampf stand Florida im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, und ein orthodoxer Rabbi, er ist Demokrat, war in meinem Büro. Eines der verwirrendsten Ereignisse der Wahl in Florida war, dass in einer Wohngegend, die Al Gore voraussichtlich hätte gewinnen müssen, mysteriöserweise eine Gruppe jüdischer Rentner geschlossen Bush wählte. Denkt einmal darüber nach. Er gewann die Wahlmännerstimmen Floridas, er wurde Präsident. Wenn aber Al Gore Präsident wäre, würde er sich gegenüber Saddam Hussein für seine eigene Existenz entschuldigen. Aber George Bush ist Präsident der Vereinigten Staaten, er verteidigt Israel. Alle Völker dieser Erde stehen gegen Israel und Präsident Bush verkündet felsenfest: Wir werden den Terrorismus nicht tolerieren. Wir werden den Terrorismus besiegen. Die Vereinigten Staaten werden in diesem Krieg gegen den Irak triumphieren.

Und ich glaube, dies ist der Fall, weil wir das tun, was Gott mit uns vorhat, seit dem Tag als Christopher Columbus Amerika entdeckte. Wir waren Heimat des jüdischen Volkes, wir waren Verteidiger des jüdischen Volkes. Damals haben wir die Juden vor Hitlers Klauen gerettet und nun retten wir sie vor Nebukadnezar II. Ich glaube, dass Gott an unserer Seite steht. Ich sage dies zu jedem Mann und jeder Frau in der US-Armee, gleich an welchem Ort auf der Welt ihr diese Sendung seht: Gott ist mit euch! Seid mutig und stark! Der Herrgott ist mit euch! Ihr werdet siegen! Amen!

Man darf sich nicht mit dem Bösen arrangieren!

Auch Rick Warren, der neue „Pastor der Nation“, der bei der Vereidigung von US-Präsident Barack Obama den Segen spendete, hatte den Irakkrieg begrüßt. In einem Interview im August 2008 führte er aus:

„[...]es ist unerheblich, ob Massenvernichtungswaffen im Irak gefunden wurden oder nicht. Saddam und seine Söhne haben im wörtlichen Sinne das Land vergewaltigt. Und wir hatten die moralische Pflicht, etwas zu tun. Wer ein judäo-christliches Weltbild hat, der muss glauben, wenn Gott ihm sagt, dass man sich mit dem Bösen nicht arrangieren darf. Ihm muss widerstanden werden, es muss überwunden werden.“

Ebenso hatte sich der Psychologe James Dobson, Gründer von Focus on the Family, der in seinen Erziehungsratgebern Eltern erklärt, wie sie ihre Kinder richtig schlagen, für den Irakkrieg ausgesprochen. Dennoch gestand er Mitte 2006 Fehler ein:

"Saddam Hussein tötete, soweit wir wissen, mindestens eine Million Menschen. Er ermordete sie kaltblütig und das erforderte eine Reaktion. Ich denke, dass das, was der Präsident tat, richtig war, aber nun befinden wir uns im Chaos und das gestehe ich auch ein und ich bin sehr besorgt deswegen."

Zu dieser Einsicht gelangte der 2007 verstorbene Baptistenpastor Jerry Falwell bis an sein Lebensende nicht. Ein Jahr vor seinem Tod meinte er, dass der Irakkrieg „pretty well“ verlaufe, solange man ihn nur auf FOX NEWS und nicht auf CNN verfolge. (Quelle)

Zuvor hatte Falwell noch verkündet, dass alle evangelikalen Gegner des Irakkriegs in einer Telefonzelle Platz hätten. (Quelle)

In seinem Artikel „God is pro-war“ begründete Falwell sein Eintreten für den Krieg. Er klärte den Leser darüber auf, dass das 6. Gebot fälschlicherweise mit „Du sollst nicht töten!“ übersetzt werde, obwohl die richtige Übersetzung „Du sollst nicht morden!“ laute. Damit seien Kriege ebenso wie die Todesstrafe nach christlichem Verständnis legal. (Quelle)

Auch Falwells langjähriger Weggefährte, der Televangelist und Medienmogul Pat Robertson, war von einem chirurgischen Präzisionsschlag überzeugt. Im Jahr 2004 gab er an, dass ihm im persönlichen Gespräch von Präsident Bush versichert wurde, dass der Krieg nicht zu zivilen Opfern führen würde. Das Weiße Haus dementierte umgehend. (Quelle)

Redaktion und Übersetzung: Lukas Mihr

Land-Letter

Jerry Falwell

Rick Warren

John Hagee

James Dobson

Rod Parsley

und:

Panorama (2004) über christliche Missionare im Irak und das Video der Sendung.