Erneut Beschwerde gegen ORF eingereicht

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ORF-Zentrum in Wien am Küniglberg / Foto: Peter Gerstbach (wikimedia commons)

WIEN. (hpd/rip) Die Initiative Religion ist Privatsache hat das Einbringen einer Beschwerde gegen den ORF bei der Regulierungsbehörde KommAustria bekannt gegeben. Die Beschwerde richtet sich gegen die Verletzung der Verpflichtung zur Wahrung der Verfassungsordnung, der Objektivität, der Unparteilichkeit und der Sachlichkeit seitens des ORF.

Nachdem die formalen Voraussetzungen der Popularbeschwerde erfüllt waren, dass „die gegenständliche Beschwerde von mindestens 120 die Rundfunkgebühr entrichtenden oder von diesen befreiten Rundfunkteilnehmern bzw. von Personen, die mit diesen Rundfunkteilnehmern im gemeinsamen Haushalt leben, unterstützt wird“ (§ 36 Abs 1 lit b ORF-G), konnte nun die Beschwerde bei der KommAustria, der Aufsichtsbehörde des ORF, eingereicht werden.

Laut der Beschwerde habe der ORF mit seiner am Karfreitag landesweit inszenierten „Schweigeminute“ (Ö1, Regionalradiosender) bzw. einer „Bibelminute“ (ORF2) zum „Gedenken an den Kreuztod Jesu“ ein Glaubensbekenntnis abgelegt. Dies sei jedoch, so ist der Beschwerde zu entnehmen, vom ORF-Gesetz nicht gedeckt und stelle zudem einen Verstoß gegen das mehrfach in der österreichischen Verfassung verankerte Gebot der konfessionellen und weltanschaulichen Neutralität des Staates dar.

Zum Sachverhalt heißt es in der Beschwerde: „Der Beschwerdegegner hat am Karfreitag, den 6.4.2012, auf all seinen Radiosendern eine Schweigeminute und auf seinem Fernsehsender ORF 2 eine Bibelminute abgehalten. Diese „Sendungen“ haben sich beispielsweise wie folgt präsentiert: ORF 2: Um ca. 15:00 wird der „Schmerzensmann“ von Herbert Boeckl und daneben ein Zitat aus dem Lukasevangelium eingeblendet, der Moderator liest dazu aus dem Neuen Testament.

Beispielbild
Screenshot der ORF-TV-Darstellung der "Schweigeminute"

Radio-NÖ: Das Programm wird um 15:00 unterbrochen und ein Moderator verkündet „In dieser Stunde starb Jesus Christus am Kreuz“. Es folgt eine Lesung aus dem Matthäusevangelium und danach eine Sendeunterbrechung von ca. 30 Sekunden. Diese wird schließlich durch die Ansage „Das war die Funkstille zum Gedenken an die Todesstunde Jesu Christi“ beendet.

Dieses Vorgehen konnte der Beschwerdeführer auch bei OE1 und Radio Kärnten wahrnehmen. Es ist davon auszugehen, dass auch die restlichen Landesstudios in analoger Weise des „Kreuztodes Jesu“ um 15:00 Uhr gedacht haben.“

Religiöser Bedeutungsinhalt derartiger „Sendungen“

Zum Bedeutungsinhalt dieser „Sendungen“, stellt die Initiative Religion ist Privatsache fest, „dass festgehalten  werden kann, dass der Beschwerdegegner mit diesen „Sendungen“ weder Information, noch Kultur, Sport oder Unterhaltung im Sinne des Kernauftrages vermittelt hat, sondern es sich allenfalls um einen „Kommentar“ oder aber jedenfalls um eine „Moderation“ (z.B. § 10 Abs 7 ORF-G) handelt.
Grundsätzlich diene eine Schweige- oder Gedenkminute dazu, Verstorbene, denen man besonders nahe steht, zu ehren; sie sind Ausdruck einer tiefen Verbundenheit und Anteilnahme. Ähnliche Schweige- oder Gedenkminuten zum Gedenken an Gottheiten anderer Religionen wurden vom Beschwerdegegner bis dato jedenfalls noch nicht abgehalten.
Gehe man von diesem allgemeinen Bedeutungsinhalt einer Schweige- oder Gedenkminute aus, folge daraus für den gegenständlichen Sachverhalt, dass der Beschwerdegegner mit der Abhaltung der Schweigeminute dem Tod Jesu Christi eine besondere Bedeutung beigemessen, sich damit zu Jesus Christus bekannt und ein Glaubensbekenntnis abgelegt habe.
Es handelt sich dabei bei richtigem Verständnis um eine persönliche Meinungsäußerung des Beschwerdegegners und insbesondere nicht um eine Berichterstattung über gesetzlich anerkannte Kirchen oder Religionsgesellschaften.
Der Beschwerdegegner habe sich eine religiöse Position zu eigen gemacht und ohne erkennbaren Bezug zu einer Berichterstattung über ein kirchliches Ereignis eine missionarische Position eingenommen.
Mit anderen Worten: Der Beschwerdegegner habe nicht über eine Predigt einer anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft berichtet oder sie übertragen, sondern selbst gepredigt.

ORF hat selber gepredigt

Zudem stellt die Initiative fest, dass der ORF weiterhin auch falsch berichtet habe, dass Jesus Christus in der Stunde um 15 Uhr gestorben sei. Diese Behauptung war für einen durchschnittlichen Erklärungsempfänger nicht als religiös motivierte subjektive Meinung zu erkennen.

Der ORF sei gemäß § 1 Abs. 3 ORF-G als öffentlicher-rechtlicher Rechtsträger verpflichtet, die Grundsätze der österreichischen Verfassungsordnung zu wahren. Zu diesen Grundsätzen zähle  auch das Prinzip der Säkularität. Als „Heimstatt“ und Rundfunksender aller österreichischen Staatsbürger sei der ORF zur Wahrung der weltanschaulichen Neutralität des Staates verpflichtet. Es steht dem Beschwerdegegner daher nicht zu, sich zu einer Religion zu bekennen und der „Gottheit“ einer bestimmten Religion eine besondere Verbundenheit zu bezeugen.

Die Initiative betont dabei ausdrücklich: Die Beschwerde richtet sich nicht gegen die Berichterstattung über Kirchen und Religionsgesellschaften im Rahmen des gesetzlichen Auftrages, sondern gegen die Verbreitung eines Glaubensbekenntnisses im eigenen Namen des Beschwerdegegners.

Entsprechend hat die Initiative die Anträge gestellt, die Kommunikationsbehörde Austria möge (1.) feststellen, dass der ORF durch die Abhaltung einer Schweigeminute zum Gedenken an den „Kreuztod Christi“ die verfassungsgemäße Verpflichtung zur Einhaltung der konfessionellen und weltanschaulichen Neutralität verletzt habe,  und möge (2.) feststellen, dass der ORF mit der Behauptung des Kreuztodes Jesu Christi am „Karfreitag in der Stunde um 15 Uhr“ das Gebot zur Einhaltung der Objektivität und zur Sachlichkeit verletzt habe.

Im Vorjahr brachte die Initiative Religion ist Privatsache eine Beschwerde gegen den ORF wegen des Versuchs der pro-christlichen Sprachregelung in Zusammenhang mit dem Attentat in Norwegen ein. Sowohl die KommAustria als auch der Bundeskommunikationssenat als Berufungsinstanz verurteilten infolge den ORF wegen der Verletzung der Journalistischen Freiheit.

C.F.