Berufung gegen umstrittenes Urteil

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WIEN. (hpd) Eine umstrittene Klageabweisung im Zivilprozess gegen das Stift Admont wird zum Fall für das Oberlandesgericht Graz. Der Anwalt des Klägers hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Die Klage eines ehemaligen Schülers, der nach eigenen Angaben als Kind im Internat des Stiftsgymnasiums misshandelt und vergewaltigt worden war, wurde abgewiesen. Haftbar sei – wenn überhaupt – der Staat und nicht das Stift, hatte der Richter befunden.

Der Anwalt des Klägers lässt kein gutes Haar am umstrittenen Urteil. Er ortet in seiner Berufung "wesentliche Mängel", sieht eine "unrichtige Rechtsfindung" und wirft dem Richter vor, "wesentliche Beweisanträge nicht erledigt" zu haben. Vor allem die, die der Kläger und sein Anwalt gestellt haben. Die seien "nicht einmal abgewiesen" worden, heißt es.

Die Beweise, die der Anwalt des Stifts und zweier ebenfalls beklagten Mönche vorlegte, sind laut Berufung hingegen weitgehend ohne nähere Prüfung vom Richter übernommen worden. Der Schriftsatz liegt dem hpd vor.

"Gründliche Beurteilung verhindert"

Das seien, heißt es im Juristendeutsch: "wesentliche Mängel des Verfahrens, welche die erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache verhindert haben und ist das angefochtene Urteil daher aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuverweisen."

Kritik deckt sich mit Analyse des hpd

Penibel listet der Anwalt des Klägers in der Berufung auf, wo sich nach seiner Auffassung der Richter in Widersprüche verstrickt hat. Bezeichnenderweise ist die Berufung mehr als doppelt so lang wie das Urteil. Die wesentlichen Kritikpunkte decken sich mit der Analyse des Urteils, die der hpd veröffentlicht hat.

Auch der Beklagtenanwalt kommt zu dem Schluss, dass das Öffentlichkeitsrecht des Stiftgymnasiums nicht bedeutet, dass das Stift Admont nicht für die (mutmaßlichen) Verbrecher seiner Lehrer und Erzieher verantwortlich gemacht werden könnte. Es müsse also keinesfalls der Staat haften, wie sich der Richter in seinem Urteil verstiegen hatte.

Oberlandesgericht entscheidet

Ob das Urteil aufgehoben wird, muss das Oberlandesgericht (OLG) Graz entscheiden. Es kann der Berufung stattgeben und die Klage an das Landesgericht Leoben zurückverweisen, das das Verfahren neu aufrollen müsste.

Denkbar ist auch, dass das OLG die Klage gegen das Stift Admont selbst behandelt und ihr stattgibt. In diesem Fall müsste das Stift 410.000,- Euro Schadenersatz an den Kläger zahlen. Er gibt an, dass ihn zwei Mönche in seiner Internatszeit in den 60er Jahren misshandelt und vergewaltigt hätten.

Sollte das OLG die Berufung abweisen, könnte das Urteil von Leoben auch den Obersten Gerichtshof beschäftigen.

Christoph Baumgarten