Pressekonferenz

Katastrophale Zustände in deutschen Zoos

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Dr. Colin Goldner, Laura Zimprich, Dr. Michael Schmidt-Salomon, Prof. Dr. Dieter Birnbacher, Dr. Eisenhart von Loeper (v.l.n.r.)
Dr. Colin Goldner, Laura Zimprich, Dr. Michael Schmidt-Salomon, Prof. Dr. Dieter Birnbacher, Dr. Eisenhart von Loeper (v.l.n.r.)

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Pressekonferenz zu den Zuständen in deutschen Zoos
Pressekonferenz zu den Zuständen in deutschen Zoos

BERLIN. (hpd/gbs) 60 Prozent der deutschen Zoos, die Menschenaffen halten, erfüllen nicht die Mindestanforderungen des neuen Säugetiergutachtens des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Dies erklärte der Leiter des “Great Ape Project Deutschland” (GAP), Colin Goldner, am Donnerstagmorgen auf einer Pressekonferenz in Berlin.

Viele Schimpansen, Bonobos, Gorillas und Orang-Utans zeigen, wie Goldner in seinem gerade erschienenen Buch “Lebenslänglich hinter Gittern” dokumentiert, Symptome massiver psychischer Störungen und können den ebenso tristen wie stressigen Zooalltag nur mithilfe von Psychopharmaka überstehen.

Solange Große Menschenaffen als “Eigentum” gelten, das ausgebeutet, verkauft und getötet werden kann, wird sich an diesen Verhältnissen wohl nur wenig ändern. Deshalb fordert die von verschiedenen Tierrechts- und Tierschutzverbänden unterstützte Initiative “Grundrechte für Menschenaffen”, dass Schimpansen, Bonobos, Gorillas und Orang-Utans als Rechtspersonen anerkannt und in ihren Grundrechten geschützt werden. Eine entsprechende Petition (Petitionsnummer 51830) hat der Philosoph Michael Schmidt-Salomon, der die Initiative als Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) koordiniert, unlängst beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags eingereicht. Diese wurde bisher jedoch bislang noch nicht freigeschaltet.

Auf der Pressekonferenz im Haus der Bundespressekonferenz erläuterten namhafte Experten die Hintergründe der geplanten Erweiterung des Grundgesetzes.

Dieter Birnbacher, der Vorsitzende der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer, legte dar, warum es ethisch unzulässig ist, Individuen einzig und allein aufgrund ihrer Artzugehörigkeit zu diskriminieren, während Rechtsanwalt Eisenhart von Loeper ausführte, weshalb die Personenrechte von Menschenaffen in Artikel 20a des Grundgesetzes aufgenommen werden sollten. “Der bloße Verweis auf den Tierschutz in diesem Grundgesetz-Artikel reicht für die Anerkennung der Interessen der Menschenaffen bei weitem nicht aus”, erklärte von Loeper. Der langjährige Vorsitzende des Bundesverbands “Menschen für Tierrechte” kennt sich auf diesem Gebiet aus wie kaum ein anderer, schließlich war von Loeper maßgeblich daran beteiligt, dass der Tierschutz im Jahr 2002 überhaupt ins Grundgesetz aufgenommen wurde.

Laura Zimprich, die erst gestern das neuen Säugetiergutachten mit vorstellte, wies darauf hin, dass bei allen Zoos die wirtschaftlichen Interessen höher bewertet werden als die Tierrechte. Deshalb wird die Haltung von Menschenaffen von den Tierschützern weiterhin generell abgelehnt.

“Es hat viele Jahre gedauert, bis der Tierschutz in Deutschland Verfassungsrang erhielt. Dies wird bei der Durchsetzung von Grundrechten für Menschenaffen kaum anders sein”, sagte gbs-Sprecher Schmidt-Salomon, der die Pressekonferenz in Berlin moderierte. Verbesserungen in den Haltungsbedingungen der Zoos sollten jedoch möglichst rasch erfolgen, insbesondere in den Institutionen, die nicht einmal die Mindestanforderungen des neuen Säugetiergutachtens erfüllen, obgleich diese weit hinter den Richtlinien anderer Länder zurückfallen, wie Laura Zimprich, die Vorsitzende des Tier- und Artenschutzvereins “animal public”, auf der Pressekonferenz darlegte.

Besonders katastrophale Haltungsbedingungen herrschen, so GAP-Leiter Colin Goldner, derzeit in den Zoos Bad Pyrmont, Delbrück, Duisburg, Dresden, Gettorf, Schwaigern, Welzheim und Wuppertal. Aber auch in 15 anderen Zoos werden die Mindestanforderungen des Säugetiergutachtens nicht erfüllt. “Damit unterschreiten 23 von 38 Zoos in Deutschland die ohnehin schon bescheidenen Vorgaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft”, sagte Goldner. “Dies ist ein Skandal, den wir aus tierethischen Gründen im Interesse unserer haarigen Verwandten nicht weiter hinnehmen dürfen.”

“Lebenslänglich hinter Gittern” – Der Videoclip zur Pressekonferenz