IBKA

Landesversammlung und Sommerfest

KÖLN. (hpd) Am vergangenen Samstag, 21.06.2014 lud der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten in Nordrhein-Westfalen zu seiner gut besuchten Landesversammlung und zum siebten öffentlichen Sommerfest bei herrlichem Wetter. Turnusmäßig wurde der Landesvorstand gewählt und über politische Planungen der kommenden zwei Jahre geredet. Neben geselliger Unterhaltung beim Grillbuffet boten die Referate zu “Ludwig Feuerbach” und zum “Reichskonkordat” die inhaltlichen Höhepunkte des Sommerfestes.

Wahl

Der neue wie alte Landesvorstand des IBKA in NRW besteht aus Petra Daheim als Landesprecherin und Jörg Schnückel als ihrem Stellvertreter. Als Beisitzer wurde Eva Creutz ebenso wie Christian Brücker und Rainer Ponitka im Amt bestätigt. Dies lag nicht zuletzt an deren engagierter Arbeit für die Belange der Konfessionslosen, die im vorgelegten Tätigkeitsbericht dokumentiert wurde.

Als Regionalbeauftrage bestätigt wurden für das Ruhrgebiet Jörg Schnückel und für das Münsterland Daniela Wakonigg. Neu im Team ist Carlos Zydorek, der zu ihrem Stellvertreter bestellt wurde.

Petra Daheim sieht als vordringliche Arbeitsfelder die landesspezifischen Themen Feiertagsgesetzgebung, Kirchenaustrittsgebühr und Bildung. Sie stört sich an den “nordrheinwestfälischen Besonderheiten der Religionsverhätschelung in der Landesverfassung, z.B. den staatlichen Bekenntnisschulen.” Auch möchte sie in den kommenden zwei Jahren die Kontakte in die Politik sowie zu anderen Verbänden außerhalb der säkularen Szene “die unsere Ziele teilen” intensivieren. “Unabhängig von Weltanschauung benötigt das Ziel der Trennung von Staat und Religion eine breitere gesellschaftliche Basis.” Nach Daheims Ansicht habe sich der IBKA in den letzten Jahren als politischer Fachverband entwickelt. “Unser Sachverstand wird zunehmend abgefragt und findet Gehör im Rahmen von Anhörungsverfahren in politischen Gremien. Ich begrüße die Profilschärfung als Lobbyverband der Konfessionslosen und Atheisten und sehe den IBKA auf dem richtigen Weg. Wir müssen hier kontinuierlich am Ball bleiben.” Hierzu biete sich unter anderem die geplante Reform der NRW-Landesverfassung an.

Ein weiteres und ausgiebig diskutiertes Thema war die Schulung von Neumitgliedern, um im stärksten IBKA Landesverband weitere Aktive und Funktionsträger zu gewinnen. Zu dem Zweck wird bis 2015 in NRW “ein attraktives Schulungs- und Mentoringprogramm erarbeitet, um unseren ‘Nachwuchs’ bestmöglich in Stellung zu bringen.” Daheim weiter: “Ich will auf jeden Fall in zwei Jahren frische Gesichter im Landesvorstand sehen”. In die genauere Planung will der Landesvorstand auf seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause einsteigen und wünscht sich Unterstützung aus der Mitgliedschaft.

Ludwig Feuerbach

Pünktlich um 17 Uhr startete der erste Vortrag von Michael Lange zu Ludwig Feuerbachs Hauptwerk “Das Wesen des Christentums”. Michael Lange, 1968 geboren, M.A. in Geschichte, Anglistik und Amerikanistik war evangelischer Geistlicher von 1999 bis 2006 und begann sein Referat mit Feuerbachs Thesen “Glaube und Vernunft sind grundverschieden; Glaube mit Vernunft gleichzusetzen heißt schon, ihn auszulöschen” und “Die Religion ist der Traum des menschlichen Geistes”, da “im Traum (…) eine Wirklichkeit jeglicher Naturgesetze enthoben” ist.

Er erläuterte, der christliche – wie auch andere – “Gott sorgt sich [nur] um das Wohl des Menschen der zu ihm betet” und bewirkt im Alten Testament “alle Wunder zum Wohle Israels” unter “Ausschluss der anderen Völker”, somit sei “absolute Intoleranz – das Geheimnis des Monotheismus”. Lt. Feuerbach haben Sakramente “Bedeutung nur in der Phantasie”; er sieht als persönliche Konsequenz des Widerspruchs zwischen Religion und Vernunft: “Wer seinen Verstand belügt, der hat auch kein wahrhaftiges, kein ehrliches Herz.”

Ludwig Feuerbachs Werk hatte Einfluss auf Karl Marx, der die Religionskritik und den anthropologischen Materialismus übernahm, ebenso wie auf Max Stirner, der in seinem Werk “Der Einzige und sein Werk” Feuerbachs Religionskritik als immer noch “fromm” charakterisierte. Innerhalb der Humanwissenschaften wird Feuerbach als Wegbereiter für Sigmund Freud angesehen.

Ein in Nürnberg mit u.a. Unterstützung des Nürnberger Bund für Geistesfreiheit erstmals 1930 errichtetes Feuerbach – Denkmal trägt unter anderem die Aufschrift “Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde”. Die Errichtung des Denkmales erfuhr heftigsten Protest rechtsgerichteter Kräfte, vor allem der Nationalsozialisten und der Kirchen. Seit 2001 vergibt der Augsburger Bund für Geistesfreiheit den Ludwig-Feuerbach-Preis.

Der Hitler-Vatikan-Pakt

Wie Nationalsozialisten und Kirchen im Protest gegen das Feuerbach-Denkmal am gleichen Strang zogen, so taten sie es auch hinsichtlich des 1933 zwischen Adolf Hitler und Papst Pius XI geschlossenen “Reichskonkordates”, der den Kirchen etliche Privilegien im Nazi-Deutschland sicherte – wie z.B. die katholische Bekenntnisschule und eigene Jugendorganisationen – und für die Nationalsozialisten seit der Machtergreifung die erste außenpolitische, vertragliche Anerkenntnis bedeutete.

Im zweiten Referat des Nachmittages stellte Hartmann Schimpf, geboren 1945 und ehemaliger Geschichtslehrer, anhand von umfangreichen Recherchen und Dokumenten die Rolle dar, die der Katholizismus 1933 bei der sogenannten “Machtergreifung des Nationalsozialismus” spielte. Die Mittäterschaft des Papsttums und der ihm untergeordneten höheren Hierarchie wird bis heute im Mainstream der Publikationen bewusst ignoriert oder hartnäckig geleugnet. Wenn die katholische Kirche hierzulande dargestellt wird – und das beginnt schon in den Schulbüchern – dann nahezu nie als Täter, sondern undifferenziert als Opfer.

Schimpf hinterfragte diese Verkehrung der Rollen anhand der Thematisierung des Reichskonkordats 1933, das als “Friedensvertrag zwischen Hitler und dem Heiligen Stuhl” – trotz Euthanasie, Holocaust und Vernichtungskrieg – bis zum Ende des Dritten Reiches vom Papsttum nicht gekündigt wurde. Das Konkordat mit dem Vatikanstaat war der erste außenpolitische Erfolg Hitlers, dessen Diktatur bereits im ersten Halbjahr seiner Existenz von Pius XI. anerkannt und international aufgewertet wurde.

Hierzulande noch unbekannter als der “Hitler-Vatikan-Pakt” von 1933 ist das Konkordat, das Papst Pius XI. vier Jahre zuvor mit Benito Mussolini in Italien geschlossen hatte. Die Lateranverträge von 1929 waren das erste Arrangement, das der Vatikan mit einem faschistischen Staat überhaupt traf. Das Abkommen legitimierte den Staatsstreich des Duce von 1922, der sich seinerseits großzügig revanchierte. Der ehem. Geschichtslehrer Schimpf stellte die Frage nach der Vorgeschichte des Konkordats und den jeweiligen Interessen der Vertragsabschließenden. Der anschließende Vergleich zwischen Italien und Deutschland zeigte dabei Parallelen, die eine päpstliche Gesamtstrategie erkennen ließen, in der das deutsche Beispiel sich als Blaupause des italienischen Vorgängers auswies.