Die kanadische Abgeordnete Tamara Jansen hatte jetzt kürzlich ihre 15 Minuten des Twitter-Ruhms, und um die zu bekommen, wählte sie den einfachsten Weg: rechtschaffene Doofheit. Vor einem weißen Setzkasten von Schrankwand sitzend, schaltete sie sich in die laufende Video-Parlamentssitzung ein, und es gab ein Thema zu besprechen, an dem religiöse Konservative ihre eigene Nächstenliebe-Kompetenz so richtig gut durchexerzieren können: Homosexualität! (Pfui, habe ich das Wort wirklich in den, igitt, Mund genommen?)

Es ging um eine Gesetzesvorlage, die sich gegen "Konversionstherapie" richtet, den Versuch also, Schwule und Lesben per Gehirnwäsche von ihrer sexuellen Neigung abzubringen. Jansens Vorredner, der Liberale Rob Oliphant, hatte die homophoben Christen unter den Parlamentariern mit Hilfe eines Bibelzitats an die Werte "Gerechtigkeit" und "Freundlichkeit" erinnert. Das griff Tamara Jansen dankbar auf, denn die Bibel für was auch immer nutzbar zu machen, darin macht den Konservativen keiner was vor.

Dankbar also wühlte sie in der weißglühenden Tirade, die ihr liebender Gott Jahwe aka Jesus im Matthäus-Evangelium gegen zwei missliebige Bevölkerungsgruppen raushaut: "Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr seid wie die übertünchten Gräber, die von außen hübsch scheinen, aber innen sind sie voller Totengebeine und lauter Unrat!" Das gesagt habend, gab Jansen noch anekdotisch die Geschichte einer anonymen Frau zum Besten, die sich "lesbischen Aktivitäten" hingegeben habe und dann – zum Glück! – davon "geheilt" worden sei.

Damit hat die Frau vor der getünchten Setzkasten-Schrankwand den Witz des Tages geliefert: "Lesbische Aktivitäten", WTF? Die Antworten auf Twitter ließen nicht auf sich warten: Politikerkollegin Jennifer Howard bekannte: "Meine lesbische Aktivität heute Abend wird sein, die Kinder ins Bett zu kriegen, obwohl es draußen noch hell und morgen keine Schule ist." Andere Twitterer*innen sprangen freudig auf den Zug der "#LesbianActivity" auf: "Frage für eine Freundin: Ist mit lesbischen Aktivitäten nur Sex gemeint – oder auch Rollerderby-Spielen und das Reparieren von Regalen?" – "Für mich keine lesbischen Aktivitäten dieses Wochenende – aber nur wegen der lesbischen Nebenwirkungen meiner lesbischen Covid-Impfung" – "Liebe Mitlesben, ich bin alt und verstehe nicht mehr alles so gut. Welche Art von Aktivitäten werden von uns Lesben erwartet? Hoffentlich hat es nichts mit Backen zu tun, da bin ich völlig unbegabt."

Und immer so weiter. Einmal mehr hat der Humor gezeigt, warum erzkonservative Religiöse so völlig frei von ihm sind: Er bringt Menschen zum Lachen statt zum Schämen. Er wütet nicht, hasst nicht, unterstellt keinen Unrat. Er führt nur die Heuchelei vor, wo er sie findet, und wo die Heuchelei wohnt, sind Spott und Ironie stets ihre Nachbarn.