Humanistischer Verband Deutschlands

Migration, Integration und europäische Werte

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Frieder Otto Wolf
Frieder Otto Wolf

BERLIN. (HVD) Bei einem Spitzentreffen von Vertretern der Institutionen der Europäischen Union und säkularen Organisationen aus den EU-Mitgliedsstaaten am Donnerstag standen die Flüchtlingsbewegungen nach und in Europa im Mittelpunkt. Für den Humanistischen Verband Deutschlands nahm Frieder Otto Wolf daran teil.

"Für Humanistinnen und Humanisten steht mit dem drohenden Rückfall in den Nationalismus in der EU und in Europa einiges auf dem Spiel. Sie werden sich dafür einsetzen müssen, dass wieder tragfähige – und das heißt wohl auch vor allem neue – europäische Lösungen für die dringenden Probleme Europas gefunden werden", betonte der Präsident des Humanistischen Verbandes Deutschlands, Frieder Otto Wolf, bei dem Gespräch in Brüssel, das im Rahmen des regelmäßigen Dialogs mit den weltanschaulichen Gemeinschaften, wie ihn Artikel 17 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (VAEU) vorsieht, stattgefunden hat. An dem Gespräch nahmen neben Wolf rund ein Dutzend Vertreter der EU-Institutionen, darunter der Vizepräsident der Europäischen Kommission Frans Timmermans, sowie weitere Repräsentanten von säkularen Organisationen aus den Staaten in der Europäischen Union teil.

Die Gespräche drehten sich um die Frage, wie die die europäische Gemeinschaft verbindenden Werte und Haltungen angesichts der Flüchtlingsbewegungen und wieder zunehmend präsenter werdendem Rechtspopulismus und Rassismus verteidigt und verwirklicht werden können.

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Zuletzt hatte hier die Europäische Kommission am 7. Juni 2016 einen Aktionsplan in Gang gesetzt, der einen erneuerten und umfassenden Ansatz zur Integration von Migranten in die europäischen Gesellschaften darstellen soll und folgende Aspekte betont: die Förderung von Bildung und zivilgesellschaftlicher Aufklärung über die die Europäische Union verbindenden Werte sowie die Förderung von interkulturellen und interreligiösen Dialogen. Der Aktionsplan betont auch die Notwendigkeit, inklusive Gesellschaften zu erhalten, zu entwickeln und aufzubauen, die frei von Diskriminierung, Rassismus und fremdenfeindlichen Äußerungen oder Handlungen sind.

Eine Feststellung, die von den Vertretern der Europäischen Union und der säkularen Organisationen als Konsens geteilt wurde, ist die der durch Zuwanderung in den nächsten Jahren weiter wachsenden Vielfalt in der europäischen Gesellschaft. Zugleich stellen sich Integrationsprozesse nicht als bloße Einbahnstraße dar, denn die Entwicklung von offenen und inklusiven Gesellschaften benötigt aktives Engagement sowohl von den EU-Bürgerinnen und -Bürgern wie auch seitens der einwandernden Menschen. Denn Rechte gehen stets mit der Übernahme von Verantwortung einher. Was kann hier von den beteiligten Seiten erwartet und verlangt werden? Wo gibt es Grenzen? Wie können Integrationsprozesse besser in dem Rahmen der Werte verankert werden, der auch die europäischen Gemeinschaften verbindet? Und wie kann rechtspopulistisch und fremdenfeindlich auftretenden Gruppierungen in den EU-Staaten der Wind aus den Segeln genommen und Ängste der Mehrheitsgesellschaft verringert werden? Solche und andere Fragen bestimmten das Spitzengespräch am Donnerstag in Brüssel.

"Gegenwärtig liegt die zentrale Herausforderung für jede ernsthaft europäische Politik darin, integrative europäische Lösungen für diese akuten Probleme zu finden, die überall 'vor Ort' – in den Gemeinden und in den zivilgesellschaftlichen Initiativen – bereits angefangen haben. Aber auch die Regierungen müssen diese Impulse endlich aufnehmen", sagte Frieder Otto Wolf, selbst ehemaliger Abgeordneter im Europäischen Parlament.

Und dabei sei auch das Engagement aller Bürgerinnen und Bürger mit säkularen und humanistischen Lebensauffassungen in den EU-Mitgliedsstaaten notwendig, denn die Europäische Union werde ihre durch das "Brexit"-Votum "zum Ausdruck gebrachte tiefe Krise nur überwinden können, wenn sie an ihren Möglichkeiten, die wirklichen Probleme der Menschen lösbar zu machen, ganz bewusst und gezielt neu ansetzt", so Wolf weiter.

Zudem genüge es aus seiner Sicht nicht, "besonnen und realitätsbezogen zu bleiben, wie dies etwa die Bundeskanzlerin gegenwärtig immerhin tut, die sich dem dramatisierenden Geschrei verweigert, das schließlich nicht weiterbringen kann", so Wolf. "Vielmehr wird es schon bald darum gehen, wirkliche Alternativen zu dem viele Menschen leider doch durchaus zu Recht ängstigenden 'Weiter so!' der gegenwärtigen EU-Politik aufzuzeigen und durchzusetzen. Und dabei sind heute eben auch alle Europäerinnen und Europäer, zu denen die neu angekommenen Menschen durchaus gerechnet werden sollten, gefragt und gefordert", unterstrich der Präsident des Humanistischen Verbandes.

Als von entscheidender Bedeutung bezeichnete er es daher, dass die gegenwärtige Krisenlage der Union einen "Schub des europapolitischen demokratischen Engagements auf allen Ebenen auslöst. Nur so kann dem falschen Populismus das Wasser abgegraben werden, der den Menschen lügnerisch verspricht, ihnen die Mühen der politischen Auseinandersetzung abzunehmen, indem er Scheinlösungen für die dringenden Probleme Europas propagiert oder sie auch einfach nur leugnet", betonte Frieder Otto Wolf bei dem Treffen in Brüssel.

Pressemitteilung des Humanistischen Verband Deutschlands.