Ein Würzburger Pfarrer will jetzt Gott beim Whiskytrinken erleben. Glaube sei nämlich ein "Geschmackserlebnis" und habe mit "Achtsamkeit" zu tun: In einer neuen Lifestyle-Wendung wird die absurde Idee von einem allmächtigen Wesen uns nun als Wellnessprodukt angepriesen.
Wer oder was ist Gott? Selbst die, welche an ihn glauben oder an ihn zu glauben glauben, oder welche an ihn glauben zu müssen meinen, tun sich da oft recht schwer mit einer klaren, nachvollziehbaren Antwort.
Erfunden wurde Gott als eine Art unsichtbarer Mafiaboss höherer Ordnung: Er regelte nicht nur die Dinge im Viertel, sondern gleich auf der ganzen Welt, und er konnte jederzeit zerstören, was oder wen er wollte. Tat das auch. Von ihm erwarten sollte man dabei auf dieser Erde nichts, dabei aber immer hübsch unterwürfig sein und jederzeit seine oft vollkommen willkürlichen Regeln befolgen, vor allem aber: ihn verehren. In diesem seinem Psychoterror-Regime entstand dann, oh Wunder, eine unfassbar reiche, unfassbar mächtige Institution, die sogenannte Kirche, welche von der spirituellen Schutzgelderpressung nicht schlecht lebte und somit einzig dafür zu sorgen hatte, dass die allgemeine Furcht vor dem unsichtbaren Mastermind stets wach blieb.
Irgendwann wollten die Menschen einfach nicht mehr so recht glauben, was ihnen da zu glauben befohlen wurde. Und da die Gottesleute, wie wir alle, an ihren Jobs hängen, haben sie ihr Produkt seither anzupassen versucht. Zwar gibt es immer noch Abnehmer für den wüst strafenden, frauenfeindlichen, homophoben und überhaupt herzlich intoleranten Obermacker, der eine Gesellschaft auf patriarchale Linie zu bringen versteht. Doch ist unübersehbar, dass ein solches Modell mit Vernunft und Selbstachtung des Menschen schwer in Einklang zu bringen ist. Der klassische Gott ist dem aufgeklärten Menschen eigentlich eher zuwider und kann ja auch problemlos verworfen werden, ohne dass irgendeine der stets angedrohten Konsequenzen seinerseits erfolgte.
Gottes Vertreter haben das längst eingesehen. Jedenfalls viele von ihnen. Sie sind dem Lockruf der Vernunft insoweit gefolgt, als sie den strafenden Tyrannen, der in ihrer Bibel steht, selbst verabschiedet haben. Gott sei die Liebe, haben sie sehr lange und sehr unverdrossen zu verkünden versucht, und diese allumfassende Liebe hat also tatenlos zugesehen, als ihre Geschöpfe einander die Weltkriege und den Holocaust antaten. Na besten Dank.
Wie also soll man Gott nun in die Jetztzeit retten, wenn man denn auf die Setzung seines Vorhandenseins angewiesen zu sein meint? Aufschluss gibt uns eine Meldung, die dieser Tage einiges an Aufmerksamkeit erhalten hat: Ein Pfarrer des Bistums Würzburg hat eine neue Idee entwickelt, um Menschen das Produkt "Gott" nahe zu bringen. Dieser Thomas Eschenbacher ist eine der kreativen Kräfte, die immerhin alles Mögliche ausprobieren, um zu sehen, wie sie ihrem Geschäft neue Kunden sichern, auch wenn das Produkt seit ein paar tausend Jahren outdated erscheint. Eschenbacher hat bereits Predigten in gereimter Form gehalten, um den Karnevalisten entgegenzukommen, er hat eine Wallfahrt organisiert, die für den Wiederaufstieg des 1. FC Nürnberg bat. Jetzt das Neueste: Als Möglichkeit der Gotteserkennntis hat er jetzt zum geistigen Exerzitium einer Whisky-Verkostung aufgerufen, und da man eben doch nie ganz aus seiner patriarchalen Haut kann, sind hier allen Ernstes nur Männer eingeladen. Weil die sich mit einem Bibelabend nicht locken lassen.
Soll Gott uns nun also im Suff erscheinen, ganz ähnlich wie der Heilige Geist und sein Pfingstwunder schon innerhalb der Bibel als Ergebnis eines überzogenen Weinkonsums gedeutet werden? Saufen für die Erleuchtung?
Ganz soweit ist es noch nicht. Doch der Gott muss schon ganz schön rundgelutscht werden, um ihn überhaupt noch ins Spiel bringen zu können: Keine Spur mehr von Sünde und Höllenfeuer, von Gesetz und Strafe. Der Gott scheint sich vom Weltenthron zurückgezogen zu haben, vielleicht hatte er ja Burnout von all den Zorn- und Hasstaten, die er selbst beging und die in seinem Namen begangen worden sind. Nun bewohnt er wohl eine Art Wellness-Retreat. Die Whisky-Verkostung jedenfalls, erklärt ihr Erfinder, dient vor allem dem Ausbremsen des Alltagstempos: "Whisky kann helfen, das eigene Leben zu entschleunigen." Beim Trinken sinniere man darüber, "wo er herkommt, wie lange er gereift ist." Das Whisky-Trinken setze "eine Genusskultur voraus, die sich wunderbar ergänzt mit dem Gedanken, sich Zeit zu nehmen für seinen Glauben", die "Achtsamkeit im Umgang mit Whisky-Genuss" sei "immer auch ein Hinweis auf die Achtsamkeit der Menschen miteinander."
Herrje, aber Gott! Was ist denn nun mit Gott? Wo steckt er, wer ist er? Wofür steht er? Auch da hat der gute Pfarrer eine gegenwartstaugliche Antwort parat, eine, die in jedes Lifestyle-Magazin passen würde: "Wie beim Whisky-Trinken erst gerochen und geschmeckt wird, um sich danach über die unterschiedlichen Qualitäten auszutauschen, ist auch bei den Exerzitien Zeit ein wichtiger Faktor, der dem Einzelnen helfen soll, seinem ganz persönlichen Glauben auf die Spur zu kommen. Die persönliche Begegnung mit Gott ist ein echtes Geschmackserlebnis."
Soweit haben sie ihr Gotteskonzept also schon abgewickelt und halten doch immer noch an ihm fest: Gott, so scheint's, hat keine Kompetenzen, keine Ansage oder Aussage mehr, er ist das Badesalz in unserem Leben. Man ahnt, wie die Hardliner in der Kirche da schäumen müssen. In ihnen ist der bösartige Furor der archaischen Gottheit noch ganz lebendig, und sie wissen nicht mehr recht, wohin mit ihm.
17 Kommentare
Kommentare
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Und irgendwann kommt aus Vatikan der Top-Ten der alkoholischen Getränken (mit Mengenangaben) die am schnellsten zum Gott führen können.
Ole Eppendorfer am Permanenter Link
Es wird Rotwein sein! Hat der Vatikan doch den weltweit größten Pro-Kopf-Verbrauch am Rebensaft - steuerfrei übrigens ...
Und dann kann man noch mal darüber nachdenken, ob das sog. Abendmahl nicht doch etwas mit Kannibalismus zu tun hat: "Dies ist mein Leib, dies ist mein Blut ..."
Slàinte mhath
Kay Krause am Permanenter Link
Wem bitte - lieber Ole - sollte der Vatikan denn wohl Steuern zahlen?
Ole Eppendorfer am Permanenter Link
Tja -lieber Kay- auch der Vatikan-Staat ist ein (wenn auch so unnötiger, wie ein Kropf mit Socken) Staat und gelegentlich erheben solche völkerrechtlich definierten Gebilde Steuern - von ihren Einwohnern.
https://www.katholisch.de/aktuelles/aktuelle-artikel/die-zeit-der-billigen-vatikan-zigaretten-ist-vorbei
Alla Salute!
Rüdiger von Gizycki am Permanenter Link
Das wäre ein Schenkelklopfer auf einem Kabarettabend mit garantiertem Gelächter! :-)
Stefan Dewald am Permanenter Link
Das ist nun wirklich Blasphemie! Ein Eiswürfel im Whisky. Oder ist das die 7-EUR-Plörre vom Discounter?
A.S. am Permanenter Link
Immerhin: Statt "Opium des Volkes" nun "Whisky des Volkes". Diese Droge ist immerhin in Deutschland legal und könnte glatt aus regionaler Produktion kommen.
Wer zahlt's?
Dieter Bauer am Permanenter Link
Vorgaben von Religionsvertretern können beruhigt unbeachtet bleiben! Oder hat jemals eine Märchenvorstellung die Realität übertrumpft?
Harald Freunbichler am Permanenter Link
THX! You made my day!
Hans Trutnau am Permanenter Link
O je, o je, welch Whiskylästerung!
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Die Verzweiflung bei den missratenden Missionierungsversuchen muss ja riesengroß sein, das man jetzt zur Flasche greift.
Kay Krause am Permanenter Link
Weiß der Mensch mal gar nicht weiter,
Macht er sich mit Whisky heiter.
Auch der Klerus, dieser anonyme,
liebt die Alkohol-Enzyme,
ist -bei Gott - kein Kostverächter,
als des Volkes kirchentreue Masse,
hat er etwas Rum in seiner Kaffeetasse!
Alkohol und Nikotin,
rafft die halbe Menschheit hin.
doch nach gutem, altem Brauch,
stirbt der Klerus daran auch!
Kay Krause am Permanenter Link
Es hat die hohe Geistlichkeit,
weltweit den Heilig Geist verbreit'
doch liebt sie - wie man sieht hier - meist,
noch mehr den Fusel- und den Whisky-Geist,
da diese Gott- und Geister-Sphäre,
letztlich auch für jeden Christ,
nur besoffen zu ertragen ist!
Paul am Permanenter Link
Na dann warte ich noch etwas, bis die Jamaika Variante Einzug hält und wir vermutlich auf der selben Wellenlänge, wie die Hirten vor zweitausend Jahren, sind.
Arno Gebauer am Permanenter Link
Moin,
war nicht die größte Erfindung der Klöster die Schnapsherstellung und besitzen die global aktiven Kirchen nicht überall viele Schnapsbrennereien?
Wenn schon die Kirchenmitglieder global ständig abnehmen, dann muß die Produktion
in den kirchlichen Schnapsbrennereien langsam angekurbelt werden.
Im göttlichen Vollrausch, der nicht durch den Glauben, sondern durch Whisky erzeugt werden kann, läßt es sich leichter auf die göttliche Botschaft warten.
Ab 3 Promille glauben Gläubige, sie seien im Paradis!
Gruß
Arno Gebauer
A.S. am Permanenter Link
Dass Religion nur im Suff zu ertragen ist, wissen die Bischöfe am Besten. In diesen Kreisen bevorzugt man allerding sehr teure Weine, die dummen Gläubigen spenden schließlich genug Geld.
Kay Krause am Permanenter Link
Hallo A.S.! siehe Weinkeller von Bischof Mixa/Augsburg (inzwischen auf dem Abstellgleis!)