Über "Letzte Hilfe" und gelebte Toleranz in Thüringen

ERFURT. (hpd) Die Regionalgruppe Mittelthüringen sowie die Hochschulgruppe Jena der Giordano-Bruno-Stiftung haben sich an der Aktionswoche zur Kampagne “Letzte Hilfe” mit zwei Informationsständen beteiligt – ein Erfahrungsbericht.

Die gbs-Mitglieder machten sowohl am vergangenen Mittwoch (8. Okt.) in Jena auf dem Holzmarkt als auch am Freitag (10. Okt.) in Erfurt auf dem gut besuchten Anger mit einem Informationsstand auf das drohende Verbot der organisierten Sterbehilfe durch die Initiative von CDU und Kirchen aufmerksam. Der geplante dritte Stand in Weimar musste einer das Leben verlängernden Pflanze weichen: dem “361. Zwiebelmarkt” – selbstverständlich inklusive eines “Zwiebelmarkt-Gottesdienstes”.

Die Organisatoren waren sich einig, dass es schwierig werden würde, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Überlegungen in Anlehnung an christliche Formulierungen (“Guten Tag, darf ich mit Ihnen über das Sterben reden?”) sorgten bei der Planung für Gelächter. Die gefundene Lösung hat die Testwoche mit Erfolg abgeschlossen: Mit einem Beamer wurden Zitate zum Thema Sterbehilfe (u.a. aus dem Buch “Letzte Hilfe” von Uwe-Christian Arnold und Michael Schmidt-Salomon) auf eine Leinwand projiziert. Damit hob man sich auffallend von üblichen Informationsständen ab und verleitete Passanten recht oft zum Anhalten und Lesen.

Nach subjektivem Empfinden und wider das eigene Erwarten waren hierfür die langen, mehrere Zeilen füllenden Zitate sogar besser geeignet, als kurze, knackige Statements. Letztere können auch im bloßen Vorübergehen erfasst werden, erstere sind hingegen für eine Fußgängerzone ungewöhnlich und regen daher zum Stehenbleiben an. Daraufhin kam man recht einfach ins Gespräch, doch das A und O war es auch hier, aktiv auf die Menschen zuzugehen. Manchmal zeigt “viel Text” eben auch, dass man mehr als nur Parolen bieten kann. Die Präsentation mit den Zitaten soll allen Regionalgruppen zur Verfügung gestellt werden. Die Aktiven in Thüringen würden sich über fleißige Nachahmer freuen.

Die Forderung nach einem Recht auf “Letzte Hilfe” erfuhr breiten Zuspruch (“Endlich mal was Vernünftiges in der Fußgängerzone”). Bereits der Standaufbau bewies, dass es möglich ist, seinen eigenen Glauben als Privatsache zu behandeln: Nach Problemen mit der städtischen Stromversorgung war es ausgerechnet der Inhaber eines italienischen Restaurants, der unseren Beamer unkompliziert mit Strom versorgte – das Kreuz am Goldkettchen hätte anderes vermuten lassen.

Gemessen an bisherigen Informationsständen der gbs Mittelthüringen konnten so viele Broschüren verteilt werden wie noch nie. Mehrere Menschen hatten zwar die laufende gesellschaftliche Debatte zur Sterbehilfe mitbekommen, jedoch noch nichts von den christlich-motivierten Verbotsüberlegungen gehört. Dies zeigt, wie dringend die Kampagne nötig ist. Viele Bürger möchten zwar selbst über ihr Lebensende bestimmen können, hatten jedoch Vorbehalte, die Kampagne durch ein “Gesicht zeigen”-Foto zu unterstützen. Zahlreiche Menschen fragten nach einer Unterschriftenliste oder einer Online-Petition.

In den kommenden Monaten soll zur weiteren Unterstützung der Kampagne eine “Thüringer Filmwoche zur Sterbehilfe” geplant werden. Filme wie “Das Meer in mir” oder “Notausgang” sollen die Menschen aufrütteln, sich für ihr Recht auf Selbstbestimmung am Lebensende einzusetzen. Mehrere Kinos haben bereits ihr Interesse an einer solchen Themenwoche signalisiert. Die Aktiven hoffen, auch einige Fürsprecher der Kampagne nach Thüringen locken zu können.