„Es ist ein deutlicher Schaden entstanden“

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Johann-Albrecht Haupt / Foto © Evelin Frerk

BERLIN. (hpd) Am Wochenende begeht die Humanistische Union (HU) das Bestehen im 50. Jahr. Die 1961 gegründete HU war auch Partner des Berliner Protestbündnisses zum Papstbesuch. Johann-Albrecht Haupt, Verwaltungsjurist und HU-Vorstandsmitglied, sprach am Donnerstag über Perspektiven der Bürgerrechtsvereinigung und die Kritik am Treffen der Bundesverfassungsrichter mit Benedikt XVI.

 

Die Humanistische Union ist Bündnispartner beim Bündnis „Der Papst kommt“. Warum?

Johann Albrecht Haupt: Weil wir es nicht gut finden, dass der Papst in Deutschland als Staatsoberhaupt mit den Staatsorganen zusammentrifft, während er in Wirklichkeit doch nur ein kirchliches Oberhaupt ist – der Leiter einer Religionsgemeinschaft. Der Staat der Vatikanstadt hat 500 Einwohner und keine Bedeutung. Niemand würde ein Staatsoberhaupt einer Gruppe von 500 Leuten in den Bundestag bitten, wenn er nicht gleichzeitig Religionsführer wäre. Und Benedikt ist Religionsführer und als solcher hat er nichts im Bundestag zu suchen. Dass er hier seine Gläubigen in Deutschland besucht, das kann man ihm nicht verbieten und ich meine dazu gehört auch der Schutz des Papstes, was möglicherweise gefährdete Personen betrifft. 

Aber nicht nur, dass er den Bundestag besucht, was ich noch schlimmer finde ist, dass er die insgesamt 18 Bundesverfassungsrichter zu sich nach Freiburg bestellt, um mit ihnen ein 20-minütiges Gespräch zu führen. Das finde ich schon ziemlich stark.

Die Humanistische Union hat die Form des Treffens mit den Bundesverfassungsrichtern kritisiert. Das ist nur eine Wortmeldung. Was müsste man in Zukunft sicherstellen, damit sich so etwas nicht wiederholt? In diesem Fall ist die Gesellschaft überrumpelt worden.

Haupt: Sicherstellen kann man das in einer religiös, oder vielmehr christlich-religiös geprägten Gesellschaft, wahrscheinlich nicht. Dazu ist die Humanistische Union auch gar nicht in der Lage. Man kann nur versuchen, mit guten Argumenten auf die Öffentlichkeit einzuwirken. Und das ist ja an sich unser Markenzeichen: das wir mit guten Argumenten versuchen, uns in die politische Diskussion einzumischen. Manchmal haben wir mehr Erfolg, manchmal weniger.


Sehen Sie, dass durch dieses Treffen der Souveränität des Bundesverfassungsgerichts als einem weltanschaulich neutralen Verfassungsorgan ein Schaden entstanden ist?

Haupt: Ja, das ist ganz deutlich geschehen. Wenn es in zukünftigen Verfahren darum geht, ob die Grenzen der Neutralität gewahrt oder überschritten sind, muss sich das Bundesverfassungsgericht vorhalten lassen, dass sie sich dem Papst - ich will nicht sagen, zu Füßen geworfen haben -, aber ihm doch sehr nahe getreten sind und eine Nähe nach außen hin gekennzeichnet haben. Und das kann nicht gut sein, denn die Gerichte leben ja auch von der Unabhängigkeit der Richter und davon, dass sie wenigstens den Schein einer Nähe zu einer bestimmten Prozesspartei vermeiden. Diesen wird das Bundesverfassungsgericht in Zukunft nur noch sehr schwer wahren können.


Abseits der Debatte um den Bundestagauftritt von Benedikt XVI. und zweifelhaften Formen des Zusammentreffens mit Verfassungsorganen – gibt es noch weitere Gründe, was die Humanistische Union durch die Beteiligung am Bündnis deutlich machen möchte?

Haupt: Also ich bin hier immer etwas zurückhaltend. Die Humanistische Union versteht sich nicht als Weltanschauungsgemeinschaft.

Es gibt ja viele Organisationen im Bündnis, die sich nicht als Weltanschauungsgemeinschaft verstehen.

Haupt: Ja, richtig. Wir wenden uns genau wie die Lesben- und Schwulenverbände natürlich gegen die in der Praxis der katholischen Kirche zum Ausdruck kommende Diskriminierung von bestimmten sexuellen Orientierungen. Das halten wir für eine Kirche, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts auch noch einen besonderen Status für sich in Anspruch nimmt, völlig inakzeptabel. Vielleicht auch für dumm, für ausgesprochen dumm. Es ist auch einer Kirche unwürdig. Bei der Frauenordination wiederrum würde ich sagen, das ist eine kirchliche Eigenart. Wenn die meinen, nur Frauen können Priester sein, dann ist das eben so. Das finde ich nicht gut, aber ich möchte es auch nicht beanstanden. Denn das ist eine Glaubensregel, die ich als Glaubensregel einer religiösen Gruppe akzeptiere.

Das Vorgehen gegen Diskriminierung ist schon immer ein Arbeitsschwerpunkt bei der humanistischen Union gewesen. Am kommenden Wochenende wird das 50. Jahr des Bestehens begangen. Was hat sich beim Thema Anti-Diskriminierung verändert. War die Arbeit der Humanistischen Union hier eine Erfolgsgeschichte?

Haupt: Ja. Ich würde sagen, es war eine Erfolgsgeschichte. Denn die Verhältnisse von 1960 waren sehr viel schlechter als die Verhältnisse, die wir heute haben. Das betrifft auf jeden Fall die Stellung der Frau, die Stellung der sexuellen Minderheiten. Was die gleichgeschlechtlichen Lebensformen angeht, ist ein deutlicher Fortschritt zu verzeichnen. Man muss sich ja nur einmal das Personal anschauen, das heute in den Parlamenten und Regierungen tätig ist. Insofern gibt es einen Fortschritt. Das wir noch nicht mit allem zufrieden sind, steht auf einem anderem Blatt.


Gab es bei dem Thema besondere Höhepunkte für die HU in den letzten 50 Jahren? Die HU war hier ja sehr früh in der Bürgerrechtsbewegung aktiv.

Haupt: Wir haben als einen Höhepunkt immer unseren Kampf um die Straffreiheit der Abtreibung angesehen. Hier ging es unter anderem um die Freiheit der Frau von den männlichen Vorverurteilungen. Das war eine Erfolgsgeschichte, die aber auch nicht vollständig zum Ziel geführt hat. Aber immerhin zu seiner Sexualmoral und gesetzlichen Regelungen, mit denen wir leben können.