Kolumne: Sitte & Anstand

Da geht noch was, religiöse Twitter-Bots!

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Ist da wer? Da oben im Himmel? Wacht da einer über uns und all die anderen Schäfchen und Wölklein und all die anderen Grilliarden von Planeten? Und wenn es ihn gibt und er aber aus einer halb beleidigten Form von Eitelkeit heraus beschlossen hat, für immer stumm und für uns unsichtbar zu sein, wie kriege ich dann heraus, was er von mir will?

Das sind so Fragen, mit denen überlastete Hirne sich ausgiebig beschäftigen können, wenn der persönliche Fortbestand auf dem Planeten erst mal gesichert ist und das Dasein ein wenig langweilig zu erscheinen anfängt. Religion beginnt, wo die Menschen nicht richtig was zu tun haben, sie gleiten in Träumereien von Engeln und Paradiesen ab, weil sie gerade bisschen schlaff sind vom Rumsitzen im Park, vom Rumliegen auf der Couch, vom Rumgucken auf Twitter.

Dort hilft dann meist ein neuer Tweet vom "Atheist Quote Bot", der rüttelt einen mit einem atheistischen Zitat wieder wach: Atheistische Zitate haben den Vorteil, dass sie meist auf Bildung, Logik und Witz aufbauen, dem Leser also auch das Gefühl geben, ein denkender Mensch zu sein und als ein solcher anerkannt zu werden: "Evolution ist eine Theorie? Jo, das ist die Schwerkraft auch, und trotzdem sehe ich niemanden aus dem Fenster hüpfen." – "Am Anfang schuf der Mensch Gott nach seinem Vorbild: intolerant, sexistisch, homophob und gewalttätig." – "Etwas mit dem Herzen zu verstehen heißt, etwas nicht zu verstehen."

Das erheitert, erfreut, bringt Neuronen und Lebensgeister in Stimmung. Ist aber bisschen fies für die armen Verkünder religiöser Argumente. Religiöse Argumente müssen ja auf Logik, Bildung und Witz weitgehend verzichten. Stattdessen bauen sie auf das Nachbeten kruder oder inhaltsleerer Einsichten, suchen Trost im Niederknien, wünschen sich das Gegenüber als jemanden, der nicht nachfragt, sondern nachbetet.

"Der Herr ist bei dir. IMMER." – "Jesus liebt dich mega." – "Tausend Schafe sollt ihr sein in meinem Garten", so oder ähnlich klingt das dann immer. Wärmt das Herz. Knipst das Hirn aus. Wäre es nicht eigentlich mal an der Zeit, den "Theist Quote Bot" aus der Taufe zu heben, der Herz und Hirn gleichermaßen anspricht, indem er das religiöse Geraune mit Argumentation abrundet? "Komm zu Jesus, er ist ein Mensch! Auf vielen anderen Planeten sind die Gottheiten superhässliche Echsen oder sogar Quallen." – "Hey, chill mit Gott! Ob es ihn gibt oder nicht: Du landest dann nicht in der Hölle." – "Gott existiert, denn er hat den Menschen erfunden, und der Mensch hat die Schrift erfunden, oder glaubst du etwa, das hier hätte eine Beutelratte geschrieben? Na also."

So etwa stelle ich mir die religiösen Botschaften der Zukunft vor, und wenn genügend Leute mitmachen, stehe ich als Oberguru gern zur Verfügung.

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