"Ihr habt es nicht verstanden"

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Der Aachener Dom (Mai 2020)
Der Aachener Dom

Die Aachener Zeitung berichtete vor wenigen Tagen ausführlich über die Protestaktion am Abend des 18. November gegen den Aachener Bischof Helmut Dieser. Gegenstand des Protests war der erschütternde Umgang des Bistums mit "ihren" zahlreichen Missbrauchsopfern Aachener katholischer Priester. Einer der Redner war der Soziologieprofessor und Vorsitzende der Aachener Aufarbeitungskommission Thomas Kron. In Richtung des auch anwesenden Bischofs Helmut Dieser rief er: "Ihr habt es nicht verstanden".

Der Hintergrund seiner deutlichen Worte: Dieser hatte kürzlich im Rahmen dreier Schmerzensgeldklagen die Einrede der Verjährung erhoben. Zwei der Klagen wurden deshalb abgewiesen und in einem Fall kam es zu einem Vergleich.

Bereits im März 2024 hatte der Direktor des Instituts für Weltanschauungsrecht (ifw) Jörg Scheinfeld gemeinsam mit dem Staatsrechtslehrer Stephan Rixen im Rechtsmagazin Legal Tribune Online die Kirche dazu aufgerufen, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten und sich stattdessen mit den Betroffenen außergerichtlich auf angemessene Entschädigungszahlungen zu einigen.

In ihrem Aufsatz griffen die beiden Professoren auch die Äußerungen des Aachener Bischofs Dieser auf, der sich zuvor gegen außergerichtliche Vergleiche mit Betroffenen sexualisierter Gewalt ausgesprochen hatte:

"Anfang des Jahres bemühte das Bistum Aachen das 'Argument' der 'neutralen Instanz' und stützte darauf sogar das Erheben der Verjährungseinrede. Der Aachener Oberhirte Helmut Dieser erläuterte seine – sehr wahrscheinlich ohnehin treuwidrig erhobene – Verjährungseinrede recht eigenwillig: 'Wir nutzen ein Recht, das ein Zivilprozess jedem bietet, um mit den Betroffenen mit Hilfe eines Mediationsrichters einen anderen Weg gehen zu können.'"

Damit steht Dieser nicht alleine, auch hat zuletzt etwa der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer die Einrede der Verjährung im Fall von Jens Windel, der vom ifw unterstützt wird, erhoben.

Scheinfeld und Rixen kommentierten im März 2024:

"In der Gesamtschau drängt sich der Eindruck auf, dass sich die deutschen Bischöfe darauf verständigt haben, außergerichtliche Vergleichsverhandlungen abzulehnen und so in der Konsequenz den von sexualisierter Gewalt Betroffenen Klageverfahren mit einem hohen Geld-, Zeit- und Kraftaufwand aufzubürden. Spekulieren sie darauf, dass nur wenige Betroffene ein anstrengendes und aufwühlendes Gerichtsverfahren auf sich nehmen?"

Den Eindruck scheinen auch die wütenden Protestierenden am Montagabend vergangener Woche gewonnen zu haben.

Dem Protest angeschlossen hatte sich auch die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands. Deren Vorsitzende Marie-Theres Jung kritisierte in einer Rede ebenfalls die Entscheidung Diesers, die Schadensansprüche mittels der Einrede der Verjährung zu vereiteln: "Wir wollten nicht still hinnehmen, welche Entscheidung da hinter verschlossenen Türen im Bistum gefällt wurde", zitiert die Aachener Zeitung Jung. Enttäuscht zeigte sich auch der Bund Deutscher Katholischer Jugend im Bistum. Zur Rede Krons schreibt die Aachener Zeitung:

"Kron bezeichnete diese Stellungnahme angesichts des meist lebenslangen Leidens, das im Kindesalter von Priestern vergewaltigte, erniedrigte und oft auch noch bedrohte Menschen zu erdulden hätten, als 'pure Verachtung der Betroffenen'. Lauter Applaus der Teilnehmer. 'Und mit einem Gremium, das die Betroffenen verachtet', möchte Dieser weiter zusammenarbeiten.
Er muss nicht – er will', sagte Kron."

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