WIEN. (hpd) Die Affäre Tebartz-van-Elst hat auch Österreich erreicht. Mehrere Medien recherchieren, wie es um das Vermögen von Österreichs Bischöfen steht. Die versuchen, mit offensiver PR mögliche Kritik im Vorhinein abzubiegen. Vor allem Kardinal Christoph Schönborn präsentiert sich als Muster an Bescheidenheit.
Arm ist er, der Kardinal. So liest man es in der Tageszeitung "Die Presse". Gewollt arm. Er hat gerade mal eine Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung und die sei besonders schlicht. So ein Muster an Bescheidenheit auch, folgt man den Angaben im Artikel: "Das Essen lässt er sich aus der Mensa bringen, in der für alle kirchlichen Mitarbeiter rund um den Stephansplatz - vom Reinigungspersonal bis zum Bischof - aufgekocht wird. Dienstlich fährt der Kardinal nach Rom gerne mit der Bahn, in seiner Diözese lässt er sich mit einem VW Sharan chauffieren."
Die anderen Bischöfe, erfährt man auch, haben protzigere Dienstwägen der Marken Audi, BMW und Mercedes. Nur ein bisschen Luxus gönnt sich der Kardinal. "In Wien sind das Besitzungen im Marchfeld und in Kirchberg am Wechsel. Dort verbringt Schönborn, soferne er nicht bei seinen Dominikanern in Retz ist, freie Tage in einer Jagdvilla der 1920er-Jahre."
Mindestens 152 Mio. Euro Vermögen
Dass sich das Vermögen des Kardinals auf mindestens 152 Millionen Euro[1] beläuft, kann man anhand dieser Angaben nicht mal erahnen. Diskret verschweigen die Informanten der Redaktion auch, dass allein die genannten Besitzungen im Marchfeld mehr als 1.000 Hektar groß sind und EU-Agrar-Subventionen im Ausmaß von 440.000 Euro im Jahr erhalten.
Die sonstigen Liegenschaften des erzbischöflichen Mensalguts sind auch gut 8.000 Hektar groß und enthalten nicht weniger als 14 Jagden. Dazu kommen Immobilien in bester Lage und zehn Prozent an der Privatbank Schellhammer & Schattera.
Es riecht nach kirchlicher Offensiv-PR
Ein Schelm, wer denkt, dass diese Informationen aus dem Erzbischöflichen Palais kommen und auf welchem Weg auch immer an die Redaktion der "Presse" gelangten, die über den Styria-Verlag der katholischen Kirche gehört. Zugegeben wird, was sich nicht länger leugnen lässt – und das wird heruntergespielt. Der Artikel riecht bei allen Versuchen des Redakteurs, genauer zu recherchieren, nach kirchlicher Offensiv-PR.
Weitere bischöfliche Vermögen: Mindestens 265 Mio.
Man darf davon ausgehen, dass die anderen Medien, die nach der Causa Tebartz-van-Elst auch das Vermögen der Kirche und der Bischöfe in Österreich recherchieren, mit ähnlichen Auskünften abgespeist werden. Dass zumindest die Bischöfe von Gurk, Graz-Seckau, Eisenstadt, Salzburg, Linz und St. Pölten auf Mensalgütern im Wert von mindestens 265 weiteren Millionen sitzen, werden sie kaum zugeben. Und das sind sehr konservative Schätzungen.
Keine Rechenschaftspflichten
Sie müssen auch nicht. Die Bischöflichen Stühle, zu denen die Mensalgüter gehören, mögen Körperschaften des öffentlichen Rechts sein. Allein, kirchliche Körperschaften des öffentlichen Rechts sind der Öffentlichkeit prinzipiell keine Rechenschaft schuldig und Bischöfliche Stühle schon gar nicht. Die müssen sich nicht einmal gegenüber den Diözesen rechtfertigen, sondern nur gegenüber dem Heiligen Stuhl. Lediglich interne Kontrollgremien sind vorgesehen. Mit strengen Verschwiegenheitspflichten.
Österreichischer Tebartz-van-Elst jederzeit möglich
Die werden offenbar nicht einmal in einer Krisensituation über Bord geworfen. Wie reich allein die Bischöfe sind, soll niemand wissen. Unabhängig davon, ob sie persönlich im Luxus schwelgen oder nicht. Das soll sich allem Anschein nach auch nicht ändern. Womit auch der Verdacht nicht auszuräumen sein wird, dass es jederzeit einen österreichischen Fall Tebartz-van-Elst geben könnte. Eine Garantie, dass die durchaus vermögenden Herren Bischöfe immer so bescheiden leben, wie sie das nach Eigenangaben tun, kann niemand abgeben.
Wozu brauchen die Herren das Vermögen?
Und, wenn die Herren so sehr auf Luxus verzichten, wie sie das gegenüber Medien aktuell darstellen – wieso haben sie dann ein derartiges Vermögen? Brauchen tun sie es angeblich ja nicht. Beim kirchlichen Finanzierungsanteil an der Caritas von gerade zwei Prozent wäre Luft nach oben vorhanden. Oder bei kirchlichen Renovierungsprojekten, bei denen aktuell ständig die öffentliche Hand einspringt.
Auch nennenswerte Entschädigungszahlungen für Betroffene kirchlicher Gewalt wären mit den Einnahmen aus den 417 Millionen Euro durchaus ökonomisch argumentierbar. Und, und, und... Man muss ja nicht gleich den Freidenkerbund sponsern.
Positiv-Image droht verweht zu werden
Die Diskussion will man lieber gar nicht anstoßen. Mit ein wenig vorgespielter Transparenz und möglicherweise echter Bescheidenheit und gerade noch genug Raum für ein bisschen (Pseudo-)Kritik hoffen die Bischöfe den kalten Wind zu überstehen, der ihnen aus Deutschland ins Gesicht bläst – und das Positiv-Image durch den neuen Papst Jorge Bergoglio zu verwehen droht. Man darf gespannt sein, ob es funktioniert.
Christoph Baumgarten
[1] Siehe „Gottes Werk und unser Beitrag. Kirchenfinanzierung in Österreich“, Carsten Frerk, Christoph Baumgarten, Wien 2012, Czernin.