WIEN. (hpd) Das Oberlandesgericht Graz (OLG) hat das umstrittene Urteil eines Leobener Richters im Prozess gegen das Stift Admont aufgehoben. Der Richter hatte die Klage eines ehemaligen Zöglings des Stiftsinternats mit einer Begründung abgeschmettert, die das OLG für nicht zulässig hält. Der ehemalige Zögling gibt an, er sei als Kind wiederholt misshandelt und vergewaltigt worden. Der Prozess muss neu verhandelt werden.
So nicht – das sagt der Berufungssenat des OLG Graz dem Richter in Leoben, der die Klage des ehemaligen Internatszöglings abgeschmettert hatte. Die originelle Begründung damals: Die Aufseher im Internat des Stiftsgymnasiums seien "ausführende Organe des Bundes" gewesen – und damit sei der Staat haftbar, nicht das Stift oder die Admonter Mönche, die den heute erwachsenen Kläger misshandelt und vergewaltigt haben sollen.
Deutliche Auflage
Diese Entscheidung hat das OLG nach der Berufung des ehemaligen Zöglings aufgehoben. Es verweist den Prozess zurück an das Landesgericht Leoben. Mit einer sehr deutlichen Auflage: "Dabei ist bindend (…) davon auszugehen, dass der vom Erstgericht gefundene Abweisungsgrund, die vom Kläger verfolgten vertraglichen Schadenersatzansprüche seien Amtshaftungsansprüche im Sinne des § 1 AHG, nicht vorliegt."
Soll heißen: Egal, wie das Landesgericht Leoben entscheidet: Es darf die Klage nicht mehr mit der gleichen Begründung abweisen wie erstes Mal.
Zu diesem Schluss kommt der Berufungssenat nach längeren juristischen Erörterungen – ganz im Unterschied zum Erstrichter. Anders als dieser haben die Richter des OLG Graz auch die historische Gesetzeslage und zahlreiche Urteile des Obersten Gerichtshofes für ihre Erwägungen herangezogen.
Stift grundsätzlich zu Schadenersatz verpflichtet
Die besagen aus Sicht des OLG, dass ein Stift als Träger eines Gymnasiums grundsätzlich zu Schadenersatz gegenüber (ehemaligen) Schülern verpflichtet werden kann – ob es Öffentlichkeitsrecht besitzt oder nicht: "Diese Auffassung liegt insbesondere den höchstgerichtlichen Entscheidungen 3 Ob 120/06b und 1 Ob 124/13m zugrunde, in denen Schadenersatzklagen wegen Übergriffen von Erziehern insoweit erfolgreich gegen Träger von kirchlichen Internatsschulen gerichtet wurden." Das ist das glatte Gegenteil dessen, was der Erstrichter befunden hatte.
Das kann man als verklausulierte Kritik am Erstrichter verstehen.
"Ermutigendes Urteil"
Sepp Rothwangl von der Plattform Betroffene Kirchlicher Gewalt sieht das Urteil als ermutigend.
Wann der Prozess neu aufgerollt wird, ist unbekannt. Das könnte sich auch hinziehen. Das OLG hat in seinem Urteil den Beklagten gestattet, die Berufung durch den Obersten Gerichtshof prüfen zu lassen. Das könnte die Sache deutlich in die Länge in die ziehen.
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