Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist nichts unerreichbar – sofern man genug Geld hat. Das scheint auch für Gottes Segen zu gelten. Diesen verspricht Paula White, evangelikale Predigerin und spirituelle Beraterin von Donald Trump, für das neue Jahr jedem, der ihr vom ersten Monatslohn eine großzügige Spende überweist.
Was ist nur aus der guten alten Zeit des Wilden Westens geworden? Da wurde man wenigstens noch von echten Räubern mit zerlumpten Klamotten um sein Geld erleichtert und die Pistolen, die sie einem auf die Brust setzten, waren noch handfeste Knarren mit Duft nach Schießpulver und Metall.
An der Leidenschaft für den Erwerb von Geld hat sich in den Vereinigten Staaten von Amerika seit der Zeit des Wilden Westens kaum etwas geändert. Nur die Mittel, mit denen es auf mehr oder minder moralisch einwandfreiem Weg beschafft wird, sind subtiler geworden. Besonders die zahlreichen evangelikalen Prediger verstehen es seit Jahrzehnten, leichtgläubigen Menschen mit Versprechungen oder gar Wunderheilungen Geld aus der Tasche zu ziehen.
Wie gesagt: In den USA ist das nichts Ungewöhnliches. Dennoch hat der jüngste Spendenaufruf der evangelikalen Predigerin Paula White ein ganz besonderes "Geschmäckle". Denn White ist nicht irgendjemand, sondern eine der wichtigsten spirituellen Beraterinnen von Donald Trump.
"Es gibt ein spezielles Prinzip, von dem ich zutiefst überzeugt bin und von dem ich Ihnen einfach erzählen muss, nachdem ich jahrelang das Wort Gottes studiert habe", heißt es auf Whites Homepage. "Dieses Prinzip findet sich schon ganz am Anfang in der Bibel, es durchzieht sie und es eröffnet auf übersinnlichem Wege fantastische Möglichkeiten für Segen, Gnade und göttliche Ordnung in Ihrem Leben. Es ist die Grundlage für die Unterstützung Ihres Erfolgs im Jahr 2018. Es ist das göttliche Prinzip der Erstlingsgarbe. Alles Erste gehört Gott."
White spielt hiermit auf biblische Textstellen an, die belegen, dass der Hirtengott des Alten Testaments ein besonderes Faible für die ersten Früchte des Ackers und sonstige Erstprodukte landwirtschaftlicher Ernten hat. "Gott first" sozusagen. Wer Gottes Fetisch fürs Erste nachkommt, darf mit seinem Segen rechnen. Und das nicht nur im übertragenen Sinne, sondern überaus konkret, wie White mit einem Zitat aus den Sprüchen Salomos belegt: "Ehre den Herrn mit deinen Besitztümern und mit allen ersten Früchten deines Gewinns; dann werden deine Scheunen reich gefüllt sein und deine Fässer überfließen."
Wer Gott nicht gibt, was sowieso schon sein ist, der zieht den Zorn des Herrn auf sich. So zu lesen auf Whites Homepage. Und Gott möchte laut White eindeutig nicht nur immaterielle Dinge wie den ersten Gedanken am Morgen, nein, der Gott der Bibel möchte handfeste monetäre Werte. Und welcher Monat könnte besser sein, um sich den göttlichen Segen für das restliche Jahr zu erkaufen als der erste Monat des Jahres? "Dieser Monat ist der wichtigste des Jahres um festzulegen, was im Rest des Jahres geschehen wird. Ihre ganz besondere Möglichkeit, das Prinzip der Erstlingsgarbe zu aktivieren, wie es das Wort Gottes gebietet." Dieser Heilsversprechung, die stark an den Sprachduktus eines Heizdeckenverkäufers im Werbefernsehen erinnert, schiebt White noch eine deutliche Gebrauchsanweisung hinterher: "Indem Sie Gott alles Erste in diesem ersten Monat des Jahres schenken, sorgen Sie für den heilbringenden Bund mit ihm." In Amerika ist offensichtlich alles käuflich. Sogar der liebe Gott.
Freilich kann die Spende an Gott in Ermangelung einer göttlichen Bankverbindung nicht direkt getätigt werden und ist daher seinen Priestern oder sonstigen Vertretern auf Erden darzubringen. Obwohl nach Whites Bibelzitaten klar ist, dass Gott sich nicht mit halben ersten Sachen zufrieden gibt und somit eigentlich das gesamte Januar-Einkommen gespendet werden sollte, lässt sich White nicht lumpen und verspricht ihren Segen bereits ab einer Spende von 50 Dollar. Außerdem werden Spender durch Zusendung eines Buches aus der Feder der Predigerin beglückt – ab 75 Dollar Spende gibt es zusätzlich sogar den "Paula White Wandkalender 2018".
Bei so viel offenkundiger Geschäftemacherei mit leichtgläubigen Menschen weiß man nicht, ob man weinen oder lachen soll. Was die Entscheidung jedoch eindeutig in Richtung Tränenfluss lenkt, ist die Tatsache, dass Paula White eine der engsten spirituellen Beraterinnen von US-Präsident Donald Trump ist. Es ist daher davon auszugehen, dass Trump ebenso wie White Anhänger des "Prosperity Gospel" (Wohlstandsevangelium) ist, einer besonders in Amerika beliebten Extremform christlich-protestantischer Ethik, die lehrt, dass ein gottgefälliges Dasein nicht nur zu ewigem Leben, sondern auch zu einem Überfluss an materiellem Reichtum auf Erden führt. Entsprechend gilt materieller Reichtum als Zeichen dafür, dass jemand der Liebling von Big Daddy im Himmel ist. Eine erschreckend naive Lehre, die noch dazu ergänzt wird durch geradezu archaische Möglichkeiten, sich die Gnade seines Gottes durch Geldopfer zu erkaufen.
Die Kehrseite der Medaille: Wer arm ist, ist nach dieser Spielart des Christentums selbst schuld an seiner Armut, denn er führt kein gottgefälliges Leben. Welche gesellschaftlichen Auswirkungen es hat, wenn diese menschenverachtende, durch und durch geldfixierte "Spiritualität" politische Entscheidungen bestimmt, werden vor allem die Armen Amerikas in den kommenden Jahren zu spüren bekommen. Aber das ist eben Gottes Wille. Widerstand ist zwecklos. Denn laut Paula White hat Donald Trump seine Präsidentschaft Gott persönlich zu verdanken. Wer gegen Trump ist, ist demnach gegen Gott.
13 Kommentare
Kommentare
Wolfgang am Permanenter Link
Früher nannte man es Karneval, einmal im Jahr. Jetzt wird durchgesponnen, Tag und Nacht, Monat für Monat, Jahr für Jahr. Dumm, dümmer, Christentum. In Ewigkeit, Amen!
agender am Permanenter Link
Kirchensteuer ist nicht so auffällig und geschmacklos!!!
Daniel Schoch am Permanenter Link
Ich finde es immer sehr aufschlussreich, wenn die Anhänger Republikanische Präsidenten zugeben, dass diese ihr Amt nicht von der Mehrheit des Volkes bekommen haben, was für Bush 43 und Trump auch zutrifft.
Arno Gebauer, ... am Permanenter Link
Moin,
durch den sehr guten Beitrag wird deutlich, dass die meinungsbildenden Kirchenführer in den USA
das Theodizee-Problem (= Die Vereinbarkeit zwischen der Liebe Gottes und dem Elend der Welt)
neu überdenken müssen, denn ein menschenwürdiges Leben im Paradis auf Erden können nur
Reiche und Trump (=Gott) führen.
In den USA regiert nicht Gott (=Trump), sondern Geld, wenn denn noch etwas im Haushalt vorhanden ist, die
Welt.
Viele Grüße
Arno Gebauer
Ralf Fischer am Permanenter Link
... Es ist das göttliche Prinzip der Erstlingsgarbe. Alles Erste gehört Gott.
Da stellt sich mir die Frage: Was ist mit dem ersten Sex in diesem Jahr? Hätte man den auch mit Gott machen müssen - als Mann?
Peter Friedrich am Permanenter Link
Jaja, die Frau White kann das ganz gut.
Also, Frau White?
Dieter Bauer am Permanenter Link
"Heil Trump, Heil Amerika"
... die Dummheit feiert Urstände ......
Arno Gebauer am Permanenter Link
Moin,
ich finde die Geschäftsidee mit dem Versprechen von
Nichts (=Gottes Segen), sehr viel Geld zu verdienen , einfach nur genial.
Nach unserem Strafgesetzbuch kann man solchen Betrug
nicht einmal anzeigen!
Viele Grüße
Arno Gebauer
Dieter am Permanenter Link
Das nenn ich doch mal einen Fortschritt bei den Evangelikalen. Endlich haben sie begriffen, dass man sich sein Seelenheil durch Geldzuwendungen an die Kirche erkaufen muss.
Der (gute) Martin Luther wird sich im Grabe umdrehen.
Arno Gebauer am Permanenter Link
Moin, Dieter,
bitte, nicht vergessen, dass die Kirchensteuer
den Ablaßhandel abgelöst hat!
Gruß
Arno Gebauer
Andreas am Permanenter Link
jus primae noctis war auch eine "gute Idee"...
Noncredist am Permanenter Link
> Dieses Prinzip findet sich schon ganz am Anfang in der Bibel (..)
Lustig. An wen richtete sich die Bibel? Welche Geschichte, und für welche Zielgruppe, welches Volk, wurde erzählt?
Die Bibel war genauso wenig eine "Bedienungsanleitung" für Heiden, wie sie es für Nichtjuden war. Rein gar nichts davon hatte eine Relevanz für Nichtjuden. Sie soll die Geschichte des Judentums sein, aber nicht die Anleitung zum göttlichen Geldverdienen :)
> Es ist das göttliche Prinzip der Erstlingsgarbe. Alles Erste gehört Gott.
Na dann ...
Wann ist nochmal der Termin zur Abgabe des Erstgeborenen? Die Messer sind schon gewetzt :)
> Ehre den Herrn mit deinen Besitztümern und mit allen ersten Früchten deines Gewinns; dann werden deine Scheunen reich gefüllt sein und deine Fässer überfließen.
Und warum richtete sich dieser gewisse Jesus aus Naz. dagegen? Weshalb propagierte er den Verkauf aller Besitztümer und das Verteilen des Verkaufserlöses unter den Armen? Weshalb soll der Besitzer eher Arm sein und kamellos durch das Nadelöhr gehen, anstatt mit vollen Scheunen und überfließenden Fässern viele viele Nadeln und Fäden zu erwerben?
> Indem Sie Gott alles Erste in diesem ersten Monat des Jahres schenken, sorgen Sie für den heilbringenden Bund mit ihm.
Eine ganz simple Wenn-Dann Behauptung, welche sich sehr einfach überprüfen lässt.
Sollen die Krebskranken in Amerika schlicht alles Erste im ersten Monat dem Gott schenken. Wenn es stimmen sollte, dürfte ein "heilbringender Bund", was auch immer sowas sein soll, leicht nachzuweisen sein :)
> Denn laut Paula White hat Donald Trump seine Präsidentschaft Gott persönlich zu verdanken.
Eine steile Behauptung, welche Frau White sicherlich gut und einfach nachweisen kann. Womöglich mit einem Präsidentschaftsvertrag aus den Händen Gottes? Eine Verfügung? Überhaupt IRGENDETWAS, was Gott klar und unmissverständlich mitgeteilt hat?
Für einen *absolut perfekten* Gott, hat er nunmal extrem schlampige Arbeit geleistet. Man ist sich nicht einmal sicher, was diese jahrtausendealten Passagen einem im 21stem Jahrhundert "zu sagen haben". Ja, ob der Text überhaupt eine Relevanz für Amerikanern, die in der Bibel keinerlei Erwähnung bekommen, besitzen soll. Schließlich hat der allmächtige und allwissende Supergott leider vergessen, dass viele Völker auf der Erde keinen einzigen Kontakt mit ihm gehabt haben, als er "seinen Ersten" mitteilte. Eine echt schlampige Kommunikation, was dieser perfekte Gott so praktiziert. Eines "echten" Gottes nicht würdig.
Da hat das wahre göttliche Wesen, unsere heilige Nudeligkeit FSM, besser gearbeitet. Allein durch seine hungrige Offenbarung ist es allen Menschen der Welt gleichermaßen bewusst, dass seine heilige Nahrungsgottheit zum Leben dazugehören MUSS! :)
RAmen ;)
Manfred Schleyer am Permanenter Link
Warum sind Gottes Diener mit Gottes Lohn nie zufrieden?!