Islamistische Terroristen haben am letzten Dienstag die Bevölkerung des Nomadendorfes Faduma Kolomdi im Bundesstaat Borno im Nordosten Nigerias zum Gebet zusammengerufen und sie dann standrechtlich erschossen. Mindestens 81 Menschen starben im Feuer der Maschinenpistolen, unter ihnen auch viele Frauen und Kinder. Bei dem Massaker wurden 13 Personen verletzt, sieben Dorfbewohner wurden von den Angreifern verschleppt.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat islamistischen Extremisten in Nigeria vorgeworfen, die Religion für ihre Verbrechen gegen die Menschlichkeit an der Zivilbevölkerung zu missbrauchen.
"Die unschuldige Zivilbevölkerung zum Gebet zusammenzurufen, um sie dann zu massakrieren, hat eine neue Dimension. Das Vorgehen der Islamisten schadet dem Ansehen ihrer Religion", erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen.
Bei weiteren Überfällen in den Bezirken Sabuwa und Faskari im Bundesstaat Katsina im Norden Nigerias wurden am Dienstag und Mittwoch weitere 60 Personen getötet. Allein in dem Dorf Kadisau starben 32 Menschen, als Schwerbewaffnete auf Motorrädern in das Dorf eindrangen, Häuser niederbrannten, Menschen willkürlich erschossen und Frauen vergewaltigten. Im Bezirk Sabuwa überfielen Bewaffnete sieben Dörfer und terrorisierten und ermordeten die Zivilbevölkerung.
Der Journalist Peter Mühlbauer schreibt bei Telepolis, dass in Nigeria ein Erstarken des Islamischen Staates (IS) zu beobachten ist. Die islamistische Terrorgruppe IS-Filiale ISWAP verfügt den Schätzungen der Vereinten Nationen aus dem Februar 2020 nach über 3.500 bis 5.000 Angehörige. Sie entstand, als der Boko-Haram-Führer Abubakar Shekau dem inzwischen getöteten IS-Kalifen Abu Bakr al-Baghdadi im März 2015 einen Treueschwur leistete. Nach einer Abspaltung ist auch die Terrororganisation Boko Haram wieder aktiv.
Staatspräsident Muhammadu Buhari und die Gouverneure der Region beklagten die Gewalt und versprachen, die Terrorkommandos zu verfolgen und zu bestrafen. "Die Menschen im Norden Nigerias sind des Bürgerkrieges und der vielen vollmundigen Ankündigungen der Politiker müde. Für die Zivilbevölkerung gibt es in Nordnigeria keinen wirksamen Schutz vor extremistischer Gewalt", erklärte Delius. Seit Mai 2020 hätten die Übergriffe islamistischer Gewalttäter auf Christen und Muslime wieder deutlich zugenommen.
Rund 1,8 Millionen Menschen seien vor der alltäglichen Gewalt geflohen und lebten als Binnenflüchtlinge in der Region. Rund 413.000 von ihnen hätten in 51 Flüchtlingslagern Zuflucht gefunden, die aber vollkommen überfüllt seien. Dort drohe aufgrund der Überfüllung eine schnelle Verbreitung der Covid-19-Pandemie.
5 Kommentare
Kommentare
A.S. am Permanenter Link
Die "Gesellschaft für bedrohte Völker" irrt.
Religion war schon immer dazu da, die Vertreibung und Ausrottung anderer Stämme oder Völker zu legitimieren. Üblicherweise wurde und wird den Gläubigen von ihrer religiösen Führung erzählt, es sei Gottes Wille.
Auch im geschilderten Fall handelt es sich keineswegs um "Mißbrauch" von Religion, sondern um den bestimmungsgemäßen und seit Jahrtausenden üblichen Gebrauch von Religion.
Das Religion dazu da sei, den Menschen Frieden zu bringen, ist nur eins der vielen Märchen, die die religiösen Führer ihren dummen Gläubigen aufbinden.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Genau so war und ist es immer.
Lars Temme am Permanenter Link
Liebe hpd-Redaktion,
ich habe zwei Bitten an euch:
1. Könntet Ihr bei "übernommenen oder redaktionell bearbeiteten Pressemitteilungen" die Quelle angeben? reuters, dpa, ap,... Falls möglich, setzt einen Link zum Original. Ihr tragt damit zur Mündigkeit eurer Leserschaft bei, die in die Lage versetzt wird, Nachrichten zu ihrem Ursprung zurückzuverfolgen und einzuordnen.
2. Bitte ändert bei der redaktionellen Bearbeitung von Pressemitteilungen die sexistische Phrase "darunter Frauen und Kinder" in "darunter auch Kinder". Männer sind nämlich keine Menschen zweiter Klasse, die weniger schützenswert sind oder deren Ermordung weniger schlimm ist als die von Frauen.
Danke schön!
Frank Nicolai am Permanenter Link
Lieber Lars Temme,
die PM stammt von der "Gesellschaft für bedrohte Völker" - das ist deutlich im Text mitgeteilt. Eine Verlinkung war in diesem Falle nicht möglich, da uns die PM per Mail erreichte.
Sie haben Recht, Männer sind "keine Menschen zweiter Klasse" - das würden wir auch nie behaupten. Aber in Berichten über Kriege und Konflikte kann davon ausgegangen werden, dass Männer eher bewaffnet und damit wehrfähiger sind als Frauen und Kinder. Dieses Problem der Abgrenzung gibt es auch immer, wenn man von "Opfern unter Zivilisten" spricht.
Lars Temme am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Nicolai,
danke für die Klärung der Quelle. Eine "deutliche Mitteilung im Text" lese ich aber nicht, allenfalls eine Implikation. Die Stelle mit der Gesellschaft für bedrohte Völker im ersten Absatz kann man auch als einen Kommentar der GfbV zur Ursprungsmeldung lesen. Eine "deutliche Mitteilung" wäre ein Satz wie: "Dies berichtet die Gesellschaft für bedrohte Völker."
Die Behauptung, Männer seien Menschen zweiter Klasse, wollte ich dem hpd natürlich nicht unterstellen, sie schwingt aber in der kritisierten Aussage mit. Dass das nicht bewusst beabsichtigt ist, glaube ich. Ihr Gegenargument, dass es trotzdem sinnvoll sei, Frauen unter den Opfern extra hervorzuheben, überzeugt mich aber nicht:
Ich gehe zwar mit Ihnen davon aus, dass Männer in Konfliktgebieten eher bewaffnet sind, aber trotzdem ist auch in Konfliktgebieten der weit überwiegende Teil der Männer unbewaffnet. Und ein unbewaffneter Mann ist gegenüber Soldaten mit Maschinenpistolen genauso wehrunfähig wie eine unbewaffnete Frau.