Schleswig-Holstein zurück zum Gottesstaat?

Weiterhin Streit um "Gott" in der Landesverfassung

BERLIN/KIEL. (hpd) Im Schleswig-Holsteinischen Landtag gibt es einen neuen Vorstoß zur Aufnahme eines Gottesbezugs in die Landesverfassung. "Gott" soll darin wichtiger werden als die Menschenrechte.

Aktuell liegt der Gesetzentwurf für Unterschriften von Abgeordneten aus und soll dann im Landtag beraten werden. Danach soll folgende Formulierung an den Anfang der Präambel gestellt werden:

In Achtung der Verantwortung, die sich aus dem Glauben an Gott oder aus anderen universellen Quellen gemeinsamer Werte ergibt, hat der Landtag in Vertretung der schleswig-holsteinischen Bürgerinnen und Bürger... diese Verfassung beschlossen

Patrick Breyer (MdL, Piratenpartei) sagte dazu: "Religion ist Privatsache und hat in einer staatlichen Verfassung, die für alle gelten soll, nichts zu suchen. Wir Piraten fordern eine Volksabstimmung über jegliche Verfassungsänderung. Der Glaube an einen Gott (Monotheismus) kann im Zeitalter von islamistischen Terroranschlägen und Glaubenskriegen nicht ernsthaft als 'universelle Quelle gemeinsamer Werte' bezeichnet werden."

Er fordert die Abgeordneten auf, die Landesverfassung "nicht aus einem persönlichen Glauben heraus beschließen, sondern in Verantwortung für alle Menschen in Schleswig-Holstein." Denn es sei klar, dass eine eindeutige Trennung von Staat und Religion in einer weltoffenen und vielfältigen Gesellschaft immer wichtiger wird. Darin habe sich der Staat neutral zu verhalten, statt eine Glaubensrichtung (Monotheismus) in der Verfassung hervorzuheben.

Bisherige Gegner der Aufnahme eines Gottesbezugs unter den SPD-Landtagsabgeordneten scheinen nun aus wahlkampftaktischen Gründen umzufallen: Machtstrategen in der SPD wollen verhindern, dass die Volksinitiative zum Gottesbezug gleichzeitig mit der Landtagswahl 2017 zur Volksabstimmung kommt und die CDU mit dem Thema Wahlkampf macht (obwohl selbst die unwahrscheinliche Annahme eines Volksentscheids bloß eine unverbindliche Aufforderung an den Landtag bedeuten würde).

Nach einer NDR-Umfrage sind die meisten Schleswig-Holsteiner damit zufrieden, dass kein Gottesbezug in die Landesverfassung aufgenommen wurde (unzufrieden nur 31 Prozent).

Bisher beginnt die Präambel der Landesverfassung in Anlehnung an einen PIRATEN-Vorschlag mit den Worten:

Der Landtag hat in Vertretung der schleswig-holsteinischen Bürgerinnen und Bürger auf der Grundlage der unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechte als Fundament jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit … diese Verfassung beschlossen.

Es hat den Anschein, als wäre eine Formulierung, die die Menschenrechte in den Vordergrund stellt, den Kirchen und den religiösen Landtagsabgeordneten nicht genehm zu sein.


Ergänzung am 20.04.2016, 15:30 Uhr:

Patrick Breyer (MdL, Piratenpartei) teilte per Mail mit: "Im Nachgang darf ich die Information geben, dass es gelungen ist zu verhindern, dass über die Verfassungsänderung schon nächste Woche abgestimmt wird. Nächste Woche wird nur die erste Lesung stattfinden, möglicherweise im Juni dann die Abstimmung. Wir werden uns für eine Anhörung einsetzen."