Wirbel dank Falschmeldung: Schweden wolle die Gottheit gendern

Hat Gott Hoden?

Weltweiter Aufschrei neulich: Die schwedische Kirche will Gott zum Neutrum machen! Viel dran ist natürlich nicht an der Meldung. Aber die Frage steht um so größer im Raum: Wieso sollte Gott ein Geschlecht haben? Geschlecht braucht's doch eigentlich nur für eine einzige, sehr weltliche Sache...

Wie kann man einen Riesenaufreger kreieren, der weltweit schnappatmend verhandelt und in Kommentaren massenhaft engagiert durchdiskutiert wird? Ganz einfach: Die Kirche eines abseits gelegenen Landes bringt ein leicht revidierte Neufassung ihres Kirchenhandbuchs heraus. Krass!

So kürzlich geschehen. Das kleine, in der Praxis weitgehend atheistische Land Schweden hat ja doch eine Kirche, der viele Schweden sogar angehören. Diese Kirche hat ein Handbuch, in dem Gebete, Gottesdienste undsoweiter geregelt werden, damit bei der Hinwendung zum schwedischen Allerhöchsten alles seine Ordnung hat.

Die aber ist jetzt mit der Neufassung des Handbuchs ins Wanken geraten. Die schwedische Kirche nämlich, gut und lieb und aufmerksam wie sie ist, hat zur Kenntnis genommen, dass in der Welt da draußen unter Anderem auch Genderfragen gern diskutiert werden, theologischen Vorgängen gar nicht so unähnlich, und hat also beschlossen: Hier und dort werde man nun von "Gott" sprechen statt von "ihm" oder "dem Herrn". Und, Äußerstes an Revolution: Beim Gebet können die Pastoren, in die leeren Kirchen hinein, nun statt "Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes" auch einfach sagen: "Im Namen des dreieinigen Gottes".

Bääämmm! Da ist die Weltpresse aber durcheinander geschwappt. Die zarten Änderungen schlugen Tsunami-artige Schlagzeilen rund um den Erdball: "Die schwedische Kirche nennt Gott nicht mehr 'Er' oder 'der Herr'" - "Schwedische Lutheraner drängen auf die Verwendung genderneutraler Wörter für Gott""Schwedische Portestanten machen Gott zum 'Es'".

Dass kaum etwas davon, bei näherer Betrachtung, durch die Tatsachen gedeckt ist, erscheint dabei sekundär. Ein Thema ist ein Thema ist ein Thema, und zwar dann, wenn die Zeitungen es vermittels einer Schlagzeile durchdrücken und die Kommentatoren im Netz sich daraufhin die Köpfe heiß brabbeln. Manchen Geistern auf dieser Welt erscheint wohl weniges skandalöser als die Vorstellung: Die Gottheit, an die sie glauben, sei kein Mann. Schließlich wurde ja auch der Mensch als Adam geschaffen. Und zwar, wie es im Gottbuch heißt, nach dem Vorbild Gottes - eine Idee, die vielen Gläubigen offensichtlich unmittelbar einleuchtet. Das allmächtige, allwissende, weltumspannende, weltschaffende Wesen, ist gleichzeitig ein Kerl. Mit Bartwuchs, mit Penis, Testikeln, tiefer Stimme, Aggressionslust, Neigung zu vertikalen Hierarchien, mit Brustwarzen ohne Funktion. Daher hier noch einmal die Klarstellung: Der einzige Grund, dass es die Unterscheidung "Männchen" und "Weibchen" auf Erden gibt, ist dieser hier, bitte festhalten, liebe Christen:

Sex.

Sex, Sex, Sex.

Ohne Vögeln kein Mann. Auch keine Frau. Lange Zeit ist das Leben ohne die aufwändige Prozedur des Sexualakts ausgekommen, der übliche Vorgang war die Selbstteilung, also das, was wir heute als Klonen bezeichnen würden. Dann, vor zirka 600 Millionen Jahren, wurden die beiden Geschlechter erfunden: Das Paaren erlaubte dem Leben einen enormen Entwicklungssprung, denn nun wurden Genome kombinierbar und also konnte die Art sich wesentlich schneller an veränderte Umweltbedingungen anpassen – ein klarer Evolutionsvorteil gegenüber den Selbstkopierern.

Der Mann ist eine Hälfte eines Erfolgsmodells. Und aber: Ohne seinen Gegenpart macht er überhaupt keinen Sinn. Wenn Gott ein Mann ist, dann muss es auch eine Göttin geben. Wo ist sie wohl hin? Hält sie sich im Hintergrund, während ER ab und zu die eigene Großartigkeit in die Welt hinausposaunt? Räumt sie still und leise auf, wenn er mal wieder Erdbeben, Seuchen und Kriege gemacht hat? Ist sie das Gute, das unsichtbare, warme Band zwischen den Menschen, das es niemals in die Schlagzeilen schafft? Gott jedenfalls scheint das klassische Männchen zu sein, wenn wir bei Wikipedia lesen: "Für männliche Individuen vieler Spezies gilt, dass sie mit dem Geschlechtsakt ihren biologischen Anteil zur erfolgreichen Reproduktion bereits beigetragen haben."

Ja, das klingt ganz nach ihm. Schauen wir uns doch mal um auf der Welt: Den Zeugungsakt hat er gerade noch hinbekommen. Jetzt geht alles vor die Menschen. Urwälder werden flachgelegt, Meere vergiftet, die Gier der Reichen zerstört die Armen, der Planet heizt sich auf, mit Gott auf den Lippen sprengen Menschen sich und andere in die Luft. Den Urheber kümmert das offensichtlich nicht groß. Anbeten lassen will er sich trotzdem. Man kann aber sonntags auch schön Spazierengehen zum Beispiel, oder Kicken im Park, man kann Fremden zulächeln oder einen Kuchen backen mit seinen Liebsten. Vielleicht schaut ja irgendwo die Göttin zu und freut sich daran.