Der Bund für Geistesfreiheit (BfG) Neuburg-Ingolstadt verschickte einen Brief an Johannes-Wilhelm Rörig, den Bundesbeauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs. Er kritisiert darin die schleppende Aufklärung des Missbrauchs.
Der Bund für Geistesfreiheit Neuburg-Ingolstadt K. d. ö. R. versteht den sexuellen Missbrauch an Kindern in der katholischen Kirche nicht nur als Schaden, der an den Individuen verursacht wird, sondern erkennt darüber hinaus in der selektiv zurückhaltenden Anwendung rechststaatlicher Mittel zur Verfolgung dieser Taten einen Schaden an der Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats.
Deshalb schrieb der Vorstand des BfG Neuburg-Ingolstadt am 4. Februar einen Brief an den Bundesbeauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig. In dem Schreiben heißt es: "die Kirche hat sich sexueller Verbrechen an Minderjährigen schuldig gemacht. In der breiten Öffentlichkeit werden diese Verbrechen als 'Skandal' wahrgenommen und von Ihnen als 'ungeheuerliches Unrecht' bezeichnet."
Allerdings sei man zu der Überzeugung gelangt, "dass auch die staatliche Reaktion auf die Missbrauchsfälle einen Skandal darstellt." Denn man müsse sich fragen, "wie es möglich sein kann, dass die Strafverfolgungsbehörden trotz tausendfacher Verdachtsmomente auf Offizialdelikte eine erstaunliche Untätigkeit zur Schau stellen. … Genießt die Kirche bei strafrechtlichen Ermittlungsverfahren einen Sonderstatus?"
Wenn das der Fall ist, wäre das "eine nicht hinnehmbare Missachtung eines Kernprinzips unseres Rechtssystems: die Gleichheit vor dem Gesetz. Wenn dieses Prinzip nicht ausnahmslos durchgesetzt wird, steht die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaates auf dem Spiel."
In dem Brief weist der Vorstand des BfG Neuburg-Ingolstadt weiter darauf hin, dass es auch um Missbrauchsfällen gehen würde, die noch nicht verjährt sind. "Eile ist geboten. Kirchliche Akten und Archive hätten längst beschlagnahmt werden müssen. Wir vermissen das entschlossene Agieren von Polizei und Staatsanwaltschaft, wie wir es derzeit bei der Aufklärung der Sexualverbrechen auf einem Campingplatz in Lügde beobachten können."
Der Brief endet mit den Worten: "Vor wenigen Tagen haben Sie der Tageszeitung Die Welt gesagt, bei der strafrechtlichen Aufarbeitung dürfe es 'keine schonende Extrabehandlung für die Kirchen' geben. Wenn das Ihre Position ist, bitten wir Sie uns mitzuteilen, was Sie zu tun gedenken, um dieser Position die dringend nötige Geltung zu verschaffen."
Der hpd wird berichten, wenn es eine Antwort des Bundesbeauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs an den Bund für Geistesfreiheit Neuburg-Ingolstadt K. d. ö. R. geben sollte.
9 Kommentare
Kommentare
Rene Goeckel am Permanenter Link
Wie ist denn der Stand der Dinge bei den Anzeigen des ifw gegen die 27 Diözesen? Bewegt sich da etwas?
Roland Weber am Permanenter Link
Ja - wie jedermann feststellen kann!
Es fängt damit an, dass die Kirche festlegen durfte, dass kein weltliches Gericht über einen Papst urteilen darf und findet seine Fortsetzung, dass die Kirche ihre inneren Angelegenheiten selbst regeln darf. Wenn ein Priester betroffen ist, ist dies eben im Zweifelsfall eine innerkirchliche Angelegenheit.
Diese historischen Aspekte werden auch noch heute nicht in Frage gestellt!
A.S. am Permanenter Link
Man spürt förmlich, wie die deutsche Staatsgewalt vor Gottesfurcht zittert.
Joachim Stelling am Permanenter Link
Die Kirche richtet sich selber und die ungerechte Welt dazu: "Wie kann jemand von euch wagen, wenn er einen Streit hat mit einem andern, sein Recht zu suchen vor den Ungerechten und nicht vor den Heiligen?
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Hä!
Joachim Stelling am Permanenter Link
Die Heilige Schrift verlangt, dass die Kirche ihre Straftaten intern klärt. Die Vertreter der weltlichen Justiz sind z. T.
Arno Gebauer am Permanenter Link
Moin,
ich erwarte mit großem Interesse die Antwort des Bundesbeauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs an den Bund für Geistesfreiheit Neuburg-Ingolstadt K. d. ö. R. Sicherlich wird die obere Kirchenebene den Text für die Antwort nach vielen internen Beratungen abfassen.
Ich bin sehr froh, dass der Mißbrauch, sowie das ständig wachsende Kirchenvermögen trotz Abnahme der Kirchen-Mitglieder nicht mehr vertuscht werden kann und Thema in allen Medien bleibt.
Gruß
Arno Gebauer
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Im Grunde hat die Kirche keine Sonderrechte, sie nimmt sie sich einfach. Geht so ähnlich wie selbsternannter Staatschef. Oder Stellvertreter Gottes auf Erden.
Sascha Rauschen... am Permanenter Link
Die Kirche scheint sich über Jahrhunderte ein Schweigekartell aufgebaut zu haben, das bis heute ganz gut zu funktionieren scheint.
The Kasaan Times : Der Papst und Homosexualität – Kirche auf dem Prüfstand
https://de.thekasaantimes.de/2019/02/der-papst-und-homosexualitaet-kirche-auf-dem-pruefstand/