BERLIN. (hpd) Im Foyer des Friedrichstadt Palastes sind wir verabredet. Ben Becker, "einer der aufregendsten deutschsprachigen Schauspieler seiner Generation", feierte 2014 seinen 50. Geburtstag fernab der Familie. Am 25. April 2015 begleitete er seine älteste Tochter zur Jugendfeier und wird in der Festrede zu den Jugendlichen, ihren Familien und Freunden sprechen.
hpd: Guten Morgen Herr Becker, Sie sind heute mit der Familie hier. Sind Sie heute auch das Hauptthema?
Ben Becker: Nein, das ist heute meine süße Lilith. Ich bin fix und fertig. Bis heute Morgen um 5 Uhr habe ich an meiner Rede geschrieben. Ich weiß gar nicht, was hier auf mich zukommt. Ich würde am liebsten direkt wieder nach Hause. Seit einer Woche sind wir am Putzen, am Wienern, am Machen, der Garten. … alles, weil die ganze Familie da ist. Mein Papa, die Mama von der Lilith, die Frau von meinem Vater, meine Mutter, ich glaube, es sind an die 20 Leute.
Toll.
Nicht toll, es ist furchtbar.
Herr Becker, Lilith, der Name Ihrer Tochter erinnert mich an ein Hamburger Modelabel.
Daran habe ich noch nie gedacht. Lilith ist alttestamentarisch und die Dame, die vor Eva da war. Die hat der alte Herr da oben mit dem weißen Bart wieder eingezogen. Sie war eine Nummer zu heavy.
Wie kommt es zu Maria? Ihre zweite Tochter heißt Maria.
Ich liebe den Namen Maria. Es war mir egal, ob Junge oder Mädchen, Maria wäre für beides gut gewesen und Dörthe, das ist eine Schweinerei von mir es ging um Störthebecker, deshalb Dörthe Becker. (Lachen von beiden.) Ich gehe jetzt mal rein, mir ist auch viel zu heiß...
Nein, bitte, zur Weltanschauung ist noch eine Frage. Ist Weltanschauung für Sie ein Thema?
Ja. ... Absolut. naja, ... tief drinnen bin ich eigentlich immer noch Kommunist und Fan von August Thalheimer. Also ein Tisch ist ein Tisch und ist kein Tisch. Also, die Dinge in Frage zu stellen, immer wieder. Letztlich ist natürlich, ich sage einmal, die utopische Idee von Kommunismus ist eine wunderschöne. Ich rede nicht über den ehemals real existierenden.
Natürlich sind das Themen und deshalb beschäftige ich mich auch immer mit Religion und so, weil es existenzielle Themen sind. Wie lebt man zusammen, wie geht das alles. Das hier ist für mich eher Ex-DDR ... mit Jugendweihe habe ich eigentlich nichts am Hut.
Hatten Sie selber keine Jugendweihe?
Nein, ich komme aus einem kommunistischen Künstlerhaushalt. Da existiert so etwas nicht.
Eine aktuelle Frage: In Berlin wird ein Gesetz vorbereitet, das Sterbehilfe, Beihilfe zum Suizid zur Straftat machen will. Sterbehilfe am Ende des Lebens, wie stehst Du dazu?
Ja, Sterbehilfe, das ist so eine Geschichte. Wenn ich eine Pistole kaufe und lege einen um, dann kann ich das ja nicht als Sterbehilfe verkaufen. Aber, in dem Moment, wo es nötig wird, hat das bestimmt seine Berechtigung, so wie ein Hospiz auch seine Berechtigung hat.
Also Leuten sozusagen auf dem Weg "rüber" zu helfen, und wenn das die Bitte ist, dann finde ich es besser als wenn jemand die falschen Pillen nimmt, Nebenwirkungen zu Tage kommen und der Mensch hilflos wird. Man muss das natürlich alles sehr sensibel betrachten. Grundsätzlich finde ich es eine gute Idee, dem Menschen zu helfen.
Es ist wie mit allen anderen Sachen auch, man muss gucken, wie man damit umgeht. Wenn man Marihuana legalisiert, heißt es ja nicht, dass man den Kindern auf dem Schulhof fünf Gramm Koks in die Tasche steckt.
So, jetzt kümmere ich mich um meine Familie, was sagst Du, sehe einiger maßen gut aus, obwohl ich so wenig Schlaf hatte?
Ja, kein bisschen müde, perfekt der Anzug. Komplett, alles gut. Viel Spaß und danke.
Das Gespräch führte Evelin Frerk für den hpd.
4 Kommentare
Kommentare
Ille am Permanenter Link
Schade, dass auch er Jugendweihe/Jugendfeier nur mit Ex-DDR in Verbindung bringt. Die Feier hat schließlich ältere Wurzeln und DDR-unabhängige Entwicklung. Hält er eine Feier im Jugendalter grundsätzlich für unnötig?
Constanze Cremer am Permanenter Link
Interessante "Wandlung"?
http://www.aachener-zeitung.de/news/kultur/erzbengels-show-mit-dem-buch-der-buecher-1.302422
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
In der Tat. Becker ist Schauspieler und der stellt sein Spiel zur Schau, schaut aber selten, was er spielt.
Ich bin sicher, dass Becker maximal ein Folklorechrist ist, niemals aber ein wahrhaft Gläubiger. Die Bibel ist bekannt, ist eine Marke; auch eine Marke, die polarisiert. Geradezu prädestiniert für Aufmerksamkeit und die führt oft genug zum Erfolg. Und warum sollen nur Pfaffen an der Bibel verdienen? Er hat das ganze wenigstens künstlerisch aufgemotzt, denn das kann er wirklich gut.
Jetzt müsste halt noch das Kontrastprogramm von ihm kommen: Becker spielt Szenen aus "Das Leben des Brian". Oder er liest die Stellen aus der Bibel, die ihm sein Theologenfreund vorenthalten hat, die etwas abgehangeneren, blutigeren. Abraham oder Lot, die voller Gottesliebe im Herzen ihre Kindern opfern wollen.
Oder - ein Spur provokanter (deshalb doppelt gut fürs Marketing): Becker liest die makabren Stellen aus Bibel und Koran im Wechsel mit den sanften, sozialverträglichen Passagen aus Hitlers "Mein Kampf!" Das wäre eine echte Herausforderung, denn in "Mein Kampf" habe ich viele zusammenhängende Seiten gefunden, die sich (aus dem Zusammenhang gerissen) für soziale Gerechtigkeit, Gesundheitsvorsorge und Schulbildung auch zugunsten sozialer Randgruppen stark machen. Ein solches Projekt würde die "Unethik" der Bibel und Hitlers "Pseudoethik'' bloßstellen. Ob sich Becker das trauen würde?
Constanze Cremer am Permanenter Link
Interessant, das mit "Mein Kampf". Das wäre mal ein prima Projekt: Aufklärung pur.
Und Becker: vielleicht sehe ich ihn zu negativ, aber ich hätte so das Gefühl, er würde nicht mal verstehen, worum es da ginge:
"Was bedeutet Ihnen Jesus Christus?
Becker: Den liebe ich. Für jeden von uns hing dieser Mann am Kreuz. Der ist für mich ein Revolutionär, ein großartiger Mann, den man für das, was er gemacht hat, vielleicht auch heute kreuzigen würde."
http://www.rp-online.de/kultur/kunst/jesus-christus-den-liebe-ich-aid-1.2023139