Kein bisschen Frieden

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Foto-Montage: Thomas Häntsch

(hpd) Das Abbrennen der Kerzen in der Adventszeit als „Friedenslicht aus Bethlehem“ soll ein Gleichnis für den Frieden in der Weihnachtszeit sein. Was es damit, jenseits aller Legende, auf sich hat, das zeigt der Konflikt der abrahamitischen Religionen im „Heiligen Land“.

Im Winter, wenn die Tage kürzer, die Phasen der Dunkelheit immer länger werden, sehnt sich jeder Mensch nach Licht. Das ist eine natürliche Veranlagung, denn mit weniger Licht laufen viele der biochemischen Vorgänge in unserem Körper anders als im Sommer ab. Angesichts dieses natürlichen Mangels ist es nur zu verständlich, dass alle Möglichkeiten, Licht zu erzeugen, ausgeschöpft werden. Offenes Licht wie Kerzen spielen dabei eine ganz besondere Rolle, geben sie doch neben dem Licht auch ein Gefühl von Wärme. Kerzenschein erzeugt eine Stimmung, die mit keiner anderen Art von Lichtquelle ersetzt werden kann.

Selbst Mitmenschen, die das Jahr über nicht auf Kerzenschimmer – Romantik stehen, beginnen spätestens zu Beginn der Adventszeit mit dem Aufstellen von Lichtern aus Wachs, die sie sich gleich zu Beginn des weihnachtlichen Kaufrausches besorgen. All das ist nachvollziehbar und mit unserer, in Jahrhunderten gewachsenen, mitteleuropäischen Kultur zu erklären.

Merkwürdig hingegen muten manche der Weihnachtsaktionen an, bei denen das Licht immer eine große Rolle spielt. Die meisten dieser Veranstaltungen dienen dem Einsammeln von Spenden. Eine kleine Gabe, so suggerieren die Promis, die häufig aus der so genannten volkstümlichen Musikszene kommen, bringe auch den Armen ein wenig Licht in der Weihnachtszeit. Damit ist die Lichtverschwendung aber noch nicht zu Ende.

Eine besonders fragwürdige Aktion ist das Aufstellen des „Friedenslichtes“ aus Bethlehem. So geschehen auch in der Sendezentrale des Mitteldeutschen Rundfunks in Leipzig. Der öffentlich–rechtliche Sender dürfte angesichts der ihm zufließenden Steuermittel und Abgaben kaum Probleme haben, sein Stammhaus zu beleuchten. Aber darum geht es auch nicht, denn was dort brennt, soll ein Gleichnis für den Frieden in der Weihnachtszeit sein.

Dazu muss man wissen, dass das Licht in der christlichen Gläubigkeit als das weihnachtliche Symbol schlechthin verstanden wird. Angeblich verhießen die Propheten des Alten Testaments dem Volk, das in Dunkelheit lebte, ein Licht, das über ihm strahlen wird. Die Hirten auf dem Feld von Bethlehem erfuhren gewissermaßen im Glanz des Lichtes von der Geburt Christi. Ein weiteres Licht in Form eines leuchtenden Sterns führte dann die Sterndeuter aus dem Osten zur Krippe des unbefleckt gezeugten Kindes. So will es die Legende.

Auf die Idee, ein Licht in Bethlehem zu entzünden und es nach Österreich zu holen, kam der ORF im Jahr 1986. Mittlerweile wird das Flämmchen in ca. 30 Länder verschickt. 2010 Jahr wurde ein kroatischer Junge nach Bethlehem gesandt, der das Licht in der (angeblichen) Geburtsgrotte Jesu Christi entzündete und es nach Österreich brachte. Der hellen und glitzernden Werbeaktion für das Christentum waren ab diesem Zeitpunkt kaum noch Grenzen gesetzt. Die Besinnung in der Vorweihnachtszeit war eingeläutet oder besser ins Licht gerückt.

Zur Besinnung kommen sollte man angesichts dieser tragischen Komödie tatsächlich.

Denkt irgendeiner der Proteges der Aktion daran, dass eben dieses Licht aus einer der dunkelsten Ecken der Welt stammt – jedenfalls, was das friedliche Miteinander betrifft. Dunkel deshalb, weil sich rings um den Ort Bethlehem der Konflikt der großen abrahamitischen Religionen in aller Deutlichkeit zeigt.

Die drei großen Weltreligionen, die alle auf Abraham gründen, und sich trotzdem jahraus jahrein wie Kain und Abel aufführen, befehden sich ausgerechnet im „Heiligen Land“, wie die Gegend um den Ort Bethlehem auch genannt wird, bis auf`s Messer. Der angebliche Geburtsort von Jesus ist von Mauern, Straßensperren und Kontrollposten umgeben. Militär und Sicherheitskräfte haben alle Hände voll zu tun, um die Menschen, die nach Bethlehem pilgern, zu schützen. Wenn Jesus in dieser Grotte zur Welt gekommen ist, dann war dort der Ausgangspunkt des Christentums, das erst durch Kaiser Konstantin zu Größe und Macht gelangte und zur Staatsreligion erhoben wurde.

Als die Macht gewonnen oder besser geschenkt war, gingen die Christen dazu über, alles, was sich nicht freiwillig unterordnete, mit Gewalt zu missionieren. Was in der Geschichte an Leid und Unrecht von Christen und im Namen dieser und anderer Religionen begangen wurde, steht heute in so manchem Buch. Anfang des 21. Jahrhunderts ist das „Heilige Land“ ein Pulverfass und ein Zeugnis dafür, dass Religionen kaum dazu beitragen, die Welt ein bisschen friedlicher zu machen.

Wer das Licht aus Bethlehem braucht, wer an die Weihnachtsgeschichte glaubt, die Riten und Bräuche pflegt, soll dies in persönlicher Freiheit tun und dabei nicht behindert werden.

Doch von dort symbolisch ein Licht zu holen und es als Friedenslicht in Mitteleuropa zu „verkaufen“, das sollte man – wenn es überhaupt nötig ist – allein den Kirchen überlassen. Das gehört ganz eindeutig in deren Aufgabengebiet und in deren Gotteshäuser.

In Zeiten abnehmender Religiosität, Kirchenferne und Unwissen über den religiösen Inhalt des Weihnachtsfestes, sollte sich ein öffentlich rechtlicher Sender aus derartigen Dingen heraus halten. Die Kritik richtet sich aber nicht nur an die Verantwortlichen des MDR. Die Hauptursache für derartige Kampagnen liegt in der kirchenbuhlerischen Politik, die in Deutschland an der Tagesordnung ist. Die Tatsache, dass GEZ Gebühren für die Missionsarbeit der Kirchen genutzt werden, ist nicht neu, man hat sich fast schon daran gewöhnt.

Auch die Auftritte des Bundespräsidenten zu Hause und im Ausland enden irgendwann immer in einer Kirche. Kaiser Konstantin lässt grüßen. Ist es angesichts dieser Tatsachen nicht angebracht in der Adventszeit zur Besinnung aufzurufen? Denn! Nicht immer ist Licht, wo ständig Kerzen brennen.

Thomas Häntsch