Kruzifixe im Gerichtssaal

In Saarbrücken wird nicht mehr unter dem Kreuz verhandelt

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SAARBRÜCKEN. (hpd) Der Präsident des Saarbrücker Amtsgerichts, Stefan Geib, hat die Kreuze in den Sitzungssälen des Gerichts entfernen lassen. Damit wurde die Debatte um das Kruzifix im Gerichtssaal neu entfacht. 

Nach Angaben des Justizministeriums wurden in den meisten saarländischen Gerichtssälen die Kruzifixe im Laufe der vergangenen Jahren entfernt. Offenbar ohne großes Aufsehen. Die religiösen Symbole hängen derzeit noch in 30 von 83 Gerichtssälen. Nun ist die Diskussion um das Kreuz jedoch neu entbrannt. Über die Anordnung des Präsidenten des Saarbrücker Amtsgerichts, Stefan Geib, die verbliebenen Kruzifixe in den örtlichen Gerichtssälen entfernen zu lassen, berichtete am Mittwoch Morgen die Saarbrücker Zeitung

Darin erklärte Stefan Geib, dass das Kreuz "auch Symbol einer Autorität" sei. "Es ist jedoch nicht diese Autorität, die für die Rechtsprechung eines staatlichen Gerichtes maßgeblich ist. Es ist nicht diese Autorität, in deren Namen wir Recht sprechen. Damit hat es in einem Sitzungssaal keine Daseinsberechtigung", schrieb Geib. Vielmehr sei eine von Freiheit und Toleranz geprägte Werteordnung in einem neutralen Sitzungssaal durchzusetzen. Denn die vergangenen Debatten hätten gezeigt, dass das Kreuz dem Ansehen eines Gerichtes geschadet habe. Wenn Menschen sich nicht mit dem christlichen Symbol identifizierten, könne es innerlich Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Richters erzeugen.

Bei Gesetzesbrüchen, die religiös begründet werden, müsse zudem deutlich gemacht werden, dass "weder religiös begangene Straftaten noch religiös begründetes ungebührliches Verhalten im Sitzungssaal" toleriert werden könnte, so Geib.

CDU und Kirche kritisieren die Entscheidung

Roland Theis, Generalsekretär der CDU-Saar, kritisierte Geibs Entscheidung: "Von ihr geht das fatale Signal aus, unsere Werte und Symbole befänden sich auf dem Rückzug", so Theis. Auch Stephan Kolling (CDU), Staatssekretär im Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Saarlandes, sprach sich auf seiner Facebook-Seite gegen das Abhängen der Kruzifixe aus: "Kreuze gehören zu unserer Kultur: sie stehen für humanistische, soziale und christliche Werte, für unsere Geschichte und für unser gesellschaftliches Zusammenleben: wer Kreuze abhängt, der legt seine Wurzeln ab."

Tobias Hans, Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion erklärte: "Das Kreuz gehört zu unserer christlich-abendländischen Kultur, es steht für Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe, Werte, auf denen unser Gemeinwesen basiert." Gerade gegenüber Einwanderern sei die Entscheidung "ein falsches Zeichen des Rückzugs".

Der Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Saar-West, Christian Weyer, bedauerte ebenso die Entscheidung des Saarbrücker Amtsgerichts. Das Entfernen der Kreuze sei ein Verzicht auf "ein Stück Ausdruck unseres kulturellen Selbstverständnisses." Ähnlich argumentierte eine Sprecherin des Bistums Trier: "Wir bedauern es, wenn Kreuze aus öffentlichen Gebäuden verschwinden. Das mag von manchen als Zeichen der Toleranz verstanden und befürwortet werden, für uns ist es ein Zeichen, dass wir unsere Tradition und Herkunft verleugnen."

Stellungnahme der Giordano-Bruno-Stiftung

Der Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, Michael Schmidt-Salomon, hingegen begrüßte die Entscheidung: "Die Werte des modernen Rechtsstaates sind säkular begründet – nicht religiös. Dies sollte auch in der Gestaltung der Gerichtssäle zum Ausdruck kommen." Im Unterschied zu Tobias Hans, dem Schmidt-Salomon eine kritische Auseinandersetzung mit der "Legende vom christlichen Abendland" empfahl, sieht der gbs-Sprecher im Abhängen der Kreuze kein "falsches Zeichen des Rückzugs", sondern ein "notwendiges Signal des gesellschaftlichen Fortschritts": "Menschen, die aus Regionen stammen, in denen Politik, Justiz und Alltag von religiösen Normen bestimmt wurden, wird durch das Abhängen der Kreuze im Gerichtssaal ein Kernprinzip der modernen Rechtsprechung vor Augen geführt, nämlich dass Religionen nicht über dem Gesetz stehen und Menschenrechtsverletzungen auch dann nicht toleriert werden, wenn sie mit jahrtausendealten 'heiligen Werten' begründet werden. Integrationspolitik kann nur unter der Voraussetzung gelingen, dass diese Botschaft verstanden wird. Hierzu aber muss sie glaubhaft vermittelt werden, was im Schatten des Kreuzes schwerlich möglich ist. Daher hat der Präsident des Saarbrücker Amtsgerichts mit seiner Entscheidung zur Stärkung des säkularen Rechtsstaates beigetragen – und dazu kann man ihm nur gratulieren."