Vertreter von vier nichtreligiösen Organisationen in Niedersachsen, der kirchenkritischen Giordano-Bruno-Stiftung (GBS), der Bürgerrechtsvereinigung Humanistische Union (HU), der Weltanschauungsgemeinschaft Humanistischer Verband Niedersachsen (HVD) und des Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) hatten am 29.1.2014 ein Gespräch mit Ministerpräsident Stephan Weil zur Religionspolitik. Die Organisationen drückten den Wunsch aus, die Politik möge die konfessionsfreien Bürgerinnen und Bürger angesichts der zunehmenden Säkularisierung der Gesellschaft bei der Behandlung von Fragen der Religion und der Weltanschauung gleichberechtigt beteiligen; schließlich gehöre rund ein Drittel der Bevölkerung weder einer christlichen, jüdischen oder muslimischen noch einer anderen Religionsgemeinschaft mehr an.
Bei der Erörterung von Fragen der kirchlichen Präsenz in den Schulen und der Staatsleistungen an die Kirchen wurden erhebliche Meinungsunterschiede zwischen dem Ministerpräsidenten einerseits und den Verbänden andererseits deutlich.
Die Verbände kritisierten die dominante Stellung der Kirchen im Schulalltag und die Trennung der Schüler im Religionsunterricht je nach der religiösen Orientierung der Eltern. Gerade bei der Behandlung von Lebensfragen sowie bei der Vermittlung von Werten und Kenntnissen über die Religionen sei ein gemeinsamer Unterricht für alle wünschenswert. Der Ministerpräsident wollte hier ein Problem allenfalls dann sehen, wenn religionsferne Kinder und Eltern wegen ihrer Sonderstellung Nachteilen in der Schule ausgesetzt sein sollten, was natürlich schulischerseits verhindert werden müsse. Dem Vorschlag der Verbände, einen gemeinsamen Unterricht in einem Fach wie „Werte und Normen“ oder Ethik für alle Schülerinnen und Schüler vorzusehen, wolle das Land nicht nähertreten.
Bei der Frage, wann endlich die historisch begründeten Staatsleistungen an die Kirchen (in Niedersachsen derzeit rund 40 Mio. Euro im Jahr) abgelöst werden, verwies der Ministerpräsident darauf, das Land habe angesichts der anstehenden Schuldenbremse derzeit keine zusätzlichen finanziellen Mittel für Ablösungsentschädigungen an die Kirchen. Demgegenüber verwiesen Vertreter der Verbände darauf, dass es, auch mit Blick auf die bereits geleisteten Zahlungen der Länder, auf Dauer hier gerade deutliche Einsparmöglichkeiten gebe. Im Übrigen biete es sich an, darüber endlich auch mit allen Beteiligten in konkrete Gespräche einzutreten, wie dies die Kirchen auch angeboten hätten.
Sigrun Stöllger, Giordano-Bruno-Stiftung
Johann-Albrecht Haupt, Humanistische Union
Lutz Renken, Humanistischer Verband Niedersachsen
Hans-Jürgen Rosin, Internationaler Bund der Konfessionslosen und Atheisten