Die „Weniger als 1 %“ setzen sich zur Wehr

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Foto: Cathleen O'Grady

UGANDA. (hpd/tfa/AA) In vielen Ländern auf der ganzen Welt forcieren religiöse Gruppen eine konservative Sozialpolitik und behalten ihren Zugriff auf die Gesellschaft durch eine Dominanz des öffentlichen Diskures und die Bereitstellung von sozialen Dienstleistungen. In Uganda, einem außerordentlich religiösen Land, setzt sich die kleine, aber lautstarke atheistische Bewegung dagegen zur Wehr – hart.

Von Cathleen O'Grady

Obwohl Uganda per Gesetz die Religionsfreiheit garantiert, ist die Realität komplizierter. Eine Pew-Umfrage (aus 2010) ergab, dass 99 Prozent der Befragten in Uganda sich als religiös identifiziert, wobei 86 Prozent von ihnen sich als Christen und 13 Prozent als Muslime bekennen. Das lässt 1 Prozent der Bevölkerung übrig, die Minderheitsreligionen (einschließlich Hinduismus, afrikanische traditionelle Glaubenssysteme, Baha'i, etc.) darstellen - und die Nicht-religiösen. Es ist zudem erwähnenswert, dass die religiöse Bevölkerung in Uganda auch, na ja, tatsächlich religiös ist, da 86 Prozent der Befragten angeben, dass Religion "sehr wichtig" in ihrem Leben sei, 82 Prozent besuchen die wöchentlichen Gottesdienste und 71 Prozent der Christen und 74 Prozent der Muslime bestätigen, dass ihre heiligen Bücher das buchstäbliche Wort Gottes sind.

Das ist nicht nur ein Sonntags-Christentum: es umschließt jeden Aspekt des Lebens der Menschen.

Trotz das säkulare Gesetze des Landes sind 64 Prozent der Christen und 66 Prozent der Muslime dafür, dass ihre Religionen das offizielle Gesetz des Landes sein sollten. Der Präsident, Yoweri Museveni, ist eng mit der mächtigen Covenant Nations Church [Anm.: Evangelikale „Wiedergeborene“] verbunden, die von seiner Tochter geleitet wird und dafür bekannt ist, zu propagieren, dass die Ugander Gott vertrauen, indem sie an ihn als Präsident glauben. Seine Frau Janet ist gleichzeitig Mitglied des Parlaments und Schirmherrin der Pfingstkirchen von Uganda. Über sie wurde auch berichtet, dass sie andeutete, ihre politische Macht sei ihr von Gott gegeben.

Selbst in einem theoretisch säkularen Staat macht die Religion ihre Präsenz sowohl durch die schiere Mehrheit der Gläubigen bekannt wie über die Gesetzgebung, die sie beeinflusst. Mit 76 Prozent der Bevölkerung, die glauben, dass Abtreibung unmoralisch ist, und 79 Prozent, das Homosexualität moralisch falsch ist, ist es keine Überraschung, dass eine religiös motivierte Gesetzgebung (wie das infame Anti-Homosexualitäts-Gesetz) die Unterstützung der Bevölkerung bekommt.

In diesem Umfeld ist die leidenschaftliche atheistische Bewegung in Uganda entstanden, mit zwar wenigen offiziellen Organisationen, aber greifbaren Effekte und lauten Stimmen.

Säkulare Organisationen

UHASSO, die Uganda Humanist Association, ist eine Dachorganisation, die verschiedene humanistische Organisationen vereint; mit einem starken Fokus auf soziale Wohlfahrt, die Förderung der Einheit über soziale Grenzen hinweg und die Förderung der Humanismus als humane Alternative zu religiösem und ethnischem Fanatismus.

Die Atheist Association of Uganda wurde im Jahr 2009 gegründet, um für die Trennung von Kirche und Staat zu kämpfen sowie den schädlichen Auswirkungen des Aberglaubens in der Gesellschaft Ugandas entgegen zu treten.

Freethought Kampala ist eine aktive Gesellschaft, die monatlich eine "Freidenker Nacht" veranstaltet: ein Forum für die Diskussion über eine breite Palette von Themen, darunter den Arabischen Frühling, Debatten über Techniken und das Problem der Skeptiker, die Amok laufen gegen Verschwörungstheorien. Die Gesellschaft existiert, um freies und kritisches Denken zu fördern und zieht viele Teilnehmer zu ihren Veranstaltungen, um in einem Publikum von mehreren Religionen den Dialog zu fördern.

James "Fat Boy" Onen, Radio-DJ und Mitbegründer von Freethought Kampala, hatte eigentlich nicht das Bedürfnis, seinen Mangel an religiösem Glauben mit anderen zu teilen, bis zu einer Diskussion in seiner Radio-Show über den Anstieg der gemeldeten Fälle von rituellen Kinderopfern für die Zwecke der Hexerei:

"Der öffentliche Diskurs konzentrierte sich darauf, wie böse Hexerei ist und wie sie gegen Gottes Willen sei, aber niemand sprach in der Diskussion darüber, wie irrational es ist. Jeder Versuch von mir, eine rationale Perspektive hinein zu bringen, stieß auf Widerstand, weil eine Menge Leute Hexerei als Kehrseite der Religion betrachten, und Hexerei ist das Werk des Teufels – und so wird der Glaube an die Wirksamkeit der Hexerei an den Glauben an die Existenz Gottes angebunden. Die Wirksamkeit der Hexerei zu leugnen war gleichbedeutend damit, das Christentum und die Existenz von Gott und dem Teufel zu leugnen. Auf die Frage, wieso ich nicht an die Existenz von Hexerei glaube und trotzdem an einen Gott glaube, musste ich irgendwie mit mir ins Reine kommen und sagte, nun ja, ich glaube auch nicht an Gott."

Der Glaube an Hexerei und Besessenheit ist in Uganda weit verbreitet, mit Kindern, denen manchmal vorgeworfen wird, sie seien besessen, wie im Falle einer Grundschule, die nach Berichten, dass die Kinder von Dämonen angegriffen worden seien, geschlossen wurde. Traditionelle afrikanische Religionen, die dem Christentum voraus gehen, sind die Wurzel des allgemeinen Glaubens an Hexerei und James Onen legt nahe, dass die zunehmende Beliebtheit der Pfingstbewegung für die Unterstützung dieses Weltbildes mit verantwortlich ist:

„Charismatisches Christentum macht alles noch schlimmer durch die Überbetonung [des Aberglaubens], durch Werbung dafür, durch den Glauben an den Anspruch, dass Hexerei wirksam ist und dadurch dieses Weltbild in ihr Weltbild vollständig absorbieren."

Die Auswirkungen dieses Glaubens auf die Menschen in Uganda sind niederschmetternd: Es ist über Praktiken im Zusammenhang mit Hexerei berichtet worden, die in Menschen-Opfern endeten. Darüber hinaus führt der Glaube an die heilenden Kräfte der Hexerei oft dazu, Menschen hinsichtlich evidenzbasierter Medizin zu Gunsten der traditionellen Heilung aufzugeben, was verheerende Auswirkungen auf das Land im Kampf gegen HIV / AIDS und damit verbundene Krankheiten wie Tuberkulose hat.

James Onen beschloss, der Öffentlichkeit Informationen über Hexerei, Skepsis und Freidenkerei im Allgemeinen zugänglich zu machen:

"Die Idee war, als Herausforderung für jeden, der die Wirksamkeit der Hexerei beweist, eine Geldprämie von zwei Millionen Ungandischen Schillingen [750 US $] auszuloben. Es gab einen ernsthaften Herausforderer, der nach vorne kam, aber es entpuppte sich als eine Schmach - als wir dort ankamen, begann der Hexendoktor Geschichten und Ausreden zu erzählen warum er es an diesem Tag nicht tun konnte. Mein Radiosender ist ein Mainstream-Privatsender, und eine Menge Leute waren an dem Ergebnis interessiert. Die Menschen verlassen sich auf Geschichten und auf’s Hörensagen, um ihren Glauben an die Hexerei zu erhalten. "