Kirchenmitglieder bekommen den Strom in Potsdam günstiger

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Während die Gaspreise durch die Decke gehen und viele Menschen sich wegen der steigenden Energiekosten sorgen, dürfen sich einige Stromkunden in der Region Potsdam über einen Schnäppchen-Tarif freuen. Das günstige Angebot steht jedoch nicht allen Abnehmern zur Verfügung. Es gilt ausschließlich für Kirchenmitglieder. Am billigsten kommen dabei die Katholiken weg.

Grundlage ist ein Deal zwischen den Kirchengemeinden und den Stadtwerken Potsdam. Nachdem viele Mitglieder der katholischen und evangelischen Gemeinden den Wunsch nach Öko-Strom geäußert hatten, einigte man sich 2004 auf einen neuen, günstigen Tarif namens "EchtKircheÖko".

Die Tarife sind nach Konfessionen gestaffelt. Am meisten sparen Mitglieder der katholischen Kirche: Für sie werden nur 25,28 Cent pro Kilowattstunde fällig, die Grundgebühr beträgt 9,25 Euro. Für Protestanten liegt der Preis bei 29,71 Cent pro Kilowattstunde. Wer keine kirchliche Bindung vorweisen kann, muss als Neukunde ab September 39,76 Cent zahlen – über 14 Cent mehr als Franziskus' Schäfchen.

Da es sich um langfristige Verträge handelt, gelten Preissteigerungen hier nur in sehr geringem Maße. Zum Vergleich: Ein anderer Anbieter in der Region, der Energiekonzern Vattenfall Berlin, hatte erst vor wenigen Tagen eine Preiserhöhung um satte 12,9 Prozent ab Oktober angekündigt.

Doch schon regt sich Kritik an den günstigen Kirchentarifen: Die Bild zitiert hierzu Stefan Wollenberg, Linken-Politiker und Mitglied im Aufsichtsrat der Potsdamer Stadtwerke: "Eine Bevorzugung religiöser Überzeugungen beim Strom- und Gaspreis darf es nicht geben." Wie lange die Tarife noch im Angebot bleiben, ist nicht bekannt.

Ob die günstigen Energiepreise den anhaltenden Trend zum Kirchenaustritt aufhalten werden, bleibt indes abzuwarten – für 2021 hat das Erzbistum Berlin einen Rekord an Kirchenaustritten verzeichnet.


Anmerkung der Redaktion: Zwei Einheitsangaben wurden im Text am 17.08.2022 um 13:00 Uhr korrigiert – Die Grundgebühr beträgt 9,25 Euro (nicht Cent) und Neukunden zahlen über 14 Cent mehr (nicht Prozent).


Nachtrag der Redaktion am 25.08.2022:

Die Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP) teilt in einer Pressemitteilung vom 12.08.2022 mit, dass es sich bei ihren Strom- und Gasprodukten "EWP Echt Kirche" nicht um eine Bevorzugung von Glaubensrichtungen handelt. Hierzu erläutert das Unternehmen:

"Grundsätzlich kann jede Institution, jeder Verein oder Verband, jedes Unternehmen mit der EWP eine Kooperations- und/oder Vertriebsvereinbarung schließen, mit entsprechend jeweils für deren Mitglieder, Mitarbeiter*innen, Mieter*innen, Kund*innen, etc. zugeschnittenen Produkten."

Die Verträge unterscheiden sich von der Grundversorgung durch andere Konditionen (Laufzeit und Preisgarantie), der Vertriebsweg erfolge über die jeweilige Organisation in Richtung von deren Zielgruppe. Weiter heißt es: "Auch Religionsgemeinschaften können diesen Weg wählen und haben dies in der Vergangenheit teilweise auch getan. Die EWP bewegt sich grundsätzlich auf dem Boden des Grundgesetzes. Der EWP geht es nicht um die Bevorzugung von Glaubensrichtungen."

Die EWP hat nach eignen Angaben ca. 100 solcher vertrieblicher Rahmenverträge, darunter mit Gewerbeunternehmen, Wohnungsgesellschaften, Sozialeinrichtungen, Vereinen, Verbänden, auch aus dem kirchlichen Bereich. Das Mitglied der jeweiligen Gruppe könne dieses Angebot annehmen und einen Vertrag auf der Grundlage des Rahmenvertrages abschließen. Allein die Zugehörigkeit zur jeweiligen Gruppe führe nicht automatisch zu einem Vertragsabschluss.

Zur Preisgestaltung des seit 2004 bestehenden Vertrags mit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz schreibt Pröpstin Dr. Christina-Maria Bammel am 21.08.2022:

"Darin vereinbarte die kirchliche Seite, einen höheren Preis als den Standardtarif zu bezahlen unter der Bedingung, dass für jede, vom Kirchenstromabnehmer bezogene Kilowattstunde zusätzlich 1,5 Cent in einen Umweltfonds zur Finanzierung ökologischer Projekte fließen, damals in Deutschland eine einmalige Aktion. Der vereinbarte Sondertarif galt auch noch, als im Frühjahr 2022 infolge von Putins Angriffs auf die Ukraine die Potsdamer Stadtwerke ihre Tarife erhöhen mussten. Nach 18 Jahren wurde somit aus dem höheren ein niedrigerer Preis für Gemeinden."

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