BERLIN. (hpd) Papst Franziskus, die vermeintliche moralische Autorität des Westens, war auf einer PR-Tour nach Lesbos, wohlwollend begleitet von den ihm ergebenen Medien.
Der erste Mann eines autokratischen Machtgefüges, das bis heute mittelalterliche Herrschaftsstrukturen pflegt. Frauen gelten in diesem System nach wie vor als nicht gleichberechtigt, Homosexuelle werden noch immer diskriminiert.
Er steht einer Kirche vor, die Zehntausende von Missbrauchsfällen an Kindern und Jugendlichen zu verantworten hat, deren Aufklärung systematisch vertuscht wurde und deren Täter bis heute immer wieder noch gedeckt werden. Eine Vatikanbank, die über Jahrzehnte von kriminellen Geschäften lebte und die noch nicht endgültig zeigen kann, dass sie sich zukünftig an die Regeln des Anstands halten wird. (Die gewiss nicht kirchenfeindliche FAZ titelte am 25. 09. 2013 in einem Kommentar: "Vatikanbank, Irish Bank und noch mehr Halunken")
Gemeldet wird, dass der Pontifex Maximus zehn Flüchtlinge nach Rom mitnehmen werde. Angesichts des immensen Reichtums dieser Kirche an Geld und Immobilien droht wohl nicht die Gefahr, dass er die Möglichkeiten seiner Institution überschätzt, diese in Not geratenen Menschen angemessen unterzubringen. Übrigens auch die griechische Kirche verfügt über einen immensen finanziellen Reichtum, über enormen Grundbesitz und tausende Klöster. Das wäre doch jetzt eine gute Gelegenheit, die so gern beschworene Nächstenliebe und die von anderen geforderte Barmherzigkeit selbst einmal beispielhaft zu demonstrieren.
Hat der Papst schon einmal darüber nachgedacht, worin diese Flüchtlingsbewegung ganz wesentlich auch begründet liegt und warum sie weiter andauern wird? Weite Teile des afrikanischen Kontinents leiden unter erbärmlichen wirtschaftlichen Zuständen: Arbeitslosigkeit, Hunger, Überbevölkerung. Nicht zu leugnen ist, dass die Ausbeutung dieses Kontinents ganz wesentlich durch westliche, inzwischen auch asiatische, Großkonzerne erfolgt. Hat diese sich gern als Weltgewissen ausgebende Institution den Mut, die Ausplünderung des Kontinents und dessen Küstengewässer anzuprangern und die wahren Schuldigen für Korruption und Misere zu nennen? Ich kann mich nicht erinnern, jemals von dieser Seite eine substantielle Kritik gehört zu haben. Aus gutem Grund nämlich schweigt der Papst zu dieser Problematik, ist er doch gleichzeitig das verantwortliche Haupt eines kircheneigenen, weltweit verzweigten, auf Gewinn orientierten Wirtschaftsgefüges, das auch seiner Kirche Milliarden Gewinne einbringt – auf Kosten jener Massen, die er so gern öffentlichkeitswirksam in seine Gebete einschließt.
Ja, er verehrt eine höchste Instanz ganz weit oben, so weit oben, dass man sie nicht mehr erkennen kann. Er attestiert ihr Allmächtigkeit, Allwissenheit und unendliche Barmherzigkeit. Ob dieser Wesenheit in ihrer Allwissenheit bekannt ist, dass in den Entwicklungsländern laut UNICEF derzeit täglich (!) etwa 22 000 Kinder unter fünf Jahren an Krankheiten sterben, das sind etwa 8 Millionen jährlich, Krankheiten, die behandelbar wären. Der Welthunger-Index 2010 gibt an, dass weltweit täglich (!) etwa 6 000 Kinder an Unterernährung sterben, das sind jährlich 2,2 Millionen. (Diese Zahlen werden sich bis heute nur unwesentlich, wenn überhaupt verbessert haben.) Hinter der Zahl von 1000 im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlingen stehen gewiss erschütternde Tragödien. Aber sind nicht 28 000 sterbende Kinder täglich (!) mindestens ebenso beklagenswert?
Auch wenn ich Papst Franziskus ganz persönlich sein Mitgefühl und seine Betroffenheit nicht absprechen möchte, so tritt er doch im Namen einer Institution auf, die sich mit einer Moral schmückt, die sie selbst nicht lebt. Dass Millionen katholischer Christen ihren guten Willen zu Hilfe und Solidarität täglich zeigen, will ich nicht in Frage stellen. Viele mögen es aus Sorge um einen guten Platz dereinst im Himmel tun, die große Mehrheit folgt wohl der Stimme ihres Herzens, einer emphatischen Regung ganz tief in uns drin, die uns die Evolution mitgegeben hat.
7 Kommentare
Kommentare
Andi am Permanenter Link
Erinnert mich im Ausmaß der Heuchelei an prominente Sportler usw., die auf Kosten des heimischen Steuerzahlers erfolgreich geworden sind, ihre Wohnsitze in Steuerparadiese verlegt haben, damit dem Fiskus Millionen vor
Wolfgang am Permanenter Link
Show, alles nur Show. Ein Stellvertreter Gottes auf Erden? Aber was für einer! Und dann noch ein machtloser Gott, der staatlich geschützt und gestützt werden muss, sonst fällt der noch selbst vom Glauben ab.
Andrea Diederich am Permanenter Link
Papst Franziskus kritisiert zurecht den Kapitalismus, die katholische Kirche ist
und bleibt durch und durch konservativ.
Daher braucht weder die Kirche noch der Kapitalismus Konsequenzen fürchten.
Klaus Bernd am Permanenter Link
Persönliche Betroffenheit mag man Bergoglio zwar nicht absprechen, aber immerhin scheint er ein gewisses mystisches Vergnügen daran zu haben, einem Armen ins Gesicht zu blicken; wie sonst sollte man diesen Passus aus
So kann ich nur zu der folgenden Ansicht kommen:
Dieser schamlose PR-Gag setzt dem Elendstourismus dieses Papstes die Krone auf. Nicht nur die Garnierung mit ein wenig christlicher Zahlenmystik – es war mal die Rede von 12 Flüchtlingen - sondern auch die esoterisch schmalzigen Aussagen auf der „fliegenden Pressekonfrenz“ sind höchst fragwürdig – jedenfalls für jemanden, der nicht dem unterwürfigen Personenkult um die Päpste verfallen ist: Er habe „gesehen, dass es der (Heilige) Geist war, der da sprach“; (als die Idee aufkam, KB) … Franziskus zitierte Mutter Teresa: „Mag sein, dass das nur ein Tropfen ins Meer ist – aber das Meer ist nach diesem Tropfen nicht mehr dasselbe.“
Das Meer war schon durch die Ankunft der 2000 neuen Flüchtlinge an diesem Tag auf Lesbos nicht mehr dasselbe. Warum ist der Heilige Geist nicht auf den Gedanken gekommen, das Geld statt für diese Reise für Dixi-Klos auszugeben ? Das wäre mit Sicherheit von größerem Nutzen gewesen.
Gleichzeitig scheut sich der Edelklerus in Polen nicht, mit einer Regierung gemeinsame Sache zu machen, die so gnadenlos wie keine andere in Europa, die Aufnahme von Flüchtlingen verweigert; man fragt sich, was für ein schmutziger Deal da gelaufen ist ? Das von der r.k.K. gewünschte noch frauenfeindlichere Abtreibungsgesetz im Gegenzug für schön milde Kritik an der Haltung zur Flüchtlingsfrage und anderen katastrophalen Entwicklungen in Polen ?
Und wenn M. Drobinski in der SZ meint, der Vatikan habe damit im Verhältnis zur Einwohnerzahl so viele Flüchtlinge aufgenommen wie Deutschland, dann legt er einen ganz falschen Maßstab an. Man braucht Immobilien, um die Flüchtlinge unterzubringen, und davon besitzt der Vatikan bzw. die r.k.K. , die man hier anstelle des Vatikan-Staates zu betrachten hat, außerhalb seines Staatsgebiets, in Rom, in Italien und in ganz Europa viel mehr im Verhältnis zu den aufgenommenen Flüchtlingen. Legt man nämlich diesen Maßstab an - wie es auch H. Lehnert in seinem Beitrag richtigerweise tut - dann schneidet der Vatikan ganz schlecht ab. Das ist kein Denkzettel für Europa, wie es in der Artikelüberschrift der SZ heißt, das wäre unverschämt und anmaßend, sondern eine Verhohnepiepelung all der Anstrengungen, die ibs. In Deutschland unternommen wurden und werden.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Wo heuchlerische Betroffenheitsindustrie am Werk ist, sind komplexe, aber klärende Ursachen von exakt Null Interesse.
Stefan Dewald am Permanenter Link
Da gebe ich das Wort weiter an Udo Jürgens: http://www.udojuergens.de/lied/gehet-hin-und-vermehret-euch
Klarsicht am Permanenter Link
Die erste Hälfte des Artikels im nachstehend aufgeführten Link lässt sich gewissermaßen als Fortsetzung des Artikels von Herrn Lehnert lesen.
Europäische Idee XLIV:
http://www.sokratischer-marktplatz.de/index.php?option=com_content&view=article&id=1376:europaeische-idee-xliv&catid=41:tagesmail&Itemid=57
Gruß von
Klarsicht