Bereits der Schuldspruch kam überraschend: Ein Gericht in Lyon hatte Philippe Kardinal Barbarin, Erzbischof von Lyon, wegen Vertuschung von Missbrauchsvorwürfen zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Nun will der 68-Jährige beim Papst ein Rücktrittsgesuch einreichen. Die Staatsanwaltschaft hatte keine Verurteilung gefordert, da ein Großteil der Taten verjährt ist.
Barbarin ist der höchste katholische Würdenträger Frankreichs. Nach Ansicht des Gerichts hat er jahrelang von den Vorwürfen gegen einen Priester seines Bistums wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen gewusst, ohne die Behörden zu informieren. In Frankreich ist jeder Bürger verpflichtet, Missbrauchsverdacht anzuzeigen. Wer solche Fälle dennoch verheimlicht, muss mir drei Jahren Freiheitsstrafe oder 45 000 Euro Geldbuße rechnen.
Vor Gericht sagte Barbarin aus, er habe erst 2014 von den Anschuldigungen gegen den Priester Bernard Preynat erfahren, als sich ein mutmaßliches Opfer an ihn gewandt hatte. Die Informationen seien jedoch nur "vage" gewesen. "Ich sehe nichts, wofür ich schuldig sein sollte", zitiert ihn die Deutsche Welle unter Berufung auf die Zeitung La Croix. Der Urteilsverkündung war der Kardinal ferngeblieben, seine Anwälte wollen in die Berufung gehen.
Neben dem Kardinal mussten sich in dem aufsehenerregenden Prozess auch andere Kirchenmänner wegen Vertuschung verantworten: Maurice Gardes (Erzbischof von Auch), Thierry Brac de la Perrière (Bischof von Nevers) und der Priester Xavier Grillon. Zwei weitere waren der Vorladung nicht gefolgt. Kurienkardinal Luis Ladaria, Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre im Vatikan, und sein Vorgänger Ludwig Kardinal Müller beriefen sich dabei auf ihre strafrechtliche Immunität. Der beschuldigte Priester Bernard Preynat steht demnächst in einem eigenen Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen vor Gericht.
Bereits 2016 hatte die Staatsanwaltschaft begonnen, gegen Preynat zu ermitteln. Da viele Fälle bereits verjährt waren, wurden die Ermittlungen jedoch eingestellt – eine Nachricht, die Bischof Barbarin mit den Worten "Gott sei Dank!" kommentiert hatte. Dass die Fälle nun erneut aufgerollt wurden, ist Verdienst des Opfervereins "La Parole Libérée" (etwa: "Die befreite Rede"), mitbegründet vom mutmaßlichen Missbrauchsopfer Alexandre Hezez aus Sainte-Foy-lès-Lyon.
Der ehemalige Pfadfinder Hezez hatte den Erzbischof im Juli 2014 über seine Vorwürfe gegenüber dem ihm unterstellten Priester informiert. Berichten zufolge sagte Barbarin ihm zu, den Fall umgehend im Vatikan zu melden. Als Preynat im Sommer 2015 noch immer im Amt war, schaltete Hezez die Justiz ein. Im Verlauf der Ermittlungen meldeten sich weitere mutmaßliche Opfer, die meisten ebenfalls frühere Pfadfinder. Sie gaben an, dass sich die Missbrauchsfälle zwischen 1986 und 1991 in Wochenendlagern zugetragen hätten. La Croix geht sogar von bis zu 70 minderjährigen Opfern aus, die Preynat in den 1970ern missbraucht habe.
Erklärtes Ziel des Opfervereins ist es, "eine öffentliche Debatte über das Vertuschen sexuellen Missbrauchs in der Kirche anzuzetteln". Zehn Mitglieder traten im Prozess als Nebenkläger auf.
Sogar innerhalb der katholischen Kirche findet der Opferverein Unterstützung: Nicht weniger als 110 000 Unterschriften für die Abberufung Barbarins hat der Priester Pierre Vignon für eine Petition gesammelt.
Es ist nicht das erste Mal, dass ein Gericht in Frankreich kirchliche Würdenträger wegen Vertuschung von sexuellem Missbrauch durch pädophile Priester schuldig spricht: Bereits 2001 wurde der Bischof von Bayeux zu drei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, 2018 erhielt der Bischof von Orléans eine Bewährungsstrafe von acht Monaten.
7 Kommentare
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Warum passiert hier bei uns in Deutschland nichts, warum werden diese Verbrecher bei uns geschont. Dieser Zustand ist unerträglich und jeder der noch in die Kirche geht, unterstützt diese Verbrechen mit.
Jeder, der bei der nächsten Wahl noch eine Partei mit dem "C" im Logo wählt, macht sich ebenso mitschuldig, da diese zu den verlogenen Heuchlern und Sexualverbrechern halten.
Mit Frau Annegret Krampf-Knarrenklauer o.s.ä. haben wir eine Hardcore Christin an der
Spitze der C Partei und wenn diese Person Bundeskanzlerin werden sollte, macht die BRD
einen großen Schritt zurück in Richtung Mittelalter.
Kirche und C-Politiker sehen uns nur als zahlende Masse und nicht als Individuen mit
Hoffnungen und Ängsten. Denen ist es scheiß Egal was wir denken, Hauptsache wir zahlen brav unsere Steuern und halten das Maul. Demokratie sieht anders aus !!
Aber das tun wir nicht länger, nein wir sagen was Sache und faul ist im Staate, macht euch darauf gefasst.
G.B.
A.S. am Permanenter Link
Das liegt am Religionsunterricht in den Schulen; die Menschen hier sind massenweise verblendet worden.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Allgemeine Buch Empfehlung:.. Keine Macht den Doofen von Schmidt-Salomon.
Kay Krause am Permanenter Link
1.) Verjährungsfristen für sexuellen Mißbrauch an Kindern und Jugendlichen sind ab sofort auszusetzen!
2.) Es spricht doch für sich, dass nicht etwa der Papst diesen "ehrwürdigen Herrn" Barbarin
Was für ein elendiger Sauhaufen ist das bloß?!
Und Frage: werden Staatsanwälte eigentlich auch wegen Vertuschung zur Rechenschaft gezogen, wenn sie bekannten Straftaten dieser Art nicht nachgehen?
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Worauf bekommt ein Kinderschänder eigentlich noch Bewährung? Er hat sich doch schon als Bischof "Bewährt"!
Inge Hüsgen am Permanenter Link
Update: Das Rücktrittsgesuch von Erzbischof Barbarin wurde vom Papst abgelehnt. Grund sei die Unschuldsvermutung, so Barbarin, https://www.sueddeutsche.de/panorama/kardinal-ruecktritt-franziskus-1.4374654.
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Wieso wundert mich das nicht im Geringsten?
Hat irgendwer gegalubt, der Chef der Kinderfickersekte sei auch nur einen Deut besser als seine kriminellen Schafe?