ifw-Verfassungsfeier thematisiert die Licht- und Schattenseiten des deutschen Rechtssystems

Festakt "70 Jahre Grundgesetz" in Karlsruhe

Mit dem 1949 in Kraft getretenen Grundgesetz wurden wesentliche Elemente der UN-Menschenrechtserklärung in die deutsche Verfassung aufgenommen. 70 Jahre Grundgesetz sind daher ein guter Grund, diesen Meilenstein der deutschen Geschichte zu feiern. Sie bieten aber auch einen Anlass dazu, kritisch über die Frage nachzudenken, ob der Verfassungstext bereits Verfassungswirklichkeit ist. Aus diesem Grund thematisiert der Festakt des Instituts für Weltanschauungsrecht (ifw) am 22. Mai nicht nur die Licht-, sondern auch die Schattenseiten des deutschen Rechtssystems.

Cover

Als Festredner für die Verfassungsfeier im Schlosshotel Karlsruhe konnte das Institut für Weltanschauungsrecht einen herausragenden Experten gewinnen: Thomas Darnstädt hat jahrzehntelang für den Spiegel über Rechtspolitik, Demokratie und das Grundgesetz geschrieben. In seinem 2018 erschienenen, vielgelobten Buch "Verschlusssache Karlsruhe: Die internen Akten des Bundesverfassungsgerichts" ist es ihm meisterhaft gelungen, weitgehend unbekannte Hintergründe der jüngeren deutschen Rechtsgeschichte zu erhellen. So beschreibt Darnstädt, wie die Karlsruher Richterinnen und Richter nach dem Untergang des nationalsozialistischen Unrechtsstaates die Grundlagen für eine freiheitliche Gesellschaft legten und die Gleichberechtigung der Geschlechter gegen den erbitterten Widerstand religiös-patriarchaler Kräfte durchsetzten.

Darnstädt schildert aber auch die dunklen Stunden des Bundesverfassungsgerichts, beispielsweise bei der Bewertung der Homosexuellenverfolgung (§ 175 StGB) oder bei der Debatte um den Schwangerschaftsabbruch (§ 218 StGB). In beiden Fällen hat das höchste deutsche Gericht eine unrühmliche Rolle gespielt, da es religiöse Sittlichkeitsvorstellungen über die im Grundgesetz verankerten Selbstbestimmungsrechte des Individuums stellte. Die ehemalige FDP- und SPD-Spitzenpolitikerin Ingrid Matthäus-Maier, die am 22. Mai an der Diskussion im Karlsruher Schlosshotel mitwirken wird, gestand nach der Lektüre von Darnstädts Buch, dass sie "Tränen der Wut" in den Augen hatte, als ihr das ganze Ausmaß der kirchlichen Einflussnahme auf das Bundesverfassungsgericht bewusst wurde.

Plakat zur Veranstaltung
Plakat zur Veranstaltung

Der ifw-Festakt im Schlosshotel Karlsruhe (Bahnhofplatz 2, 76137 Karlsruhe) beginnt mit einem Sektempfang um 19:30 Uhr. Nach dem Festvortrag von Thomas Darnstädt und der anschließenden Podiumsdiskussion findet eine Verfassungsfeier mit kleinen Speisen und Getränken, Musik und guten Gesprächen statt. Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei, eine Anmeldung jedoch zwingend erforderlich. Der Festakt ist als Ergänzung zu den offiziellen Feierlichkeiten mit Frank-Walter Steinmeier am 22. Mai in Karlsruhe gedacht. Empfangen wird der Bundespräsident vor Ort auch von der Säkularen Buskampagne, die am 22. und 23. Mai in Karlsruhe präsent sein wird, um für eine stärkere Beachtung des Verfassungsgebots der weltanschaulichen Neutralität zu werben.