Unberechtigte Rassismus-Vorwürfe gegen Karikaturistin Franziska Becker

Shitstorm wegen islamkritischer Karikaturen

Am Samstag wird die Karikaturistin Franziska Becker für ihr Lebenswerk mit der Hedwig-Dohm-Urkunde des Journalistinnenbundes geehrt. Doch im Vorfeld der Verleihung entbrannte ein Shitstorm gegen Becker, weil sie in einigen Karikaturen auch den fundamentalistischen Islam satirisch aufs Korn nimmt. Der Vorwurf: Sie sei islamfeindlich und rassistisch.

Die Karikaturistin Franziska Becker "ist eine der profiliertesten, journalistisch-feministisch engagierten und erfolgreichen Persönlichkeiten, die seit Jahrzehnten spitzfedrig und scharfzüngig das Mit-, Für- und Gegeneinander von Frauen und Männern genüsslich in Szene zu setzen weiß". So der Journalistinnenbund über seine diesjährige Preisträgerin, die am Samstag in Berlin die Hedwig-Dohm-Urkunde für ihr Lebenswerk erhalten wird.

Franziska Becker wurde vor allem durch ihre Karikaturen in der Frauenzeitschrift EMMA bekannt, für die sie seit Ende der 1970er Jahre zeichnet. Doch Becker veröffentlichte auch in Zeitschriften wie der Titanic, dem Stern oder Psychologie heute. Ihre Cartoons und Karikaturen drehen sich meist um feministische Themen, mitunter auch selbstironisch. Nicht selten bekam hierbei wegen ihrer fragwürdigen Haltung zu Frauenrechten die katholische Kirche ihr Fett weg – und seit 1991 gelegentlich auch der fundamentalistische Islam aus demselben Grund.

Beispielbild
Franziska Becker (© EMMA)

Insgesamt sieben Mal beschäftigte sich Becker laut EMMA in der Frauenzeitschrift von 1991 bis 2016 zeichnerisch mit der Politisierung des Islam und der Verharmlosung von Scharia und Burka:

EMMA 9/1991: Schleierhafter Unterschied

EMMA 6/1995: Nur ein Stück Stoff

EMMA 6/2003: Kopftuch & Co.

EMMA 6/2007: Türban mültigülti

EMMA 1/2014: Aus freiem Willen.

EMMA 3/2015: Auf Tuchfühlung

EMMA 6/2016: Nur ein Stück Stoff

Diese Zeichnungen sind es, die nach Bekanntgabe der diesjährigen Preisträgerin des Journalistinnenbundes bei Twitter zu einem Shitstorm gegen Becker führten. Auslöser war ein Tweet der türkischstämmigen Autorin und Journalistin Sibel Schick vom 24. Juni: "Journalistinnenbund zeichet die Arbeit der Emma-Karikaturistin Franziska Becker aus. Sie ist hauptsächlich mit ihren islamfeindlich-rassistischen Comics bekannt."

Obwohl bereits Schicks Aussage, dass Becker hauptsächlich für ihre Comics zum Thema Islam bekannt sei, nachprüfbar falsch ist, erhielt Schicks Tweet Zuspruch von mehreren hochrangigen Medienschaffenden. Jakob Augstein, Miteigentümer der Spiegel-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG sowie Verleger und Chefredakteur der Wochenzeitung "der Freitag" twitterte: "Für mich sieht das so aus als könne es auch in der Jungen Freiheit stehen." Und die Chefredakteurin des Frauen-Business- und Lifestyle-Magazins "Edition F" Teresa Bücker erklärte auf Twitter: "Da wird einem ja schwindelig, so offen rassistisch insbesondere gegenüber kopftuchtragenden Frauen sind die (Zeichnungen – Anm. d. Red.)."

Der Twitter-Shitstorm gegen Becker führte beim Journalistinnenbund zum Rechtfertigungsdruck. In einem Interview mit Deutschlandfunk Kultur schwankt die Vorsitzende des Journalistinnenbunds, Rebecca Beerheide, zwischen einer Verteidigung der geplanten Auszeichnung Beckers und der Distanzierung von ihren islamkritischen Zeichnungen.

Denn genau das sind Beckers Zeichnungen: islamkritisch, nicht islamfeindlich-rassistisch. Sie kritisieren die alles andere als gleichberechtigte Stellung der Frau gegenüber dem Mann im fundamentalistischen Islam. Und sie kritisieren auch die kritiklose Verinnerlichung dieser Haltung seitens strenggläubiger muslimischer Frauen. Worum es in Beckers Karikaturen geht, ist also die "scharfe Religionskritik, bzw. die Kritik am Missbrauch von Religionen zur Frauenunterdrückung durch selbstgerechte, schriftgläubige Fanatiker", schreibt Alice Schwarzer zum aktuellen "Karikaturenstreit" in der EMMA. Und sie erinnert hierbei auch an Beckers umfangreiche Kritik an christlichen Hardlinern: "Unvergessen der Cartoon, in dem ein christlicher Priester und Lebensrechtler mit seinem Schild 'Für das Leben' auf eine Gegendemonstrantin einschlägt. Der Vatikan hat sich daraufhin übrigens nicht bei EMMA gemeldet."

Der Fall Becker zeigt erneut, dass für die Kritik am fundamentalistischen Islam hierzulande andere Regeln zu gelten scheinen als für die Kritik an fundamentalistischen Strömungen anderer Religionen. Das sollte nachdenklich stimmen. Ebenso wie die Tatsache, dass der fundamentalistische Islam ausgerechnet von freiheitsliebenden, sich selbst als feministisch begreifenden Linken verbissen gegen jede Kritik verteidigt wird.