Auflagenschwund konservativ-katholischer Zeitungen

Die katholische Kirche in Deutschland verliert rasant an Mitgliedern. Vor allem erzkonservative Katholiken sterben aus, was unter anderem zum Auflagenschwund traditionsreicher katholischer Zeitungen führt. Diese werden so ungewollt zu Kronzeugen für den Untergang des traditionellen Katholizismus.

Der Schwund der Katholiken in Deutschland ist zwar allgemein bekannt, steht aber im Schatten des noch auffälligeren Rückgangs bei den Protestanten. Tatsächlich kommt es in der katholischen Kirche aber nicht so sehr auf den statistisch erfassbaren Rückgang an, obgleich dieser mit 2 bis 2,5 Millionen Mitgliedern pro Jahrzehnt auch nicht unerheblich ist. Viel schwerer wiegt der Verlust der erzkonservativen Anhänger, denen ein Wort des Papstes, manchmal sogar schon des Bischofs, als Beweis für die Richtigkeit der katholischen Überzeugung galt.

Diese gleichzeitig blindgläubige und oft aggressiv-fanatisch auftretende Klientel ist am Verschwinden. Ihren letzten großen Auftritt hatte sie 1995 bei der großen Demonstration in München gegen den Kruzifixbeschluss des Bundesverfassungsgerichts, als immerhin 23.000 Teilnehmer mobilisiert werden konnten. Die meisten gehörten allerdings einer Altersgruppe an, die heute ihren Wohnsitz im Pflegeheim oder auf dem Friedhof hat. Der Nachwuchs hingegen bleibt fern.

Im Unterschied zu jungen Protestanten eint die jüngeren Katholiken – egal ob sie in Verbänden organisiert sind oder nicht – das Bestreben, ja nicht altmodisch oder rückwärtsgewandt zu erscheinen. Auch deshalb sind sie für CSU und CDU nicht mehr die sichere Bank wie vor 50 Jahren. Nach wie vor wählen kirchentreue Katholiken zu 75 Prozent und kirchenverbundene Protestanten zu 65 Prozent die C-Parteien, aber diese Klientel hat zum Beispiel in Bayern seit der Volkszählung 1987 von 30 auf acht Prozent abgenommen, während der Anteil der Konfessionslosen von acht auf 30 Prozent zugenommen hat. Dort aber wird die CSU nur von 20 Prozent gewählt.

Wie sehr die traditionellen Katholiken am Aussterben sind, zeigt sich neben dem Priestermangel vor allem am Auflagenschwund konservativ-katholischer Zeitungen. Das letzte Bollwerk unter den Tageszeitungen, die Würzburger Tagespost, erschien seit den achtziger Jahren nur noch dreimal wöchentlich und seit kurzem nur noch als Wochenzeitung mit einer Mini-Auflage von 11.000. Bekannter waren zwei andere Wochenzeitungen. Der Rheinische Merkur, die Lieblingszeitung Adenauers, verbuchte in seiner Glanzzeit eine Auflage von rund 200.000, wobei allerdings ein Teil in der Bundeswehr gratis abgegeben und letztlich vom Staat gesponsert wurde. Als er 2010 aufgab, hatte er noch 36.000 Abonnenten. Der Altöttinger Liebfrauenbote, das Flaggschiff des urbayerischen Katholizismus, kam in seiner Glanzzeit gleichfalls auf eine sechsstellige Auflage, die allerdings schon beim hundertjährigen Jubiläum 1995 auf 40.000 geschrumpft war. Zum 125. Geburtstag haben nun noch genau 7.161 Abonnenten überlebt, was die Süddeutsche Zeitung am 13. Mai zu dem süffisanten Titel "Botschaft für den frommen Rest" veranlasste.

Einer der treuesten Leser des Liebfrauenboten sitzt übrigens im Vatikan, verdankt er der Zeitung doch seine Existenz: 1920 gab der 43-jährige Gendarm Joseph Ratzinger dort nämlich eine Annonce auf. Er suchte zwecks Eheschließung ein "katholisches Mädchen, das kochen und nähen kann". Prompt meldete sich ein 36-jähriges Mädchen, das er drei Monate später heiratete und welches ihm sieben Jahre später einen Sohn gebar, der manchen bayerischen Katholiken ein Messias und den anderen ein Papst wurde.

So schrieb der Liebfrauenbote Geschichte, ehe er selbst bald Geschichte wird. Ob der vorkonziliare Traditionskatholizismus in Mitteleuropa als "Sekte in der Kirche" weiterleben kann, ist zweifelhaft. Seine Zukunft hat er in Afrika, Lateinamerika und Asien.

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