Ende des vergangenen Jahres meldete das Statistische Bundesamt einen Anstieg der Schwangerschaftsabbrüche im dritten Quartal 2022. Nun sind solche Angaben immer mit Vorsicht zu genießen: Ohne Vergleiche und Einordnungen sind sie aussagelos.
Wie die Tagesschau bekannt gab, wurden im dritten Quartal 2022 rund 26.500 Schwangerschaftsabbrüche gemeldet. "Damit nahm die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche im dritten Quartal 2022 gegenüber dem dritten Quartal 2021 um 16,7 Prozent zu." In den beiden Vorjahren wurde ein Rückgang der Zahlen beobachtet.
Für das Statistische Bundesamt sind die Ursachen der Zunahme an Abbrüchen nicht erklärlich. Ob und wie diese Entwicklung mit dem Verlauf der Corona-Pandemie zusammenhängt, bliebe anhand der Daten nicht eindeutig bewertbar, heißt es.
Dr. med. Alicia Baier von den Doctors for Choice Germany sagte gegenüber dem hpd: "Die Zahl der absoluten Abbrüche sollte man vorsichtig interpretieren. Aussagekräftiger ist, wie viele Abbrüche es pro Frauen im reproduktiven Alter gibt." Dort schwanke die absolute Zahl von Jahr zu Jahr ein wenig. In den letzten 30 Jahren sei die Zahl "sogar von 130.000 auf 100.000 zurückgegangen. Die Zahl der Abbrüche pro Frauen im reproduktiven Alter ist in diesem Zeitraum hingegen stabil geblieben." Schon das zeige, "dass man allein mit der absoluten Zahl nicht so viel aussagen kann".
Auch die Berliner Schwangerschaftskonfliktberatung bestätigt einen Anstieg an Pflichtberatungen gegenüber 2021. "Die Gründe hierfür sind wie immer sehr individuell und unterschiedlich. Die Pandemie wird explizit nicht als Grund von den Ratsuchenden genannt." Neben den auch in den Jahren zuvor bei den Beratungen angegebenen Gründen für einen Abbruch wie zum Beispiel partnerschaftliche Probleme, finanzielle und gesundheitliche Situationen, fehlender Wohnraum und/oder eine abgeschlossene Familienplanung sei im vergangenen Jahr auch häufig genannt worden, dass kein Kinderwunsch vorhanden sei. Zudem sorgten sich Menschen wegen der gesellschaftlichen Situation und äußerten Zukunftsängste wegen der Klimakatastrophe. Auch wenn einschränkend gesagt wird, dass es derzeit noch hypothetisch sei, ob das die ausschlaggebenden Gründe für einen Anstieg von Schwangerschaftsabbrüchen 2022 sind. "Noch liegen beim Bundesstatistikamt die Zahlen für 2022 nicht vor."
Doch gerade die letztgenannten Gründe dürften auch als Vorwurf an die Adresse der Politiker gehen, die Schwangerschaftsabbrüche weiterhin und entgegen Gerichtsurteilen und jeder Vernunft kriminalisieren wollen. Bayern zum Beispiel "will das bestehende Abtreibungsrecht erhalten und gegen eine mögliche Abschaffung des Paragrafen 218 notfalls vor das Bundesverfassungsgericht ziehen". Die das fordern sind die gleichen christsozialen Politiker*innen, die nichts unternehmen, um die Klimakatastrophe, wenn schon nicht mehr abzuwenden, so doch wenigstens einzudämmen. Ihnen scheint der "Schutz des ungeborenen Lebens" weit wichtiger zu sein als der Schutz der Lebenden; insbesondere der Schutz des Lebens der zukünftigen Generationen.
5 Kommentare
Kommentare
Roland Fakler am Permanenter Link
Da wirkt immer noch die katholische Vorstellung, dass die Seele der Ungeborenen für die Ewigkeit gerettet werden muss…auf Teufel komm raus.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Hallo Roland, schon einmal habe ich es geschrieben, die Kirchen und damit deren indoktriniere Gläubige, sind nur solange gegen einen Schwangerschaftsabbruch, bis das Kind geboren ist.
zum Missbrauch geeignet ist oder um in einem Krieg verheizt zu werden.
Das ist einzig die Denkungsart der frommen Kirchenleute, wie es uns die Geschichte zeigt
und auch gestern wieder im 3 Sat, im Fernseher "Die Puppenspieler" gesehen hat.
A.S. am Permanenter Link
Aber Herr Fakler, nach christlicher Vorstellung ist die Seele doch schon im Embryo. Die käme doch auch bei einem Schwangerschaftsabbruch in den Himmel.
Die Ablehnung der Kirchen gegenüber Geburtenkontrolle und Schwangerschaftsabbrüchen hat m.E. einen anderen Grund: Die Hirten wollen viele, viele Schäfchen. Es geht um den Eigennutz der Kirche.
Roland Fakler am Permanenter Link
Die Seele ist erst gerettet, wenn der Mensch katholisch getauft ist. Dazu muss er mindestens aus der Gebärmutter herausschlüfpen. Was dann mit Mutter und Kind geschiet, ob die Mutter z.B.
Werner Helbling am Permanenter Link
Keine einzige Religion weltweit ruft zu einer vernünftigen Geburtenkontrolle auf. Ganz im Gegenteil, die Katholen/Vatikan/Papst bekämpfen und verbieten gar die Verhütung.