Gemeinsamer Appell von 100 Organisationen an die Politik

Kinderrechte ins Grundgesetz – aber richtig!

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Am heutigen Freitag findet im Bundesrat die 1. Lesung des Gesetzentwurfs zur Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz statt. Aus diesem Anlass hat ein Bündnis von mehr als 100 Organisationen einen gemeinsamen Appell veröffentlicht, der den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf als unzureichend kritisiert. Zu den Erstunterzeichnern des Aufrufs zählen neben dem Deutschen Kinderhilfswerk, UNICEF Deutschland und dem Kinderschutzbund die Giordano-Bruno-Stiftung sowie der Humanistische Verband Deutschlands.

Die Organisationen fordern in ihrem Appell "Kinderrechte ins Grundgesetz – aber richtig!" die Bundestagsfraktionen und die Bundesländer dazu auf, sich bis zur Sommerpause auf ein Gesetz zur Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz zu einigen, das den Ansprüchen der UN-Kinderrechtskonvention gerecht wird. Denn der vorgelegte Entwurf der Bundesregierung, so die Kritik der Verbände, sei mit keiner signifikanten Stärkung der Kinderrechte verbunden.

Wörtlich heißt es dazu im Appell: "Eine Grundgesetzänderung muss zu einer Verbesserung der Rechtsposition von Kindern in Deutschland beitragen. Sie darf in keinem Fall hinter die UN-Kinderrechtskonvention, Art. 24 der europäischen Grundrechtecharta und die geltende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zurückfallen, die spezifische Kinderrechte gegenüber dem Staat anerkennt. Dabei kommt es auf die Aufnahme von ausdrücklichen Kinderrechten in das Grundgesetz in einem eigenen Absatz an, da diese dem Kind unabhängig bei allem staatlichen Handeln zustehen. Eine unmittelbare Verknüpfung mit den Elternrechten würde zu einem vermeidbaren Konflikt zwischen Eltern- und Kinderrechten führen."

Vom Rechtsobjekt zum Rechtssubjekt "Kind"

Der Philosoph und Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung Michael Schmidt-Salomon erklärte dazu: "Wir fordern die Aufnahme von Kinderrechten in die Verfassung schon seit vielen Jahren. Dass es nun endlich dazu kommt, ist zunächst einmal ein Erfolg. Erstmals sollen Kinder nun explizit als eigenständige Rechtssubjekte im Grundgesetz genannt werden – statt wie bisher als bloße Rechtsobjekte, die der Verfügungsgewalt der jeweiligen Erziehungsberechtigten unterliegen. Was Letzteres im schlimmsten Fall bedeuten kann, hat das verheerende Ausmaß an sexueller, physischer und psychischer Gewalt gezeigt, unter der Heim- und Internatskinder über Jahrzehnte in staatlichen und kirchlichen Institutionen leiden mussten. Damit es nie wieder zu solchen Formen der 'schwarzen Pädagogik' kommt, ist eine verfassungsrechtliche Aufwertung des Kindes notwendig, allerdings muss sie in angemessener Form erfolgen – und hier gibt es im vorgelegten Gesetzentwurf der Bundesregierung noch dringenden Nachbesserungsbedarf!"

In diesem Zusammenhang stimmt Schmidt-Salomon den zentralen Forderungen des Appells "Kinderrechte ins Grundgesetz – aber richtig!" zu. Demnach sollte es einen eigenen Absatz zu Kinderrechten im Grundgesetz geben, der die folgenden sechs Kernelemente enthält:

  • Das Recht des Kindes auf Anerkennung als eigenständige Persönlichkeit
  • Die Berücksichtigung des Kindeswohls als vorrangiger Gesichtspunkt bei allen Entscheidungen, die Kinder betreffen
  • Das Recht des Kindes auf Beteiligung, insbesondere die Berücksichtigung seiner Meinung entsprechend Alter und Reifegrad
  • Das Recht des Kindes auf Entwicklung und Entfaltung
  • Das Recht des Kindes auf Schutz, Förderung und einen angemessenen Lebensstandard
  • Die Verpflichtung des Staates, für kindgerechte Lebensbedingungen Sorge zu tragen.
Der gemeinsame Appell "Kinderrechte ins Grundgesetz – aber richtig!" mit der Liste aller beteiligten Organisationen ist u.a. auf der gbs-Website zu finden. Weiterführende Informationen gibt es auf der Kampagnen-Seite "Kinderrechte ins Grundgesetz". Die verfassungsrechtliche Verankerung von Kinderrechten war bereits Thema im "bruno-Jahresmagazin 2019" (S.44 ff.).

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