Kommentar

2022: Neues Rekordjahr für Austritte aus katholischer Kirche

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Nur noch 1,4 Prozent der Bevölkerung sind praktizierende Katholiken.

Mehr als eine halbe Million Menschen kehrten der katholischen Kirche 2022 den Rücken. Erneut eine deutliche Steigerung gegenüber dem bisherigen Rekordjahr 2021. Der Anteil praktizierender Katholiken liegt bei 1,4 Prozent der Gesamtbevölkerung.

Für die Deutsche Bischofskonferenz – das Zentralorgan der katholischen Kirche in Deutschland – dürfte das Ergebnis ihrer gestern veröffentlichten Kirchenstatistik 2022 kaum überraschend kommen. Bereits im Januar hatte eine Umfrage der Deutschen Presse Agentur (dpa) bei den Kirchenaustrittsstellen größerer Städte Deutschlands nahe gelegt, dass 2022 in Hinblick auf Kirchenaustritte ein neues Rekordjahr werden würde – sowohl bei der katholischen als auch bei der evangelischen Kirche. Auch die im vergangenen Dezember veröffentlichten Ergebnisse des Religionsmonitors der Bertelsmann-Stiftung ließ für die Kirchen wenig hoffen: Jedes vierte Kirchenmitglied dachte laut Bertelsmann-Studie über einen Austritt nach, jedes fünfte bekundete eine feste Austrittsabsicht. 

Nur noch 1,4 Prozent der Gesamtbevölkerung Deutschlands sind praktizierende Katholiken.

Nun also hat die deutsche katholische Kirche – wie üblich in der Jahresmitte des jeweiligen Folgejahres – ihre Mitgliederstatistik für 2022 veröffentlicht. 522.821 Menschen kehrten der katholischen Kirche demnach 2022 den Rücken. Im bisherigen Rekordjahr 2021 waren rund 359.000 Personen aus der katholischen Kirche ausgetreten. Hinzu kamen im Jahr 2022 auf der Negativseite 240.144 Bestattungen, denen auf der Positivseite nur 155.173 Taufen, 3.753 Wiederaufnahmen und 1.447 Eintritte gegenüberstanden – wobei von den 1.447 Personen, die 2022 in die katholische Kirche eintraten, 1.250 Protestanten waren.

20.937.590 Personen waren laut Statistik der Deutschen Bischofskonferenz 2022 Mitglied der katholischen Kirche in Deutschland. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung von rund 84,4 Millionen Menschen im Jahr 2022 entspricht das einem Anteil von 24,8 Prozent Katholiken an der Gesamtbevölkerung. Demnach ist also nicht mal mehr ein Viertel der Bevölkerung Deutschlands katholisch.

Noch gravierender ist eine weitere Zahl der katholischen Kirchenstatistik: Von den 20,9 Millionen Katholiken besuchten nur rund 1,19 Millionen und damit 5,7 Prozent der Mitglieder den Gottesdienst. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung bedeutet dies, dass nur 1,4 Prozent der Gesamtbevölkerung praktizierende Katholiken sind. Dass Politik und Medien der Kirche und ihren Funktionären angesichts dieser rapide schwindenden Verankerung des Katholizismus in der Bevölkerung noch immer weitreichender Privilegien, umfassende Sendezeit und Sprachräume zur Verfügung stellen, ist eigentlich kaum zu fassen. 

"Die katholische Kirche stirbt einen quälenden Tod vor den Augen der gesellschaftlichen Öffentlichkeit."
(Kirchenrechtler Thomas Schüller)

"Die katholische Kirche stirbt einen quälenden Tod vor den Augen der gesellschaftlichen Öffentlichkeit", kommentierte der Kirchenrechtler Thomas Schüller laut dem Münchner Merkur den aktuellen Mitgliederschwund. Besser kann man die gegenwärtigen Entwicklungen nicht zusammenfassen. Allerdings muss deutlich gesagt werden, dass die katholische Kirche ihren derzeit qualvollen Tod selbst verschuldet hat. Immer wieder neue Aufdeckungen im Missbrauchsskandal und vor allem im Umgang der Kirche mit Missbrauchsopfern und -tätern, der Verdacht von Lügen und Meineiden bei hochrangigen Kirchenfunktionären, das Kleinhalten und Vertrösten von Reformbewegungen der letzten Getreuen, die die Kirche überhaupt noch hat – das alles führt nicht zu einer Identifikation mit der Katholischen Kirche. Nicht mal bei denjenigen, die im 21. Jahrhundert überhaupt noch das Bedürfnis haben, an eine Gottheit zu glauben.

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