Vernetzungstreffen und Mitgliederversammlung in Oberwesel

Ein langes Wochenende für den hpd

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Philipp Möller beim Vortrag
Philipp Möller

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Marcus Bensmann (Correctiv)
Marcus Bensmann (Correctiv)

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Auszeit im Günderodehaus oberhalb von Oberwesel
Günderodehaus

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Essen auf dem Marktplatz von Oberwesel
Essen auf dem Marktplatz von Oberwesel

Gemeinsam mit der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) und der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) hat der Humanistische Pressedienst (hpd) am vergangenen Wochenende Journalisten, Videocreator und Podcaster zu einem Vernetzungstreffen eingeladen. Mit dabei war auch Marcus Bensmann von Correctiv, der über die Recherchen berichtete, die dazu führten, dass sich ein Papst vor einem weltlichen Gericht verantworten muss.

Ein Papst vor Gericht

Vor inzwischen mehr als 2 Jahren berichtete Correctiv, dass der emeritierte Papst Benedikt XVI. sich womöglich vor einem weltlichen Gericht wegen des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche verantworten muss. Wie im Laufe der Zeit immer deutlicher wurde, hat die kath. Kirche und der damalige Kardinal Joseph Ratzinger den nachweislich pädophilen Priester H. 1980 im Erzbistum aufgenommen und dessen Umgang mit Jugendlichen nicht unterbunden, obwohl H. zuvor bereits in Essen bei mehreren sexuellen Übergriffen ertappt worden war.

Ende September 2022 wurde deshalb ein Verfahren gegen den Ex-Papst eröffnet. Marcus Bensmann berichtete, wie es dazu kam, dass das Landgericht Traunstein ein zivilrechtliches Vorverfahren gegen die katholischen Kirche einleitete. Grundlage dafür waren insbesondere Recherchen, die Correctiv in Traunstein und vor allem in der oberbayerischen Gemeinde Engelsberg/Garching an der Alz durchführte. So konnte nachgeweisen werden, dass H. auch in der bayerischen Gemeinde bis in die 1990er Jahre Jugendliche missbraucht hat. Da die bisher bekannten Taten strafrechtlich verjährt sind, geht es in diesem noch immer laufenden Zivilprozess um die Anerkennung des entstandenen Schadens und damit um die Mitverantwortung der Bischöfe.

Im Januar 2023 wurde bekannt, dass das Verfahren auch nach dem Tod des Ex-Papstes nicht eingestellt wird. Das Landgericht teilt mit, dass an die Stelle des verstorbenen Beklagten nun die noch zu ermittelnden Erben treten. Das Landgericht Traunstein setzte das Verfahren auf Antrag der Rechtsanwaltskanzlei Hogan Lovells bis zur Nennung eines Rechtsnachfolgers des verstorbenen Ex-Papstes aus.

Auf 300.000 Euro vom Erzbistum München und Freising und 50.000 Euro von den Erben des verstorbenen Papst Benedikt XVI. bezifferte der Klägeranwalt im Juni 2023 die Höhe des Schmerzensgeldes. Dem Kläger sollen demnach "alle materiellen und immateriellen Schäden" ersetzt werden, die ihm "aus der Missbrauchstat im Tatzeitraum zwischen 1994 bis 1996 entstanden sind sowie in der Zukunft noch entstehen werden." Die Schmerzensgeldforderungen gegen die Erben des verstorbenen Papstes Benedikt XVI. wurden damit begründet, dass dieser als Chef der Glaubenskongregation 1986 mit dafür gesorgt habe, dass der verurteilte Priester erneut in einer Gemeinde eingesetzt wurde. Somit wurde H. auch der Missbrauch des jetzigen Klägers erst ermöglicht.

Am 20. Juni 2023 fand vor dem Landgericht Traunstein der erste Verhandlungstag statt. Da es nicht gelungen war, einen Rechtsnachfolger für den verstorbenen Papst zu finden, trennte das Landgericht Traunstein die Klage am Montag ab.

Marcus Bensmann zeigte in seinem Vortrag Dokumente vor, die aufzeigten, wie sicher sich die Verantwortlichen der kath. Kirche vor jeder Strafverfolgung wähnten. Hier bestätigt sich ein altes Sprichwort: "Hochmut kommt vor dem Fall."

Über Oberwesel, Foto: © Frank Nicolai
Über Oberwesel, Foto: © Frank Nicolai

Kritisch über Kritikwürdiges berichten

Über Probleme, religionskritische und/oder kirchenkritische Artikel in größeren Medien veröffentlichen zu können. berichtete Marcus Schulte von Drach (Süddeutsche) in seinem Vortrag. In vielen Redaktionen sei noch immer eine gewisse Hemmung zu verspüren, kritisch über Kritikwürdiges innerhalb von Religionsgemeinschaften zu berichten. Anhand einiger Beispiele zeigte er auf, wie sehr noch immer eine Haltung zu den Kirchen verbreitet ist, die in den 50-iger Jahren ihre Berechtigung gehabt hat. Die aber heute komplett aus der Zeit gefallen ist, da Religionen in der Gesellschaft immer mehr an Bedeutung verlieren.

Religionspolitikkritik

Philipp Möller vom Zentralrat der Konfessionsfreien sprach über die "Verflechtung von Staat und Religionsgemeinschaften in Deutschland". Dabei ging er auch darauf ein, wo sich der Zentralrat in den sich daraus ergebenen Konflikten positioniert und welche Aufgaben er als "Lobbygemeinschaft der Konfessionsfreien" für die Zukunft übernehmen will.

Es gehört – nach seiner Aussage – zur Gründungs-DNA des Zentralrats, keine Religionskritik (mehr) zu betreiben. Sondern die Politik (und die Politiker) zu kritisieren, die eine Trennung von Staat und Kirche verzögern bzw. unmöglich machen wollen.

Vernetzt und gefeiert

Abends am Rhein, Foto: © Gisa Bodenstein
Abends am Rhein, Foto: © Gisa Bodenstein

Doch wie bei vielen Veranstaltungen, die sich über mehrere Tage hinziehen, saß man nicht die gesamte Zeit und hörte wie beim Frontalunterricht einem Vortragendem zu. Bereits am Freitag gab es eine kleine Stadtführung durch das pittoreske Oberwesel am Rhein; später saßen und standen alle am Ufer des Flusses und tranken das eine oder andere Glas Wein (oder Cola) bis der Mond untergegangen und der Kiosk abgeschlossen war.

Das sind die Momente, in denen das Wichtigste an solchen Treffen passiert: Man redet miteinander, vernetzt sich und schmiedet gemeinsame Pläne für zukünftige gemeinsame Projekte.

Der hpd wird möglicherweise zukünftig enger mit Correctiv zusammenarbeiten, vielleicht auch mit der Redaktion des Volksverpetzers gemeinsame Projekte starten. Ideen gab und gibt es viele.

Mitgliederversammlung des hpd e.V. und eine 13-Stunden-Beratung

Am Sonntag fand die alljährliche Mitgliederversammlung des Trägervereines des hpd statt. Hier gibt es wenig Spannendes zu berichten, das für Leser des Portals interessant sein dürfte. Vielleicht nur, dass der hpd im Zuge des bereits laufenden technischen Umbaus ein neues Layout erhalten wird.

Nach der recht kurzen Mitgliederversammlung setzten sich die Redaktion und das Präsidium an einen großen runden Tisch und sprachen über Notwendiges, Internes, Zukünftiges, Ernstes, Redaktionelles, Finanzielles und überhaupt Alles.
Der hpd hat ein aufregendes Jahr hinter sich und es musste Etliches besprochen werden. Diese Beratung dauerte tatsächlich fast 13 Stunden – nur einmal von einsetzendem Regen und Hunger unterbrochen.

Über die Inhalte und Themen soll hier nichts geschrieben werden; nur so viel: Wir haben Einiges vor in der Zukunft. Bleiben Sie gespannt!

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