Gemeinsam mit der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) und der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) hat der Humanistische Pressedienst (hpd) am vergangenen Wochenende Journalisten, Videocreatoren und Podcaster zu einem Vernetzungstreffen eingeladen. Mit dabei war auch Marcus Bensmann von Correctiv, der über die Recherchen berichtete, die dazu führten, dass sich ein Papst vor einem weltlichen Gericht verantworten muss.
Ein Papst vor Gericht
Vor inzwischen mehr als zwei Jahren berichtete Correctiv, dass der emeritierte Papst Benedikt XVI. sich womöglich vor einem weltlichen Gericht wegen des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche verantworten muss. Wie im Laufe der Zeit immer deutlicher wurde, haben die katholische Kirche und der damalige Kardinal Joseph Ratzinger den nachweislich pädophilen Priester H. 1980 im Erzbistum aufgenommen und dessen Umgang mit Jugendlichen nicht unterbunden, obwohl H. zuvor bereits in Essen bei mehreren sexuellen Übergriffen ertappt worden war.
Ende September 2022 wurde deshalb ein Verfahren gegen den Ex-Papst eröffnet. Marcus Bensmann berichtete, wie es dazu kam, dass das Landgericht Traunstein ein zivilrechtliches Vorverfahren gegen die katholischen Kirche einleitete. Grundlage dafür waren insbesondere Recherchen, die Correctiv in Traunstein und vor allem in der oberbayerischen Gemeinde Engelsberg/Garching an der Alz durchführte. So konnte nachgewiesen werden, dass H. auch in der bayerischen Gemeinde bis in die 1990er Jahre Jugendliche missbraucht hat. Da die bisher bekannten Taten strafrechtlich verjährt sind, geht es in diesem noch immer laufenden Zivilprozess um die Anerkennung des entstandenen Schadens und damit um die Mitverantwortung der Bischöfe.
Im Januar 2023 wurde bekannt, dass das Verfahren auch nach dem Tod des ehemaligen Papstes nicht eingestellt wird. Das Landgericht teilte mit, dass an die Stelle des verstorbenen Beklagten nun die noch zu ermittelnden Erben treten. Das Landgericht Traunstein setzte das Verfahren auf Antrag der Rechtsanwaltskanzlei Hogan Lovells bis zur Nennung eines Rechtsnachfolgers des verstorbenen Ex-Papstes aus.
Auf 300.000 Euro vom Erzbistum München und Freising und 50.000 Euro von den Erben des verstorbenen Papst Benedikt XVI. bezifferte der Klägeranwalt im Juni 2023 die Höhe des Schmerzensgeldes. Dem Kläger sollen demnach "alle materiellen und immateriellen Schäden" ersetzt werden, die ihm "aus der Missbrauchstat im Tatzeitraum zwischen 1994 bis 1996 entstanden sind sowie in der Zukunft noch entstehen werden". Die Schmerzensgeldforderungen gegen die Erben des früheren Papstes wurden damit begründet, dass dieser als Chef der Glaubenskongregation 1986 mit dafür gesorgt habe, dass der verurteilte Priester erneut in einer Gemeinde eingesetzt wurde. Somit wurde H. auch der Missbrauch des jetzigen Klägers erst ermöglicht.
Am 20. Juni 2023 fand vor dem Landgericht Traunstein der erste Verhandlungstag statt. Da es nicht gelungen war, einen Rechtsnachfolger für den verstorbenen Benedikt XVI. zu finden, trennte das Landgericht Traunstein die Klage am Montag ab.
Marcus Bensmann zeigte in seinem Vortrag Dokumente vor, die aufzeigten, wie sicher sich die Verantwortlichen der katholischen Kirche vor jeder Strafverfolgung wähnten. Hier bestätigt sich ein altes Sprichwort: "Hochmut kommt vor dem Fall."
Kritisch über Kritikwürdiges berichten
Über Probleme, religionskritische und/oder kirchenkritische Artikel sowie Texte zu skeptizistischen Themen in größeren Medien veröffentlichen zu können, berichtete der Journalist Markus Schulte von Drach in seinem Vortrag. In vielen Redaktionen sei noch immer eine gewisse Hemmung zu verspüren, kritisch über durchaus Kritikwürdiges zu den Religionen zu berichten. Anhand einiger Beispiele zeigte er auf, wie sehr noch immer eine zu respektvolle Haltung gegenüber den Kirchen verbreitet ist, obwohl deren Bedeutung in unserem Staat zu Recht schon sehr verloren hat.
Religionspolitikkritik
Philipp Möller vom Zentralrat der Konfessionsfreien sprach über die "Verflechtung von Staat und Religionsgemeinschaften in Deutschland". Dabei ging er auch darauf ein, wo sich der Zentralrat in den sich daraus ergebenen Konflikten positioniert und welche Aufgaben er als "Lobbygemeinschaft der Konfessionsfreien" übernehmen will.
Es gehöre – nach seiner Aussage – zur Gründungs-DNA des Zentralrats, keine Religionskritik (mehr) zu betreiben. Sondern die Politik (und die Politiker) zu kritisieren, die eine Trennung von Staat und Kirche verzögern beziehungsweise unmöglich machen wollen.
Vernetzt und gefeiert
Doch wie bei vielen Veranstaltungen, die sich über mehrere Tage hinziehen, saß man nicht die gesamte Zeit und hörte wie beim Frontalunterricht einem Vortragenden zu. Bereits am Freitag gab es eine kleine Stadtführung durch das pittoreske Oberwesel am Rhein; später saßen und standen alle am Ufer des Flusses und tranken das eine oder andere Glas Wein (oder Cola) bis der Mond untergegangen und der Kiosk abgeschlossen war.
Das sind die Momente, in denen das Wichtigste an solchen Treffen passiert: Man redet miteinander, vernetzt sich und schmiedet Pläne für die Zukunft.
Der hpd plant zukünftig enger mit Correctiv zusammenzuarbeiten und mit der Redaktion des Volksverpetzers gemeinsame Projekte zu starten. Ideen gab und gibt es viele.
Mitgliederversammlung des hpd e.V. und eine 13-Stunden-Beratung
Am Sonntag fand die alljährliche Mitgliederversammlung des Trägervereins des hpd statt. Hier gibt es wenig Spannendes zu berichten, das für Leser des Portals interessant sein dürfte. Vielleicht nur, dass der hpd im Zuge des bereits laufenden technischen Umbaus ein neues Layout erhalten wird.
Nach der recht kurzen Mitgliederversammlung setzten sich die Redaktion und das Präsidium an einen großen runden Tisch und sprachen über Notwendiges, Internes, Zukünftiges, Ernstes, Redaktionelles, Finanzielles und überhaupt Alles.
Der hpd hat eine aufregende Zeit hinter sich und es musste Etliches besprochen werden. Diese Beratung dauerte tatsächlich fast 13 Stunden – nur einmal von einsetzendem Regen und Hunger unterbrochen.
Über die Inhalte und Themen soll hier nichts geschrieben werden; nur so viel: Wir haben Einiges vor in Zukunft. Bleiben Sie gespannt!
9 Kommentare
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Ein Zukunftsweisender Weg zur Eindämmung der unnötigen Macht der Religionen und
deren Krimineller Energie.
GWUP, gbs, und hpd, bleibt am Ball und lasst nicht nach die Ungerechtigkeit zu bekämpfen!
Weise die Köpfe derer belastet.
Rüdiger Weida am Permanenter Link
Drei Ausführungen im Artikel haben mich erstaunt:
1. Der Zentralrat will nicht Religion, sondern nur Religionspolitik kritisieren
2. Der hpd will möglicherweise enger mit Correctiv zusammen arbeiten
Nach etwas Überlegen bin ich mit Punkt 1 klar gekommen. Der Zentralrat wurde als politischer Arm der Säkularen gegründet. Dann kann er sich auch auf dieses Hauptgebiet beschränken. Religionskritik kommt hoffentlich immer noch reichlich von seinen Mitgliedern. Es ist ja nicht nur die Religionspolitik schädlich für die Allgemeinheit, sondern auch Religion selbst.
Gar nicht klar komme ich mit Punkt zwei und drei.
Correctiv enthüllt, hält sich dabei aber nicht unbedingt an Fakten, sondern verfälscht bewusst, um größere Wirkung zu erzielen.
Der Volksverpetzer berichtet derart einseitig nach politischer Prägung, dass er bei mir schon mal Volksverhetzer hieß und ich ihn von meiner Leseliste gestrichen habe.
Mit diesen beiden unseriösen Truppen enger zusammen zu arbeiten, würde auch den hpd in ein schräges Licht setzen.
Das wäre extrem bedauerlich.
malte am Permanenter Link
Das mit dem Volksverpetzer hat mich auch gewundert, den sehe ich ebenfalls kritisch. Correctiv ist mir bisher noch nicht negativ aufgefallen. Was wirfst du denen konkret vor?
Rüdiger Weida am Permanenter Link
Correctiv bringt keine klaren Fakten. Sie erwecken gekonnt den Anschein, alles sei sehr viel schlimmer gewesen, als es tatsächlich war, z.B. die angeblich geplanten massenhaften Ausweisungen.
Hier mehr dazu: https://uebermedien.de/97285/der-correctiv-bericht-verdient-nicht-preise-sondern-kritik-und-endlich-eine-echte-debatte/
malte am Permanenter Link
Das finde ich ziemlich dünn. In dem Beitrag geht es nicht um Correctiv allgemein, sondern nur um einen einzigen Text.
https://uebermedien.de/97382/die-kritik-an-correctiv-ignoriert-was-wir-ueber-rechtsextremismus-wissen/
Ich sehe da jetzt nichts, was generell gegen Correctiv sprechen würde.
Rüdiger Weida am Permanenter Link
Das ist das, was mir halt als erstes einfiel, es gab schon mehrere solcher Beispiele, die mich da misstrauisch gemacht haben.
Was sagst du zu dem Video, das Hermann unten verlinkt hat?
malte am Permanenter Link
Der "Nachdenkseiten"-Kommentator scheint der Meinung zu sein, dass die AfD eine ganz normale, wählbare Partei ist.
Letztlich ist die ganze Diskussion auch müßig. Weder der Volksverpetzer noch Correctiv würden auf ein Kooperationsangebot eingehen.
Rüdiger Weida am Permanenter Link
Es geht um Demokratieverständnis, nicht darum, ob der Kommentator die AfD für sich für wählbar hält. In einer Demokratie sind alle Parteien wählbar, solange sie nicht verboten sind. Mehr lese ich da nicht.
Ich halte auch das Thema nicht für müsig. Die Idee ist da und da ist es nicht falsch zu zeigen, dass die Idee vielleicht nicht die allerbeste ist.
Hermann Krah am Permanenter Link
Die Frage an Rüdiger war: Wo wird Correctiv kritisch gesehen? Zum Beispiel hier: https://www.youtube.com/watch?v=RCr3YaaOhFE