Seit 2014 vergibt die Frauenrechtsorganisation TERRE DES FEMMES den "Zornigen Kaktus" für sexistische Werbung. In diesem Jahr ging der erste Platz an ein Plakat, auf dem Staubsaugerroboter angepriesen werden. Ebenfalls auf dem Podest: Ein Gartentechnikhändler und ein Bettengeschäft.
Lasziv legt die blonde Frau ihren Finger auf die Lippen, ihr Haar weht im Windkanal des Fotostudios: So preist der "Landhandel Surmühle" in Teisendorf Staubsaugroboter des Herstellers "iRobot" an. Der Slogan dazu: "Putzsklaven zu verkaufen – Wenn jemand Anderes Deinen Job macht". Eine auf gleich drei Ebenen fragwürdige Strategie, findet TERRE DES FEMMES: Die Worte "Sklave" und "zu verkaufen" verharmlosten das rassistische System der Sklaverei, und das Wort "Putzsklaven" lasse auch mit erschreckender Ignoranz außer Acht, dass Tausende Menschen – meist Zugewanderte, meist Frauen – in Deutschland als unterbezahlte Putzkräfte schuften müssen, heißt es auf der Website der Organisation. Und nicht zuletzt bediene die Darstellung der Frau das Klischee des Frauchens, das nur noch zum Sex verfügbar zu sein habe, jetzt, wo der Roboter das Putzen erledige. Das bayerische Unternehmen gewann das Voting für den "Zornigen Kaktus" 2021 eindeutig mit 1.887 Stimmen.
Als TERRE DES FEMMES der Herstellerfirma iRobot mitteilte, dass eine Werbung für eines ihrer Produkte nominiert ist, kam binnen 24 Stunden die Antwort – sowohl vom Sitz der Firma in Massachussetts als auch von der deutschen Niederlassung –, dass sich iRobot ausdrücklich vom dargestellten Inhalt distanziere und dass das Unternehmen nicht an der Entstehung beteiligt gewesen sei. Mehr noch: die Firma kündigte an, Schritte zur Entfernung der Werbung einleiten zu wollen, heißt es in der zugehörigen Pressemitteilung des Vereins, der sich für Frauenrechte einsetzt.
Den zweiten Platz sicherte sich mit 792 Stimmen "Jesus Gartentechnik" aus Lippstadt mit dem Spruch "Ist Ihre Alte nicht mehr scharf? Dann holen Sie sich 'ne Neue!". Daneben: eine Kettensäge. TERRE DES FEMMES' Jury dazu: "Hier wird suggeriert, dass man(n) das Recht und die Möglichkeit hat, eine Frau wie einen Gebrauchsgegenstand gegen eine Neue auszutauschen, sobald sie älter und darum nicht mehr 'scharf genug' ist. Der Sexismus richtet sich hier gegen die eigene Partnerin, die vermutlich schon einige Jahre an der Seite des Mannes lebt, der aber davon ausgeht, dass er natürlich jederzeit eine 'Neue' finden kann."
421 Stimmen und somit Platz 3 ging an das "Schlafzentrum Nägele Betten & Mehr". In der gekürten Anzeige liegt eine junge Frau auf einem Bett, den Kopf mit dem braunen Haar auf eine Hand gestützt, und sieht den Betrachter mit aufforderndem Blick an, während die andere Hand ihre geöffneten Lippen umspielt. Darunter steht: "Irgendwann… schläft jeder mit uns".
"Es geht um Betten, klar, dass da Sex ins Spiel kommt. Das Problem ist aber: Diese Werbung richtet sich offensichtlich und ausschließlich an männliche Kunden. Die Suggestion von der ständigen sexuellen Verfügbarkeit der Frau ist das eine. Aber offenbar geht man davon aus, dass es der (heterosexuelle) Mann ist, der die Kaufentscheidung trifft (und zwar nicht mit dem Kopf) und bezahlt. Damit werden Rollenbilder bedient, über die wir längst hinweg sein sollten", so die Einschätzung der Jury des "Zornigen Kaktus'".
TERRE DES FEMMES begrüße die allgemeine positive Entwicklung und dass immer mehr Firmen auf Sexismus als Marketing-Strategie verzichteten, schreibt die Frauenrechtsorganisation in ihrer Pressemitteilung. Der hartnäckige Kampf gegen Sexismus in der Werbung, der von TERRE DES FEMMES und anderen seit Jahren geführt werde, habe bereits einige Veränderungen bewirkt: "Immer mehr Städte, wie zum Beispiel Berlin, Bremen oder München, gehen mit gutem Beispiel voran und verbieten sexistische Werbung auf der Straße. Auch die Wahrnehmung und der Anspruch der Kundschaft hat sich stark verändert." Der Verein hofft, dass noch viel mehr Betriebe in ihrem Marketing künftig ohne sexistische Klischees und frauenverachtende Rollenbilder arbeiten werden. "Denn: 'Sexism shouldn't sell!"'
Bilder der gekürten Werbemotive und eine vollständige Liste der Einreichungen finden sich auf der Website von TERRE DES FEMMES.