Land zahlt 44,6 Mio. Euro

Staatliche Kirchenfinanzierung in Niedersachsen steigt auch 2016

HANNOVER. (hpd/hu) Nach dem Haushaltsplanentwurf der niedersächsischen Landesregierung steigen die sogenannten Staatsleistungen an die christlichen Kirchen in Niedersachsen weiter: Von 43,0 Mio. Euro im Jahre 2015 auf 44,6 Mio. Euro im kommenden Jahr, also um rund 1,6 Mio. Euro oder nahezu 4 Prozent. Der Gesamtbetrag der in Niedersachsen seit 1949 geleisteten Zahlungen an die Kirchen erhöht sich damit auf 1,5 Milliarden Euro.

Bereits nahezu 100 Jahre lang sehen die Weimarer Reichsverfassung von 1919 und das Grundgesetz von 1949 vor, dass diese staatliche Form der Kirchenfinanzierung abzulösen und einzustellen ist. Das Land Niedersachsen hält sich – wie die anderen Bundesländer – jedoch nicht an den Verfassungsauftrag.

Besondere Brisanz erhält dieser Sachverhalt durch den geplanten Vertrag des Landes Niedersachsen mit zwei muslimischen Verbänden. Soweit bisher bekannt geworden, sollen die beiden Verbände (Ditib und Schura) einen Finanzierungsbeitrag von jeweils jährlich 500.000 Euro für den Aufbau ihrer Geschäftsstellen erhalten. Eine Prüfung, ob die Verbände überhaupt einer Unterstützung bedürftig sind, hat offenbar nicht stattgefunden.

HU

Nach Auffassung der Humanistischen Union (HU) wäre diese Ausweitung der staatlichen Finanzierung von Religionsgemeinschaften ein massiver Verstoß gegen die verfassungsrechtlichen Prinzipien der Religionsneutralität und der Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften.

Sieben Forderungen zum Verhältnis von Staat und Religionsgemeinschaften

Anläßlich des 60. Jahrestages des Loccumer Vertrages und des 50. Jahrestages des Niedersächsichen Konkordats hat sich die Humanistische Union in Niedersachsen mit einem Schreiben an die vier Fraktionen des niedersächsischen Landtags gewendet. Darin werden sieben Forderungen zum Verhältnis von Staat und Religionsgemeinschaften erhoben:

  1. Unabhängige Evaluation des Loccumer Vertrages und des Niedersachsenkonkrordats, unter anderem mit dem Auftrag, zu prüfen, ob diese Verträge angesichts der Vorgaben im Grundgesetz und der Gesetzgebungsmöglichkeiten der Parlamente von Bund und Ländern verfassungsrechtlich zulässig und politisch erforderlich sind.
  2. Einfügung von Kündigungsklauseln in den Loccumer Vertrag und das Konkordat.
  3. Unverzügliche Aufnahme von Gesprächen über die Beendigung der Staatsleistungen an die Kirchen in Niedersachsen; Beteiligung auch der nicht religuonsgebundenen Bürgerinnen und Bürger an diesen Gesprächen.
  4. Niedersächsische Bundesratsinitiative zur Ablösung der Staatsleistungen gemäß Artikel 138 Absatz 1 der Weimarer Reichsverfassung in Verbindung mit Artikel 140 Grundgesetz.
  5. Aufhebung des in der Verfassung nicht, wohl aber erstmals in Loccumer Vertrag (Artikel 13) unzulässiger Weise vorgesehenen staatlichen Kirchensteuereinzug sowie der Beteiligung der Arbeitgeber und der Geldinstute daran.
  6. Bei den Gesprächen zwischen Vertretern der Kirchen und Vertretern der Landesregierung: Offenlegung der Gesprächsgegenstände und der Gesprächsergebnisse.
  7. Regelmäßige Berücksichtigung auch der Interessen der Religionsfreien im gesellschaftlichen Diskurs, z.B. bei der Vorbereitung von Gesetzes und Rundfunkstaatsverträgen.

Die Forderungen der HU werden vom IBKA (Internationaler Bund der Konfessionsfreien und Atheisten) sowie der GBS-Regionalgruppe Hannover unterstützt.