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Luther bei Reformationsjubiläum nicht willkommen

Der kirchenkritischen Kunstaktion "Der nackte Luther" wurde trotz vorliegender Versammlungsgenehmigung der Zutritt zum Schlossplatz in Wittenberg verweigert, wo derzeit die zentrale Feierstunde zum Reformationsjubiläum stattfindet.

Es ist eine Geschichte, die fast biblisch anmutet: Erbärmlich in seiner Nacktheit begehrt Luther Einlass zu den Feierlichkeiten des Reformationsjubiläums an der Schlosskirche zu Wittenberg. Jedoch: Der Einlass wird ihm verweigert.

Natürlich ist es keine biblische Geschichte, sondern die Geschichte der kirchenkritischen Kunstaktion "Der nackte Luther". Kernstück dieser Aktion der Giordano-Bruno-Stiftung ist eine rund 4 Meter hohe Statue. Auf einem Sockel mit der Inschrift "Die nackte Wahrheit über Martin Luther" zeigt sie einen nackten Luther aus Pappmaché. Auf dem geöffneten Mantel Luthers sind einige seiner judenfeindlichen Äußerungen aufgeführt. Ziel der Aktion ist es, mit der Statue sowie Flyern und Broschüren darüber aufzuklären, dass jener Mann, der im Zentrum der Verehrung der mit rund 250 Millionen Euro aus staatlichen Mitteln geförderten Luther-Dekade, ein glühender Antisemit war.

Dass diese Kritik am heutigen Tag in Wittenberg nicht gern gesehen ist, ist verständlich. Dennoch gibt es in diesem Staat ein Recht auf Versammlungsfreiheit, das es erlaubt, Kritik öffentlich zum Ausdruck zu bringen. Für den "Nackten Luther" hatten die Aktionskünstler im Vorfeld eine Versammlung angemeldet und von der zuständigen Behörde in Wittenberg eine entsprechende Genehmigung erhalten. Das jedoch hielt die Polizei heute nicht davon ab, dem nackten Luther den Zugang zum Schlossplatz zu verwehren. In der dortigen Schlosskirche findet heute unter Anwesenheit von allerhand Politik- und Kirchenprominenz die zentrale Feier anlässlich des Reformationsjubiläums statt.

Auf Anfrage des hpd nach dem Grund des Verbots äußerte sich die Pressestelle der zuständigen Polizeidirektion Dessau wie folgt:

"In der Lutherstadt Wittenberg wurden im Bereich der Schlosskirche so genannte Sicherheitsbereiche eingerichtet. Aufgrund der aufgestellten Absperreinrichtungen war ein Betreten mit der Figur der Demonstrations-/Aktionsgruppe der Giordano-Bruno-Stiftung "Der nackte Luther" aus Platzgründen nicht möglich. Hierauf wurde der Versammlungsleiter informiert und hat sich für eine Aufstellung außerhalb des oben genannten Sicherheitsbereiches entschieden."

Der Versammlungsleiter und Schöpfer des "Nackten Luther", Aktionskünstler David Farago, zeigt sich erstaunt über diese Stellungnahme: "Erstens haben wir uns nie entschieden, uns vor dem Sicherheitsbereich aufzustellen – wir stehen hier vor der Sicherheitsschleuse, weil man uns nicht reinlassen will. Und zweitens wäre es ganz einfach, das nur lose eingehängte Absperrgitter kurz zu öffnen, um uns durchzulassen."

"In den Gesprächen der Polizisten an der Sicherheitsschleuse war ein anderer Grund zu hören, warum man uns nicht reinlässt", ergänzt Maximilian Steinhaus, Pressesprecher der Aktion. "Die ‚da oben’ in der Leitung des Polizeireviers Wittenberg wollen angeblich nicht, dass der "Nackte Luther" auf den Schlossplatz kommt. Warum ‚die da oben’ das nicht wollen, darüber lässt sich natürlich spekulieren."

Auf Nachfrage des hpd beim Polizeirevier Wittenberg sah man sich dort nicht zu offiziellen Auskünften berechtigt und verwies auf die Stellungnahme der Polizeidirektion Dessau.

Bereits beim Evangelischen Kirchentag in Berlin im Mai dieses Jahres wurde dem "Nackten Luther" der Zugang zu seinem genehmigten Aufstellort an der Berliner Messe mit ähnlich fadenscheinigen Argumenten verweigert. Mehr noch, die Polizeikräfte vor Ort sprachen ihm damals sogar ein für ganz Berlin geltendes Aufstellverbot aus. Das Verbot wurde zwar nachträglich aufgehoben und man entschuldigte sich dafür – allerdings erst, nachdem die Luther-Aktion bereits erfolgreich verhindert worden war.