Die katholische Kirche leidet seit Jahren unter einem Imageverlust – zumindest in der westlichen Welt. Die negativen Schlagzeilen reißen nicht ab. Die Wahl des argentinischen Kardinals zum Papst im Jahr 2013 schien einen Wendepunkt zu markieren. Der volksnahe Geistliche mit seinem Herz für die Armen und Minderprivilegierten wurde als Heilsbringer in dreifachem Sinn versehrt: Er sollte die Geister vertreiben, die den Ruf ruinierten, die Kirche vom Pomp entrümpeln und reformieren.
Die Bilanz nach gut fünf Jahren fällt nicht eben berauschend aus. In diesen Tagen sorgen nicht nur die Sexskandale für unrühmliche Schlagzeilen, auch Franziskus selbst befeuert die Kadenz der negativen Berichte.
Da ist erstens die weltweite Bischofssynode, die am Mittwoch startete. Das Arbeitspapier beginnt mit der Aussage: "Die Betreuung und Begleitung der Jugendlichen gehört zur Berufung der Kirche."
Aber hallo! Welche Form der Betreuung oder Begleitung ist da gemeint, fragt man sich angesichts der sexuellen Übergriffe im Schoß der Kirche. Man könnte fast denken, der Satz sei zynisch gemeint. Ist er aber nicht. Vielmehr zeigt er, wie unsensibel die Kurie ist.
Offenbar wird innerhalb der geschlossenen Männerwelt noch immer nicht begriffen, dass Tausende von Opfern traumatisiert sind, die sich von Geistlichen aller Hierarchiestufen "begleiten" und "betreuen" lassen haben. Und das im Glauben, dass die Hüter von Moral und Ethik gute Menschen seien, die von Gott geleitet werden.
Statt über die sexuelle Ausbeutung zu sprechen, lässt der Papst lieber über die schöngeistige Form der Betreuung Jugendlicher debattieren. Die Pädophilen in der Kirche wird's freuen.
Statt endlich dafür zu sorgen, dass die Täter weltlichen Gerichten zugeführt werden, fraternisiert sich Franziskus zweitens lieber mit den Freikirchen. "Wir haben die Pflicht, die Anwesenheit des Heiligen Geistes in diesen Gemeinschaften zu unterscheiden und anzuerkennen", sagte er bei einer Audienz für die Angehörigen des Päpstlichen Einheitsrates vor einer Woche. Die Kirche müsse eine Bande echter Brüderlichkeit mit evangelikalen Freikirchen und Pfingstgemeinden knüpfen.
Der Papst regte Begegnungen mit den Freikirchen an, um das gegenseitige Misstrauen zu überwinden, das oft von Unwissenheit oder mangelndem Selbstverständnis herrühre. Diese würden auch ihren Glauben leben, Gott loben und das Evangelium der Nächstenliebe verkünden.
Damit legt sich Franziskus ins Lotterbett mit dogmatischen Gemeinschaften, die Sex vor der Ehe als Sünde betrachten, den Zehnten verlangen, die Bibel wörtlich nehmen und glauben, die Erde sei in sechs Tagen von Gott erschaffen worden. Und die Exorzismus betreiben, weil sie überzeugt sind, der Satan stelle jedem Sünder physisch nach.
Dritter Sündenfall innerhalb einer Woche
Womit wir beim dritten Sündenfall des Papstes innert einer Woche wären: Franziskus hat alle Gläubigen aufgefordert, im Oktober täglich einen Rosenkranz zum Schutz der Kirche vor dem Teufel zu beten. Angesichts der aktuellen Probleme heißt dies wohl, dass der Satan am Werk ist, wenn seine Untergebenen Kinder schänden. Vielleicht müsste er bei seinen Sexualtätern ein exorzistisches Ritual anordnen.
Der hochgejubelte Papst erweist sich in Lehrfragen zunehmend als Fundamentalist im Gewand des Populisten. In seinen mutig wirkenden Reden setzt er sich gern für die Armen, Entrechteten und Ausgestoßenen ein. Doch wenn es darum geht, seinen Worten Taten folgen zu lassen, verlässt ihn der Mut.
Vielmehr betreibt er Verrat an den Geächteten, die ihre Hoffnung auf ihn setzten: Die Geschiedenen, die nicht zur Kommunion dürfen, die Frauen, die nicht verhüten dürfen und von den "heiligen Ämtern" ausgeschlossen werden, die Opfer von sexuellen Übergriffen, die nicht entschädigt und psychisch betreut werden.
Es zeigt sich immer mehr, dass Franziskus in Glaubensfragen erzkonservativ ist und an den mittelalterlichen Dogmen festhält. Und so wäre er wohl gern auch der Papst der Freikirchen.
Übernahme mit freundlicher Genehmigung von watson.ch.
19 Kommentare
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Das man diesen Multimilliardär sein Geschwätz noch ernst nimmt ist unglaublich. Wie bescheiden im Geiste müssen die Menschen sein die diesem Papst noch zujubeln der sie
dieser ganze Schwachsinn langsam seinem Ende entgegen geht. Dies wäre eine Befreiung
für die gesamte Menschheit und dadurch würden auch Mittel frei zur Bekämpfung der weltweiten Armut auch in unserem Lande. Denn vom Beten ist noch nie jemand satt geworden. WACHT ENDLICH AUF!!!!!!
Andreas am Permanenter Link
@ Gerhard Baierlein Der Papst als "Multimilliardär": sehr originell ... ich seh ihn schon mit den Supermodells auf seiner Superyacht ... fällt Ihnen eigentlich gar kein Argument ein?
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Ich schlage vor, warten wir ab, was der Vatikan (irgendwann im Februar) über die Pädophilie sagen wird und was die deutsche Justiz gegen die RKK tut. Was ist Ihre Vorhersage?
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
finden Sie das Lustig? der Vatikan ist einer der reichsten Staaten ins Europa. Haben Sie nur das eine Wort gelesen Multimilliardär und dann aufgehört weiter zu lesen.
Andreas am Permanenter Link
@ Gerhard Baierlein Ich habe Ihren gesamten Kommentar gelesen, soweit es da etwas zu "lesen" gab –
Kay Krause am Permanenter Link
Ich möchte Gerhard Baierleins "WACHT ENDLICH AUF!" mit Sarah Wagenknecht hinzufügen: "STEHT ENDLICH AUF!" (Ich würde auch gern drei Ausrufezeichen machen, aber Schreien liegt mir nicht).Steht alle
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Pädophile aller Welt vereinigt euch in der katholischen Kirche! Oder habe ich was falsch verstanden?
Andreas am Permanenter Link
@ Konrad Schiemert Sie fragen: "Oder habe ich was falsch verstanden?" Alles.
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Ich schlage vor, warten wir ab, was der Vatikan (irgendwann im Februar) über die Pädophilie sagen wird und was die deutsche Justiz gegen die RKK tut. Was ist Ihre Vorhersage?
Gernot am Permanenter Link
Das mit den Kindern macht schon Sinn. ... Denn was kann die Kirche besser gebrauchen als geschudene Seelen, die sie leicht indoktinieren kann!?
Denn nur Leid schaft noch mehr Leid und somit noch mehr leicht beeiflussbare Menschen im Sinne des Krichenkapitalismus ... Money, Money, money in the Churchpoket
Tobias Seyb am Permanenter Link
Überraschung - der Papst ist katholisch!
H. Lambert am Permanenter Link
Herr Stamm, Sie haben m.E. etwas falsch verstanden, wenn Sie einen Unterschied zwischen der Kath. Kirche und den Freikirchen machen.
Bei Franziskus habe ich den Eindruck, dass er seiner Aufgabe intellektuell nicht gewachsen ist.
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Die katholische Kirche leidet seit Jahren unter einem Imageverlust.
Verzeihung, was für ein Image? Gibt es sowas? Katholisch? Lach, Lach!
Dr. Ingeborg Wirries am Permanenter Link
Auch die deutschen Bischöfe haben ihr Ablenkungsthema gefunden: Sie wollen über katholische Sexualmoral und den Zölibat "diskutieren" - als ob das irgendwen außerhalb ihrer Kirchenschäfchen-Gruppe interessie
Dabei wäre/ist das einzig Richtige, was die deutschen Kirchenfunktionäre zu tun haben: Alle Akten zum Thema "Mißbrauch in den katholischen Kirche" an die Staatsanwaltschaften übergeben, sofort! Vollständig, ungeschreddert, ungeschwärzt, mit Klarnamen der Täter und ihrer vorgesetzten Helfershelfer. Dies hat zu gelten: "Rechtsstaat first!"
PS: Papst Benedikt XVI/seinerzeit noch J. Ratzinger in einer Predigt am 31.12.1979: "Der christliche Gläubige ist eine einfache Person. Aufgabe der Bischöfe ist es deshalb, den Glauben dieser kleinen Leute vor dem Einfluß der Intellektuellen zu bewahren." (zitiert nach John L. Allen, "Joseph Ratzinger" 2002). Einig mit Martin Luther: "Die Vernunft ist eine Hure des Teufels."
Dr. Ingeborg Wirries am Permanenter Link
Deutsche Welle/8.10.2018: Exemplarisch: So funktioniert das klerikale Vertuschungs-system der katholischen Kirche:
Im Text heißt es: "Auch bei der Vorstellung (der Mißbrauchsstudie; I.W.) war ihm (Stephan Ackermann; I.W.) Erschütterung anzumerken." Frage: "Erschüttert" - worüber? Vermutlich nicht über das Leid der Opfer, sondern über die Tatsache, dass jetzt alle Welt erfahren hat und weiter erfahren wird, um was für einen verlogenen klerikalen Saustall es sich bei der katholischen Kirche handelt und wie egal ihr der Rechtsstaat ist.
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Jesus hing an einem schmalen Kreuz, der Papst hat ein breites Kreuz. Oder lügt das Foto?
Dr. Ingeborg Wirries am Permanenter Link
Um den deutschen Ermittlungsbehörden und Staatsanwalten auf die Sprünge zu helfen wäre ein Team von investigativen JournalistInnen hilfreich.
A.S. am Permanenter Link
Doch nicht in Deutschland, wo die Kirchen Staat und Regierung so feste im Griff haben!
A.S. am Permanenter Link
Der pädophile Mißbrauch ist doch nur ein Nebenkriegsschauplatz. Der tägliche, allgemeine Mißbrauch naiver Menschen zur Macht- und Reichtumssteigerung des hohen Klerus wäre das Hauptschlachtfeld.