In einer aktuellen Studie der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) unter jungen Erwachsenen in Deutschland sagen 19 Prozent der 19- bis 27-Jährigen, dass sie religiös seien. Mehrheitlich bezeichnen sich die jüngeren Evangelischen wie Katholiken als nicht religiös und ebenso sagt eine Mehrheit: "Über das, was ich glaube, entscheide ich selber". Ein Fazit des Studienleiters lautet: "Es ist eine – vielleicht die erste – wirklich postchristliche Generation. Gott ist weitgehend verschwunden." (S. 40)
Das Sozialwissenschaftliche Institut der EKD hat die Ergebnisse der Studie "'Was mein Leben bestimmt? Ich!' Lebens- und Glaubenswelten junger Menschen heute." publiziert. Die Befragten sind zwischen 19 bis 27 Jahren alt, also junge Erwachsene.
Einerseits bestätigt die Befragung die Ergebnisse der Studien über Kirchenmitglieder und junge Erwachsene in Deutschland ("Weltanschauung und religiöse Lehre") wie für Europa ("Religion von jungen Erwachsenen in 20 Ländern Europas") und ("Generation What? – Glücklich ohne Gott").
Andererseits bringt sie einen neuen Erkenntnisgewinn, da durchgehend zu den Auffassungen von Lebens- und Weltanschauungen die Selbstbeschreibung als "religiös" bzw. "nicht-religiös" abgeglichen wird und sich so neue Information zur Homogenität bzw. Diversität von Menschen zeigen, die sich als "religiös" bzw. "nicht-religiös" verstehen.
Die Grundfeststellung ist, dass sich 19 Prozent der jungen Erwachsenen in Deutschland als "religiös" verstehen, 61 Prozent als "nicht-religiös" sowie 20 Prozent als Unentschlossene.
Konfession und Religiosität
Die Anteile der Konfessionszugehörigkeiten entsprechen (im Rahmen der Fehlertoleranzen und einer zu starken Ausprägung der EKD-Evangelischen) den bekannten Verteilungen. Geht man jedoch auf die Religiosität dieser Konfessionszugehörigen, so stellt sich dar, dass 58 Prozent der EKD-Evangelischen und 51 Prozent der römischen Katholiken sich selbst als "nicht-religiös" bezeichnen.
Von den jungen Erwachsenen Muslime betrachtet sich zwar eine Mehrheit (58 Prozent) als "religiös", aber 10 Prozent sind "nicht-religiös" und weitere 32 Prozent in ihrer Religiosität "teils-teils, etwas".
Deutlich homogener sind die Konfessionsfreien, die sich zu 94 Prozent als "nicht-religiös" betrachten und nur zu 3 Prozent als "religiös". Unentschlossen sind nur weitere 3 Prozent.
Glaubensaussagen
Hinsichtlich der Aussagen zum Glauben entscheidet die Hälfte der jungen Erwachsenen in Deutschland selbst über das, was sie glauben. Bei den Nicht-Religiösen sind es zwei Drittel (63 Prozent), bei den Religiösen ein Fünftel (21 Prozent).
Hinsichtlich des Glaubens an einen Gott sind die Unterschiede klar. Die Hälfte der Nicht-Religiösen (51 Prozent) kann mit einem "Glauben an Gott" nichts anfangen, während zwei Drittel der Religiösen (69 Prozent) bekennen: "Ich glaube an Gott".
Sichtweisen über Kirche
Zwei Fünftel (40 Prozent) der jungen Erwachsenen sehen zum einen "kritisch, was die Kirche sagt" und meinen: "Die Kirche muss sich ändern, damit sie eine Zukunft haben soll." Auch wenn diese Sichtweisen bei den Nicht-Religiösen ausgeprägter sind, so sind es ein Viertel bzw. ein Drittel der Religiösen, die diese Sichtweisen teilen.
Die Distanz zur Organisation Kirche zeigt sich zudem darin, dass zwei Fünftel (38 Prozent) bekunden: "Mein Glaube hat mit der Kirche nichts zu tun". Das sehen die Religiösen in gleichen Anteilen wie die Nicht-Religiösen.
Eine kirchliche Hochzeit (mit weißem Brautkleid und Orgelmusik) wünschen sich 44 Prozent der Religiösen, aber dass die Kirchensteuer "einen guten Zweck" habe, dem stimmen von den religiösen jungen Erwachsenen nur 10 Prozent zu, von den Nicht-Religiösen so gut wie keiner (1 Prozent).
Soziale Einbindung
Mit Hinblick auf den Rückgang der Gottesdienstbesuche / Kirchganghäufigkeit ist zu erwarten, dass die Kirchengemeinde nicht mehr ausgeprägt eine soziale Bindung darstellt.
Die mit Abstand stärksten Bezugsgruppen sind Familie (81 Prozent) und Freundeskreis (69 Prozent), gefolgt von den Arbeitskollegen/Mitstudierenden (23 Prozent). Das gilt sowohl für die religiösen wie nicht-religiösen der jungen Erwachsenen.
Selbst bei den sich selbst als "religiös" Bezeichnenden folgt die Kirchengemeinde (mit 17 Prozent) auf Platz 4.
Fazit
Es sollen hier jetzt nicht die differenzierten Einschätzungen und Ergebnisse der EKD-Studie im Detail referiert werden, sondern nur wenige Kernaussagen aus der Zusammenfassung und dem Resümee:
- "Die jungen Erwachsenen stellen rund zehn Prozent der Gesamtbevölkerung in Deutschland. Sie sind zwar noch mehrheitlich Mitglied einer Religionsgemeinschaft, stufen sich selbst aber nur noch zu einem Fünftel als religiös ein."
- "Die Auswirkungen der großen gesellschaftlichen Trends Individualisierung, Empowerment, Mobilität und Digitalisierung zeigen sich unmittelbar in den Äußerungen der Befragten: Sie empfinden sich als selbstbestimmt und sehen sich in einem hohen Maße als für ihr Leben selber verantwortlich. Dabei erwarten sie keine konkrete Unterstützung durch Institutionen, denen sie ohnehin eher misstrauen."
- "Kirche und Religion bieten in ihrem aktuellen Leben für die Befragten wenig Anknüpfungspunkte. Nach der meist positiv erlebten Konfirmandenzeit sind für die meisten Befragten nur noch die Teilnahme an Kasualien und an Weihnachtsgottesdiensten geblieben. Darüber hinaus ist der Kontakt zur Kirche bei vielen abgebrochen."
- "Lassen sich in diesen Einstellungen noch – wenn auch ferne – Anklänge an christlichen Glauben erkennen, an die die Kirche in irgendeiner Weise anknüpfen könnte? Oder haben wir es hier mit einer erkennbar postchristlichen Generation zu tun, die fast alle Brücken zur Kirche abgebrochen hat? Vieles spricht für das Letztere."
Übernahme mit freundlicher Genehmigung von fowid.de.
13 Kommentare
Kommentare
Frank am Permanenter Link
Ich würde nicht behaupten Gott ist verschwunden, der Glaube an einen Gott verschwindet nicht einfach. Außerdem glaube viele noch immer an das Übernatürliche, wie Geister, Dämonen oder andere magische Rituale.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Gott" war ja nie da. Und der Glaube an einen "Gott" wird nur durch religiöse Institutionen aufrechterhalten.
Das Gleiche wird mit dem "Christengott" geschehen. Wenn endlich der unsägliche Verblödungsunterricht namens "Religionsunterricht" verschwindet, wenn die Verkündigungssendungen im TV durch wichtigere Sendungen ersetzt werden, wenn die Politik sich freimacht von religiösen Lobbyisten, wenn die überflüssigen Kirchen umgewidmet werden zu echten Begegnungsstätten ohne ideologische Vorgabe, dann wird die Religion vergessen und der "Christengott" bekommt seinen angestammten Platz in den Archiven der Historiker...
Frank am Permanenter Link
In den USA haben Christen viel mehr Einfluss auf die Politik, obwohl es in den öffentlichen Schulen kein Religionsunterricht gibt und Staat und Kirchen viel stärker getrennt sind.
Emmerich Lakatha am Permanenter Link
Wenn hier von Deutschland gesprochen wird, möchte ich als Österreicher auf Folgendes verweisen:
Und was meint der österreichische Atheismus dazu? Soviel ich weiß: nichts!
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
"Außerdem glaube viele noch immer an das Übernatürliche, wie Geister, Dämonen oder andere magische Rituale.
Der Glaube an Götter und das Übernatürliche wird so schnell nicht verschwinden."
Thomas R. am Permanenter Link
Good news, aber von einer "Herdenimmunität" gegen Bullshit sind wir noch etliche Generationen entfernt.
A.S. am Permanenter Link
Es fehlt noch der Schritt zu erkennen, dass Gott bzw. die Götter Erfindungen der Menschen sind, zu manipulatorischen Zwecken.
Matthias Wehrstedt am Permanenter Link
Diejenigen, die auf die Frage, wie religiös sie seien, "teils-teils" bzw. "etwas" geantwortet haben, einfach den Nicht-Religiösen zuzuschlagen, ist absolut unredlich.
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Na, was ist denn ein "etwas Religiöser"?
Entweder man ist religiös oder man ist es nicht. Zwischendrin ist wie "etwas tot".
Andreas E. Kilian am Permanenter Link
Es ist eine Frage, wie der Begriff „Gott“ definiert wird.
Wird er von dem indogermanischen Wort „got“ abgeleitet – welches sich heute noch in „Hab und Gut“, das „Gute“, als auch im englischen „got“ (to get) oder im lateinischen „Gaudium“ und sogar im Namen „Goten“ wiederfindet – so basieren unsere „Götter“ auf dem, was uns als innere Freude und Interessen von Natur aus „mitgegeben“ wurde. Es ist das, was uns unbewusst führt.
So lehnen viele Atheisten zwar den christlichen „Gott“ der 10 Gebote als personifiziertes Wesen ab, tanzen jedoch selber um das goldene Kalb. Unsere Götter heißen heute „Arbeit“ und „Geld“. Nach Ihnen streben wir, diese verehren wir. Unsere neuen Priester führen uns mit dem Glauben an Ansehen und Geltung sowie dem Glauben an Zinsen und Renditen an der Nase herum und wir folgen willig, um mehr zu scheinen. Die Wettbewerbsgesellschaft ist unsere Arena, in der wir mit diesem Glauben (dem Wissen wie) prahlen.
Wer „Götter“ verscheuchen will, sollte sein eigenes „goldenes Kalb“ kennen.
mgs am Permanenter Link
"Gott ist weitgehend verschwunden"
Diese Überschrift ist fürchterlich und falsch sowie dem h/Pd unwürdig!
1.) Nichts kann verschwinden, was es nicht gibt.
2.) Wenn nicht 1., dann ist das-da immer noch da
3.) Es geht hier gar nicht um Gott, es geht um die Kirchen; präziser: um die Tyrannei dieser Organisationen, welche "verbrecherisch" zu nennen, verharmlosend wäre.
4.) Bitte, wer immer diese Überschriften macht, sollte noch einmal üben!
- Immer weniger am Gängelband der Kirchen!
- Die Aufklärung wirkt langsam, doch unaufhörlich ansteigend.
- Die Inquisition erbleicht: der heilige Stuhl verwaist ...
Resnikschek Karin am Permanenter Link
Unser Staat und die Postchristlichkeit?
Schwierig auch die Behauptung: entweder (man ist religiös) oder (nicht).... Viele Menschen schwanken da in ihrem Leben. Oft haben sie nicht die Zeit und Gelegenheit, sich dauerhafte Klarheit zu verschaffen. Oder nicht den Mut, sich festzulegen. Auch hat oft die Fragestellung als solche einen Einfluss aufs Ergebnis.
Hauptfrage: warum nimmt der Staat die Postchristlichkeit nicht zur Kenntnis - warum räumt er den (Amts-)Kirchen eine solche Machtposition ein? Jedenfalls ist auf die Zivilgesellschaft eher Verlass! Die Parteien versagen. Schad eigentlich. Weltanschauliche Toleranz ist in der BRD ein Stiefkind!
Und Ethik wird weiter nur minimalistisch ausgebaut im schwarzen Süden. Ethik für alle lehnt Grün-Schwarz ab, also Kretsch- und Eisenmann (KuMi). Weil die Landesverfassung christlich sei.... Ethik ab Kl. 1 frühestens in 10 Jahren.... Demnächst übernehmen ohnehin Kirchenangehörige die gesamte Ethik (Ausbildung). Alle in Reli zwingen, bis es quietscht. Hintenherum geht das in der BRD. Immerhin sagte Eisenmann am 27.11.18 in Stuttgart: Ethik ist de facto Alternativfach (und nicht Ersatz-). Dennoch fließt wohl noch viel Wasser den Neckar hinab bis Deutschland weltanschaulich neutral wird....Gruß Karin Resnikschek, Tübingen
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Religiös zu sein geht ganz ohne einen Gott. Religiosität braucht keinen Gott. Braucht die Sonne, das Wasser, der Sauerstoff Priester?
Beugt sich übers Krankenbett ein Priester,
ist die Zukunft ziemlich düster.
Kommt dagegen eine Krankenschwester:
"Na, wie geht, mein Bester?"