Der Kampf um die Streichung des Paragraphen 219a geht in die nächste Runde: Am 15. Januar 2021 hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Revision der Ärztin Kristina Hänel verworfen, das Urteil ist damit rechtskräftig. Hänel kündigte an, nun Verfassungsbeschwerde gegen Paragraph 219a einzulegen. Der Bundesverband des Humanistischen Verbands Deutschlands (HVD) erklärt seine Solidarität mit der Gießener Ärztin und fordert erneut die ersatzlose Streichung des Paragraphen 219a.
"Kristina Hänel geht konsequent ihren couragierten Weg nach Karlsruhe vor das Bundesverfassungsgericht. Wir begrüßen diesen Schritt von Frau Hänel und stehen als Mitglied des Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung an ihrer Seite. Der Paragraph 219a muss endlich gestrichen werden. Die sogenannte Reform des Paragraphen hat nicht dazu beigetragen, dass Frauen den so wichtigen und umfassenden Zugang zu Informationen erhalten", erklärt Katrin Raczynski, Vorstandsmitglied des HVD-Bundesverbandes. "Ärztinnen und Ärzte müssen darüber informieren können, wie sie medizinische Eingriffe vornehmen – und Betroffene müssen einen einfachen und niedrigschwelligen Zugang zu diesen wichtigen Informationen erhalten. Der Kampf für Selbstbestimmung von Frauen geht in die nächste Runde!"
Der Fall Hänel beschäftigt die Justiz und auch die Politik bereits seit Jahren: Die Gießener Ärztin wurde bereits im November 2017 auf Grundlage des Paragraphen 219a zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie auf ihrer Website Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen bereitgestellt hatte. Im Juli 2019 war das Urteil dann zunächst aufgehoben worden, da es inzwischen zu einer Gesetzesänderung gekommen war. Dem Paragraphen 219a war ein weiterer Absatz angefügt worden, wonach Ärzt*innen, Krankenhäuser und andere Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, über die Tatsache informieren dürfen, dass sie Abbrüche anbieten, nicht jedoch über die Methoden. Der HVD-Bundesverband hatte diese völlig unzureichende Reform scharf kritisiert und wiederholt die ersatzlose Streichung des Paragraphen 219a gefordert.
Im Dezember 2019 war Hänel im Berufungsverfahren vom Landgericht Gießen ebenfalls verurteilt worden. Ihre Revision gegen das Urteil wurde vergangene Woche vom OLG Frankfurt am Main abgelehnt. Dass das Urteil nun rechtskräftig ist, bedeutet zweierlei: Zum einen ist endlich der Weg zum Verfassungsgericht frei. Zum anderen ist Hänel nun gezwungen, die Informationen zum Schwangerschaftsabbruch von ihrer Website zu nehmen. In einer Solidaritätsaktion, unter anderem getragen durch das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung, veröffentlichen nun zahlreiche zivilgesellschaftliche Akteure an ihrer statt diese Informationen. (Siehe dazu auch die aktuelle Meldung der Giordano-Bruno-Stiftung.)
Erstveröffentlichung auf der Website des HVD.
3 Kommentare
Kommentare
Klaus Bernd am Permanenter Link
Es ist ein Skandal wie das Recht auf Selbstbestimmung mithilfe dieser Paragrafen (217-219) mit Füßen getreten wird. Und was ist die Alternative ? Fremdbestimmung !
Giordano Bruno am Permanenter Link
Chapeau, alles richtig gesehen, speziell der letzte Satz, dieser "Gott" ist nur das Geschäftsmodell der Pfaffia zur Machterhaltung und zum Unterdrücken der Menschen, sowie
uns die Kirchen zumuten MUSS ein Ende finden, wir haben uns schon viel zu lange von dieser Art von "Obrigkeit" gängeln lassen.
Assia Harwazinski am Permanenter Link
Der "Schwarzmarkt" der Kurpfuscher darf, soll, kann sich wieder freuen... oder?