Vor einem Jahr bewertete Moritz Pieczewski-Freimuth das Islamkolleg Osnabrück als steuerfinanzierte Schmiede des Politischen Islam. Im Frühjahr zeigte eine Studie des Zentrums für Islamische Theologie Münster die erzreaktionäre Gesinnung angehender Islamlehrer. Seine These, dass islamistische Inhalte durch Akademisierung, staatliche Gütesiegel und Dialogangebote hoffähig werden, bestätigt sich in der Empirie. Jüngst entpuppten sich zwei Absolventen des Islamkollegs als Extremisten, und eine MDR-Reportage entlarvte den verbeamteten Lehrer Ali Fakih als Propagandisten der iranischen Diktatur. Unsere Bildungslandschaft lässt sich von der Doppelzüngigkeit des Politischen Islam blenden. Drei Fälle, ein Muster, eine Analyse.
Staat und Zivilgesellschaft verharren in einem stark vereinfachten Bild vom Islamismus: Der gewaltbereite, bildungsferne "Hinterhof-Salafist", bärtig, desintegriert und ohne Deutschkenntnisse, sitzt auf dem Gebetsteppich im Wartezustand auf den bewaffneten Djihad. Dieser Typus wird als die eigentliche Gefahr wahrgenommen – er soll bekämpft werden, da er den Islam scheinbar missbrauche. Daraus resultiert der Ruf nach "Experten", die den Islam "besser verstehen" und vor einer Verunreinigung bewahren können. Die Lösung: Hinein in die Universitäten, weg aus den Hinterhöfen. Deutsche Imamausbildung als Gegengewicht zu Auslandseinflüssen, islamische Theologen mit Hochschulabschluss für den schulischen Islamunterricht statt abschottender Koranschulen, religiöses Fachpersonal aus staatlich geförderten Akademien gegen demokratiefeindliche Rattenfänger. Selbst vermeintlich moderate Religionsgelehrte sollen Extremismusprävention und Deradikalisierung leisten.
Nun setzt man auf gut ausgebildete, deutschsprachige, äußerlich "angepasste" Persönlichkeiten – Anzug tragende oder hip gekleidete, weniger langbärtige "Saubermänner" und "Sauberfrauen" (meist mit Hijab, gelegentlich auch ohne, um ein liberales Image zu wahren), die sich deutlich von den "Schmuddelkindern" abheben sollen. Genau hier liegt die Krux: Die Islamisten haben dieses Bedürfnis längst durchschaut und ihrerseits ein Konzept entwickelt, um die Demokratie zu unterwandern und die Gesellschaft mit unauffälliger Raffinesse an islamische Maßstäbe anzupassen. Neben dem militanten Djihadismus und Salafismus sieht die Arbeitsteilung des Politischen Islam mit dem legalistischen Islamismus eine ergänzende Strategie vor, um Europa "ohne Schwert und ohne Kampf" zu erobern – wie es Yusuf al-Qaradawi (1926–2022), einstiger Chefagitator der Muslimbruderschaft, formulierte.
Der legalistische Islamismus unterscheidet sich von anderen islamistischen Strömungen durch seine Taktik, innerhalb des Rechtsrahmens der Demokratie zu agieren, statt diese offen zu bekämpfen. Anders als djihadistische oder salafistische Bewegungen, die häufig durch Gewalt oder Kampfansagen auffallen, nutzen legalistische Islamisten bestehende demokratische Strukturen, um ihre langfristigen Ziele zu erreichen. Sie streben an, gesellschaftliche und politische Verhältnisse schrittweise so zu beeinflussen, dass sie ihrem Verständnis der Scharia entsprechen. Dabei präsentieren sie sich als Partner von Integrations-, Bildungs- oder Dialogprojekten, rekrutieren namhafte Unterstützer und delegitimieren alternative Islaminterpretationen.
Doppelstrategie at work
Zum modus operandi gehört eine Kommunikationspolitik der zwei Gesichter: Nach außen, gegenüber dem westlichen Gemeinwesen, gibt man sich tolerant und gemäßigt; nach innen jedoch herrschen Traditionalismus und Radikalität. Man weiß genau, welche Töne westliche Demokratien hören wollen, und bedient diese in der Landessprache, während in der Herkunftssprache ein anderer Wind weht. Ein Beispiel dafür ist DITIB, Erdoğans Diaspora-Abteilung: In Deutschland tritt sie als Partner für Religionsunterricht und Integrationskurse auf, während innerhalb der Gemeinden antisemitische Hetze kursiert und als Soldaten verkleidete Kinder in Theateraufführungen den Märtyrertod gegen Kurden in Syrien nachstellen.
Seit etlichen Jahren ist die DITIB Kooperationspartner des islamischen Religionsunterrichts in NRW. Nachdem Erdoğan die Hamas als "Gruppe von Befreiern" und Israel als "Kriegsverbrecher" bezeichnete und Ali Erbaş, der Chef der türkischen Religionsbehörde Diyanet und damit auch von DITIB in Deutschland, den jüdischen Staat als "einen rostigen Nagel, der im Herzen der islamischen Geographie steckt" beschimpfte, forderte das Land NRW eine Distanzierung von Judenhass und eine Erklärung der DITIB zum Existenzrecht Israels. Diese folgte wenige Wochen später – Lippenbekenntnisse in salbungsvollen Worten. Bedenken Sie einmal, wie lange eine Deradikalisierung von einzelnen Islamisten dauert. Wie gutgläubig kann man sein, um diese plötzliche 180-Grad-Wende einer ganzen Institution zu akzeptieren? Dennoch wurde die Zusammenarbeit mit der DITIB in NRW fortgesetzt.
In Rheinland-Pfalz lief der Islamunterricht bislang modellhaft. Am morgigen Freitag sollen jedoch Verträge zwischen dem Land und den Islamverbänden unterzeichnet werden, bei denen neben der islamistischen Ahmadiyya-Sekte auch die DITIB mit im Boot ist. Diese Verträge beinhalten neben Seelsorge, Begräbnisriten und religiösen Feiertagen auch die feste Etablierung des islamischen Religionsunterrichts sowie die theologische Ausbildung an Hochschulen. Höchst umstrittene Akteure mischen also wieder mit – und das, obwohl es auch hier Zweifel an der DITIB gab. Die Gespräche begannen 2013, wurden aber 2016 wegen des Putschversuchs in der Türkei ausgesetzt. Nach einem Gutachten zur Unabhängigkeit der Landesverbände nahmen die Dialoge mit der DITIB 2023 wieder Fahrt auf. Nun steht die Entscheidung an, und vermutlich wird die Einflussnahme durch und Privilegierung von Erdoğans Beamten in Rheinland-Pfalz am Freitag beschlossene Sache sein.
Derweil attackieren Erdoğans Stellvertreter im Schatten des Syrien-Chaos weitestgehend säkulare Kurdengebiete und misshandeln Frauen sowie Angehörige religiöser und sexueller Minderheiten gemäß ihrer drakonischen Auffassung vom Scharia-Recht. Kein Grund für ein erneutes Gutachten? Wird in deutschen DITIB-Moscheen wieder für deren "Sieg" gebetet?
Grotesk wirkt es dann, wenn ein deutscher Akademiker, dessen Namen ich hier nicht nenne, in einer Facebook-Gruppe zur Bildung gegen Antisemitismus zwar rügend über die Mannheimer "Hinterhof-Moschee" schreibt, die vor kurzem minderjährige Mädchen auf die Ehe vorbereiten wollte, um im nächsten Atemzug jedoch euphorisch den "islamischen Religionsunterricht nach staatlichen Lehrplänen in öffentlichen Schulen" – er nennt das Beispiel NRW – als "Alternative, die zu unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaftsordnung passt", anpreist.
Die Blick des Islam auf Deutschland: easy to fool, was auch der Blick in den Nahen Osten zeigt. Auf internationaler Ebene offenbart sich nämlich gegenwärtig ein ähnliches Bild. Die Islamisten der Hai'at Tahrir asch-Scham-Miliz (HTS) in Syrien, die von vielen als "Rebellen" gefeiert werden, scheinen derzeit mit einer Charmeoffensive zu punkten. Westliche Medien sprechen von "Befreiern" und sehen in Mohamed al-Jolani, dem Rebellenführer, einen "Hoffnungsträger" (taz), der sich angeblich innerhalb weniger Jahre vom Al-Qaida-Anhänger zum Reformisten gewandelt habe.
Ein bezeichnendes Detail: Der neue syrische Premierminister platzierte bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nicht nur die Flagge der syrischen Revolution neben sich, sondern auch die Schahada auf weißem Grund – ein Symbol, das durch die Taliban bekannt ist. Das österreichische Volksblatt paraphrasiert die Titulierung al-Jolanis als "pragmatischen Radikalen" und verweist auf eine mögliche Verbindung zur Muslimbruderschaft sowie auf die Täuschungstaktik der Taqqiya, die es erlaubt, zum Vorteil der Umma (Gemeinschaft der Muslime) zu lügen. Die vorgeblichen Läuterungen dienen im Politischen Islam häufig der Reputationspolitur gegenüber westlichen Beobachtern, um nach der Machterlangung mit dem wahren Gesicht um die Ecke zu kommen.
Das legalistische Drehbuch
"Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufspringen, bis wir unser Ziel erreicht haben. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten", erklärte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan, Ziehsohn der Muslimbruderschaft, exemplarisch im Jahr 1990.
Ihr Vorgehen wirkt indirekt, ist jedoch planvoll: Sie etablieren Netzwerke in Medien, Politik und sozialen Einrichtungen, während sie Parallelgesellschaften und eine schleichende Islamisierung fördern. Obwohl sie Gewalt vermeiden, unterscheidet sich ihr Ziel – die Errichtung eines Kalifats – nicht von dem militanter islamistischer Gruppen. Der Fokus liegt auf langfristiger Einflussnahme und der sukzessiven Umwandlung gesellschaftlicher Werte.
Es klingt wie der Stoff, aus dem Verschwörungstheorien gemacht sind, doch steckt dahinter keine geheime zentrale lenkende Hand. Wie Ahmad Mansour einmal schrieb, wird kein legalistischer Islamist offen sagen: "Wir wollen den Staat unterwandern." Außerdem gehört nicht jeder Akteur zu einer festen Struktur. Entscheidend ist vielmehr das Islamverständnis des Politischen Islam. Dieses setzt beispielsweise auf die Normalisierung von Kinderehen, die Dämonisierung Israels, die Ausbreitung des Kopftuchs – auch unter dem Narrativ, es sei ein feministisches Symbol –, die Umdeutung von Terroristen zu Widerstandskämpfern oder die Bagatellisierung des religiösen Anteils bei Radikalisierungen.
Natürlich existiert ein monströses Organisationsgeflecht des Politischen Islam im Westen. Doch legalistische Islamisten haben auch erkannt, dass solche Netzwerke ihnen im Wege stehen können, sobald sie aufgedeckt werden. Deshalb treten Einzelpersonen als "trojanische Pferde" auf, die allein durch ihre Ideologie und trickreiche Versiertheit überzeugen.
Der gewichtigste sunnitische Akteur des legalistischen Islam ist die Muslimbruderschaft. Gleichzeitig nutzt der schiitische Revolutionsexport der Islamischen Republik Iran ebenfalls legalistische Methoden und hat dazu seine Delegierten in Europa installiert.
Die folgenden drei Fälle veranschaulichen, wie legalistische Einzelpersonen, Methoden und Strukturen im islamischen Lehr- und Predigtbereich wirken sowie dabei gleichzeitig vom Staat gepudert werden.
Ender Çetin: Der Vorzeigeimam in nationalislamistischer Gesellschaft
Während des EM-Trubels um den Wolfsgruß brachte eine Videosequenz den am Islamkolleg Osnabrück ausgebildeten Musterimam Ender Çetin in Verlegenheit. In dem Clip ist Çetin auf dem umstrittenen Fan-Marsch türkischer Fußballfans am 6. Juli 2024 in Berlin zu sehen, wo es zu massenweisen Zurschaustellungen des islamonationalistischen Wolfsgrußes kam. Dabei trägt er ein T-Shirt mit den sogenannten Orchon-Runen, einem Zeichen, das mit den Grauen Wölfen konnotiert ist.
Keine zwei Wochen später sprang das sogenannte Berliner Forum der Religionen Çetin zur Seite und monierte, dass der Schriftzug für sich genommen kein Code der türkischen Faschisten sei. Wenn er jedoch in Häufung und in Verbindung mit anderen Indikatoren des türkischen Nationalislamismus auftritt, gilt dies laut dem Verfassungsschutz allerdings schon als Erkennungsmerkmal einer extremistischen Orientierung. Und genau dieser Umstand trifft auf Çetin zu. Der Welt-Journalist Lennart Pfahler recherchierte, dass Çetin 2016 an einer türkisch-nationalistischen Demo teilnahm. Dort wurde dagegen protestiert, dass der Bundestag den Völkermord an bis zu 1,5 Millionen Armeniern durch das Osmanische Reich offiziell anerkannte. Außerdem ist Çetin auf einem Foto des Vereins Berlin Mehter Takimi, einer Initiative zur Pflege und Aufführung traditioneller osmanischer Militärmusik, zu sehen. Dort steht er mit den Vereinsmitgliedern vor einer roten Üç Hilal-Flagge mit drei Halbmonden. Diese Flagge, die im Osmanischen Reich unter anderem als Kriegsflagge diente, ist heutzutage das Parteilogo der ultranationalistischen türkischen Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP), die als Urorganisation der Ülkücü-Bewegung fungiert. Zudem ist auf dem Foto das Siegel von Sultan Mehmed II. zu sehen, der für osmanische Expansion und Eroberung steht. Çetin bewegt sich also nicht zum ersten Mal in Gesellschaft der Bozkurts, was eine ideologische Sympathie nahelegt.
Angesichts des Verteidigungsschreibens des Berliner Forums der Religionen drängt sich die vergleichende Frage auf: Wäre es moralisch vertretbar, weiterhin an einem deutschen Fanmarsch teilzunehmen, bei dem Hitlergrüße gezeigt werden, während man selbst germanische Runen auf seinem Shirt trägt? Wie wäre es zu bewerten, wenn man zudem in der Vergangenheit auf einer Demonstration für das Recht auf Shoah-Leugnung war oder sich in einem deutschen Brauchtumsverein vor einer schwarz-weiß-roten Fahne ablichten ließ?
Besonders erschreckend ist, dass Çetin gemeinhin als Vorzeige-Imam, muslimischer Gefängnisseelsorger und interkultureller Vermittler, gar als Brückenbauer zwischen Islam und Judentum präsentiert wurde. Bei seiner Zertifizierungsfeier am Islamkolleg Osnabrück waren Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und auch der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, anwesend. Für die Organisation meet2respect engagiert sich Çetin (u.a. durch Schulbesuche) mit dem Auftrag, interreligiöse Begegnungen zwischen Juden und Muslimen zu fördern. Das Projekt erhält finanzielle Unterstützung aus Steuermitteln, unter anderem von der Berliner Bildungssenatorin, dem Bildungsministerium des Landes Brandenburg und dem Bundesfamilienministerium. Auch ins Schloss Bellevue wurde Çetin bereits eingeladen, um mit dem Bundespräsidenten über Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit zu diskutieren. Angesichts der Extremismus-Vorwürfe gegen Çetin zieht das niedersächsische Wissenschaftsministerium nun in Erwägung, die Lehrpläne sowie die Zulassungskriterien des von ihm finanziell unterstützten Islamkollegs Deutschland (IKD) in Osnabrück zu überprüfen.
Imam Abdullah: Islamist dankt Deutschland für Zertifizierung
Vier Monate nach dem Fall Çetin erfuhr die Bild dann aus Sicherheitskreisen, dass ein vom Verfassungsschutz als Islamist eingestufter Hamburger Imam auch am Islamkolleg Osnabrück seine Zertifizierung erhalten hatte. Dabei handelt es sich um den Geistlichen Ebadullah Maulawy Abdullah, der seit acht Jahren das Amt des Imams an der sogenannten Hamburger Tawheed-Moschee bekleidet. Dem Verfassungsschutz zufolge verkehren regelmäßig Islamisten in diesem afghanischen Gotteshaus, wobei es sich offenbar um Anhänger der in Deutschland verbotenen Hizb ut-Tahrir-Bewegung handelt.
Auf Facebook bedankte sich Imam Abdullah mit einem Foto der feierlichen Übergabe seiner Ausbildungsurkunde beim deutschen Staat dafür, "dieses Programm ins Leben gerufen" zu haben. Ein Programm, das nicht nur vom Staat initiiert, sondern auch großzügig finanziert wird. Ziel des Islamkollegs Osnabrück ist es bekanntlich, Imame in Deutschland für Integration und gegen Extremismus zu schulen. Doch in diesem Fall zeigt sich, dass hier ein Imam zwar in Deutschland, aber gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung, für Parallelgesellschaften und Extremismus, staatlich alimentiert ausgebildet wurde.
Auf derselben Facebook-Seite, auf der er seine Dankbarkeit gegenüber Deutschland ausdrückt, offenbart Imam Abdullah sein radikales Gedankengut. Mit der Schreibweise "Israel" in Anführungszeichen negiert er dessen Existenz als Staat, was auf das alte antisemitische Ressentiment des wurzellosen Juden zurückgeht. Weiter verflucht er Israel mit den Worten: "Verdammt die Unterdrücker und ihre blutrünstigen Unterstützer." Hier bedient er die alte antisemitische Leier von den jüdischen Blutsaugern.
Besonders bitter ist dabei, dass dasselbe Innenministerium, das das Islamkolleg mit hohen Summen fördert, einen Verfassungsfeind im Visier hatte, der an dieser Ausbildungsstätte seine Lizenz erhielt, menschenfeindliche Ideologien an gläubige Muslime zu vermitteln. Laut Bild erklärte das Innenministerium, es sei nicht direkt in das Auswahlverfahren involviert, stehe jedoch "in engem und kontinuierlichem Austausch" mit dem Kolleg. Man wolle den "Sachverhalt gemeinsam erörtern" und möglicherweise den "Auswahlprozess der Auszubildenden" überarbeiten.
Lehrer Ali Fakih: Beamter mit Khomeini-Treue
Mitte November brachte schließlich eine über vier Jahre begleitende WDR-Dokumentation das radikale Weltbild des Lehrers Ali Fakih sowie seine erklärte Sympathie für das iranische Mullah-Regime ans Licht. Erst ein Jahr zuvor war Fakih am Berufskolleg in Wuppertal zum Beamten ernannt worden. Auf mehreren Ebenen hatte er indoktrinierenden Einfluss auf junge Menschen: als Klassenlehrer, in Wertevermittlungskursen, im Islamunterricht, als Organisator von Pro-Hamas-Demonstrationen sowie als Redner in seiner Wuppertaler Hinterhofmoschee und im Islamischen Zentrum Hamburg (IZH). Hier darf etwas ausgeholt werden.
Vor 18 Jahren floh Fakih als Kind mit seiner Familie aus dem Libanon, baute sich in Deutschland eine neue Existenz auf und wurde von Schülern wie Kollegen als Paradebeispiel gelungener Integration wahrgenommen. Doch hinter der Fassade des charismatischen Pädagogen verbirgt sich ein Mann, der augenscheinlich die Agenda des islamischen Revolutionsexports der Ajatollahs verfolgt.
Vor laufender Kamera rechtfertigte er das antisemitische Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 und gab den friedlichen Festivalbesuchern selbst die Schuld: "Ich muss ehrlich sagen, es hat mich nicht überrascht. Die feiern neben einem 2,2-Millionen-Gefängnis." Kurz darauf inszenierte er sich auf dem Weg zu seinem Vortrag über muslimische Solidarität mit Palästina als moralischer Kämpfer. Seine Vision ist "aus Deutschland ein besseres Deutschland" machen – konkret ein Deutschland, das islamischen Werten untergeordnet ist.
Bemerkenswert sind Fakihs enge Verbindungen zur "Blauen Moschee" in Hamburg, die vom Islamischen Zentrum Hamburg (IZH) betrieben wurde. Dieses Zentrum war die Propaganda-Filiale der Islamischen Republik Iran in Deutschland. Er hielt dort Reden, bezeichnete die Moschee als seinen "Lieblingsort in Deutschland" und war ein regelmäßiger Besucher. Im Juli 2024 wurde die Einrichtung verboten, nachdem ihre antisemitische Hetze und die Nähe zum Teheraner Regime offenkundig geworden waren. Für Ali Fakih bleibt sie dennoch der Inbegriff seiner geistigen Heimat. Der Lehrer scheint hervorragend vernetzt zu sein in den Auslandsdependancen des Mullah-Regimes, namentlich der Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands e.V. (IGS) und des IZH.
Auch Fakih nutzt die legalistische Strategie, um islamistische Ideologien zu verbreiten. Offene Angriffe vermeidet er dabei, stattdessen setzt er auf subtile Manipulation. Die WDR-Dokumentation zeigt ihn als scheinbar verständnisvollen und dialogbereiten Pädagogen, der jedoch gezielt islamistische Narrative einfließen lässt.
Ein Beispiel: Ali Fakih stilisiert sich zunächst als interkulturellen Verteidiger der "muslimischen Identität" in der westlichen Kultur, um dann vor einer angeblichen "LGBTQ-Propaganda" zu warnen, die Muslimen aufgezwungen werde. Seine als Toleranz getarnte Intoleranz wird besonders im Umgang mit einer transsexuellen Schülerin deutlich, die in der Reportage zu Wort kommt, als Fakih aufdringlich das Gespräch mit ihr sucht. Dabei verweist er perfide auf die staatliche Förderung von Transsexualität im Iran und verschweigt, dass diese Praxis darauf abzielt, Homosexuelle zu geschlechtsangleichenden Operationen zu zwingen, um sie wieder der heteronormativen Ordnung anzugleichen.
In Konflikten um Themen wie etwa sexuelle Vielfalt sucht Lehrer Fakih Rat bei einem schiitischen Imam seiner Hinterhofmoschee. Dieser empfiehlt, sich auf die Religionsfreiheit zu berufen, um solche Inhalte aus dem Schulalltag fernzuhalten – ein Versuch, islamische Moralvorstellungen durch das Ticket "Religionsfreiheit" über die Gleichstellung der Geschlechter zu priorisieren.
Besonders heimtückisch ist Fakihs Methode, junge Muslime zu ködern. Er spricht sie als "unsere Zukunft" an, stärkt ihr Selbstwertgefühl mit Aussagen wie "Was sind wir ohne Euch?" und dramatisiert mit Endzeitstimmung: "Ich mache mir nämlich Sorgen." Islamisten operieren gezielt mit der Idee eines exklusiven Ranges für Muslime, der sie in den Dienst einer vermeintlich höheren Sache stellt.
Als Journalisten den Schulleiter des Berufskollegs auf mögliche Verbindungen Fakihs zum Islamismus ansprachen, zeigte sich dieser ahnungslos. Wichtig sei, "dass er sich an die Gesetze hält" und nicht "irgendetwas Illegales macht" oder als radikaler Prediger auftritt. Später, nachdem sowohl Ali Fakihs Aktivitäten als auch die Strukturen des Mullah-Regimes in Deutschland enthüllt waren, verweigerte der Schulleiter weitere Gespräche. Am Tag der Ausstrahlung der WDR-Dokumentation wurde Fakih suspendiert und ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet.
Das Muster
Alle drei Akteure zeigen in ihrem Islamverständnis zentrale Elemente der islamistischen Ideologie, darunter die Überhöhung von Muslimen, islamischen Expansionismus, eine rigide Sexualmoral, Homophobie, Antisemitismus und Israelfeindschaft. Alle drei entstammen vermutlich Lehrgängen, in denen sie sich ideologisch mit Gleichgesinnten verbunden fühlten, was die Ergebnisse der Einstellungsbefragung des Zentrums für Islamische Theologie Münster unter angehenden Islamlehrern nahelegen. Laut dieser Studie betrachtet etwa ein Drittel der Befragten Juden als Feinde, und knapp die Hälfte lehnt das Existenzrecht Israels ab. Eine Mehrheit hält zudem an archaischen Geschlechterrollen fest, wobei über die Hälfte das Händeschütteln mit dem anderen Geschlecht ablehnt und Männer als alleinige Versorger der Familie sieht. Vor diesem Hintergrund fallen radikale Funktionäre wie Çetin, Abdullah oder Fakih nicht auf.
Alle drei Akteure agieren im Netzwerk des Politischen Islam in Deutschland, dessen zentrale Schaltstelle der Zentralrat der Muslime bildet. Dieser Verband vereint sunnitische Muslimbrüder, türkische Nationalislamisten und schiitische Mullah-Funktionäre unter einem Dach und spielt eine Schlüsselrolle bei der Ausbildung islamischer Religionsgelehrter, etwa als Praxispartner im Beirat des Islamkollegs Osnabrück. Gegründet unter maßgeblichem Einfluss muslimbruderschaftsnaher Gruppen steht der Zentralrat mit seiner zögerlich ausgesetzten Mitgliedschaft des IZH, dem verlängerten Arm der Mullahs sowie der dominierenden ATIB, dem Moscheeträgerverein der Grauen Wölfe, exemplarisch für die ideologische Kooperation zwischen sunnitischen und schiitischen Islamisten. Dieses Netzwerk spiegelt auf nationaler Ebene wider, was international die Allianz zwischen dem schiitischen Terrorregime Iran, der türkischen Autokratie und dem militanten Arm der Muslimbruderschaft, der Hamas, kennzeichnet.
Alle drei Akteure missbrauchen ihren Beruf – sei es als Lehrer, Imam oder Seelsorger – um islamische Überzeugungsarbeit zu leisten und verfolgen dabei ebenfalls Da'wa: Sie nutzen ihre Lehrautorität, um extremistische Ideologien zu verbreiten. Anstatt gewaltsam Menschen zur Annahme des Islams zu zwingen, setzen sie auf die friedliche Methode der Missionierung und geistlichen Begleitung – den Kampf um die Köpfe. Besonders empfänglich sind dabei Schutzbefohlene und leicht beeinflussbare Gruppen wie Gläubige, junge Menschen, Geflüchtete, Migranten und Gefängnisinsassen, die sie gezielt für ihre Zwecke gewinnen wollen. Ich bleibe dabei: Der Djihad im Westen wird über den Bildungsweg geführt.
Alle drei Akteure haben durch Kontakte zu Politikern und die offizielle Zertifizierung mit staatlichem Stempel eine gewisse Referenz, die sie moralisch integer erscheinen lässt. Sie machen sich durch Projekte in den Bereichen Integration, Bildung, Prävention und Sozialarbeit salonfähig und beherrschen in der Regel die Sprache der Identitätspolitik. Diversity-Initiativen und antirassistische Diskurse stärkten meist ihre Rücken.
In allen drei Fällen reagierten die Verantwortlichen zögerlich und erst, nachdem das Kind bereits in den Brunnen gefallen war. Die drängenden Fragen bleiben: Wie viele Kinder und Jugendliche wurden indoktriniert? Wie viele Gläubige radikalisiert? Wie viele Institutionen getäuscht? Wie viele Doppelgesichter sind nach wie vor unentdeckt? Ist diese Untätigkeit Ausdruck von Naivität, Unwissenheit oder einem kalkulierten Willen zur Unterwerfung? Selbst ein Politiker, der nicht für seine kultursensible Zurückhaltung bekannt ist, Friedrich Merz (CDU), zeigte nach dem islamistischen Messerangriff in Solingen kein Umdenken. Nur wenige Tage nach seinen markigen Worten und trotz der bereits bekannten Fälle Çetin und Abdullah hielt er an der Hoffnung auf einen demokratisch gestimmten Islam fest und besuchte höchstpersönlich das Islamkolleg Osnabrück zum Handshake mit der Nadelstreifenfraktion.
Was abschließend gesagt werden muss: Der legalistische Islamismus, der durch Worte und Taten des – auch in Deutschland ausgebildeten – islamischen Religionspersonals transportiert wird, bereitet dem djihadistischen Islamismus den Boden. Er ist sogar gefährlicher, weil er subtiler agiert und schwerer zu erkennen ist. Der Islam gehört weder in die Integrations- noch in die Präventionslandschaft. Alle deutschen Moscheen sind Teil des erzkonservativen, orthodoxen bis legalistischen Verbandsislam – mit einer Ausnahme: Der Ibn Rushd-Goethe-Moschee, die von der Frauenrechtlerin Seyran Ateş geführt wird. Ich lasse mich gern vom Gegenteil überzeugen.
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