Missbrauchsopfer durften in Rom nicht mit dem "Hängemattenbischof" demonstrieren

Polizei verhindert Proteste vor dem Vatikan

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Der Hängemattenbischof vor den Toren des Vatikans – kurz bevor er "einkassiert" wurde.

Die italienische Polizei hat den Betroffenen des katholischen Missbrauchsskandals untersagt, mit der international bekannten Skulptur des "Hängemattenbischofs" vor dem Vatikan zu demonstrieren. Auch das Transparent "Aufklärung auf Katholisch", das den verstorbenen Papst Benedikt XVI. zeigt, durfte bei der Demo am vergangenen Samstag nicht mitgeführt werden. Angeblicher Grund: Verunglimpfung eines Staatsoberhaupts. Meinungsfreiheit wird in Melonis Italien offenkundig kleingeschrieben.

Seit vielen Jahren unterstützt die Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) die Betroffenen des kirchlichen Missbrauchsskandals, sei es mit der juristischen Expertise des Instituts für Weltanschauungsrecht (ifw), sei es mit den öffentlichkeitswirksamen Kunstaktionen des "Elften Gebots". Häufig zum Einsatz kamen dabei sowohl die Skulptur des "Hängemattenbischofs" ("Die unermüdliche Aufklärung des sexuellen Kindesmissbrauchs") als auch das Transparent "Aufklärung auf Katholisch", das den verstorbenen Papst Benedikt (alias Joseph Ratzinger), den Kölner Kardinal Woelki und den Münchener Kardinal Marx in Gestalt der "drei Affen" ("Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen") zeigt.

Als internationale Betroffenenorganisationen in Rom im Vorfeld der Weltbischofssynode gegen die Vertuschung des Missbrauchsskandals demonstrieren wollten, erklärte sich das gbs-Aktionsteam sofort bereit, mit dem Hängemattenbischof die Reise über die Alpen anzutreten, um den Protest der Missbrauchsopfer zu unterstützen. Doch schon am Vortag der Demo wurde der Wagen mit der Skulptur des Düsseldorfer Künstlers Jacques Tilly von der römischen Polizei angehalten. Die Mitglieder des Teams wurden stundenlang verhört und in der Dunkelheit mit Blaulicht zu einem abgelegenen Parkplatz eskortiert. Als das Team um David Farago und Ricarda Hinz am nächsten Morgen eintraf, wurde es bereits von der italienischen Polizei erwartet und darüber informiert, dass der Wagen weder an der Demo teilnehmen noch durch die Innenstadt Roms fahren dürfe – angeblich, weil die Skulptur die Sehenswürdigkeiten der Stadt verdecken würde, obgleich der Hängemattenbischof kleiner ist als die meisten Lastwagen, die durch Rom fahren.

Farago und Hinz entschieden sich, nur das Großtransparent "Aufklärung auf Katholisch" zur Demo der internationalen Missbrauchsbetroffenen mitzunehmen. Doch schon an der Engelsburg, jenem Ort, an dem Giordano Bruno vor 425 Jahren gefoltert wurde, stellten sich ihnen italienische Polizisten in den Weg, die sie zwangen, das Transparent abzulegen. Angeblich stelle die Zeichnung, die problemlos in den deutschen Tagesthemen gezeigt werden konnte, eine Verunglimpfung eines Staatsoberhauptes dar, nämlich des im vergangenen Jahr verstorbenen Papst Benedikt XVI. Dass selbst solch harmlose Transparente in Italien nicht mehr auf Demonstrationen gezeigt werden dürfen, sorgte bei Farago und Hinz für Fassungslosigkeit: "Wir wussten, dass die italienische Regierungschefin Meloni eine Mussolini-Verehrerin ist, doch wir haben nicht damit gerechnet, dass der Kleriko-Faschismus in Italien schon so weit fortgeschritten ist."

Matthias Katsch von der Betroffenenorganisation "Eckiger Tisch" erklärte dazu: "Auch in Rom sollte es möglich sein, die katholische Kirche für ihren Umgang mit massenhaften Fällen von sexueller Gewalt insbesondere an Kindern und Jugendlichen öffentlich zu kritisieren. Das gilt auch für eine Darstellung, die den ehemaligen Papst Benedikt zeigt, der die Augen vor dem Missbrauch verschließt." Katsch zufolge wurden die Aktionen der rund 70 Betroffenen aus 25 Ländern, die sich zum Protest in Rom versammelt hatten, am Samstagabend von der italienischen Polizei "massiv behindert": "Offenbar hatte es sich die italienische Polizei zur Aufgabe gemacht, die Sichtbarkeit dieses Protestes maximal einzuschränken und die angemeldete Veranstaltung fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden zu lassen."

Erstveröffentlichung auf der Website der gbs.

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