Islamismus kritisieren, ohne Rechtspopulismus zu bedienen

Auf der einen Seite gibt es in Teilen der deutschen Gesellschaft muslimfeindliche Ressentiments mit rassistischer Tragweite, auf der anderen Seite existiert ein Milieu, das mittels des "legalistischen Islamismus" eine Gesellschaft mit totalitärem Weltbild anstrebt. Weder das Verharren in Ressentiments noch eine Immunisierung gegen Kritik werden uns weiterbringen, stattdessen sollten humanistische Werte gestärkt werden.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Säkulare Grüne in Berlin hat Anfang 2020 ein Positionspapier zu "seelischen Schikanen" in Berliner Bildungseinrichtungen veröffentlicht. Dabei wird vor allem der Punkt "Islamismus" hervorgehoben und die Berliner Landeskommission kritisiert, dass diese sich in ihren Präventionsprojekten zu wenig mit Punkten wie dem "religiös begründetem Mobbing" und der "konfrontativen Religionsbekundung" beschäftige.

Ein wichtiger Vorstoß, vor allem mit Blick auf die wachsende Salafisten-Szene in Berlin. Auch Kinder aus dem salafistischen Milieu besuchen staatliche Schulen. Wie dabei Kritik geübt werden kann, ohne rechtspopulistische Vorurteile zu bedienen, scheint eine der großen Fragen der nächsten Jahre zu sein.

Fest steht, dass muslimfeindliche Ressentiments weit verbreitet sind in Teilen der deutschen Mehrheitsgesellschaft. Diese beinhalten inzwischen auch eine rassistische Tragweite und werden von rechtspopulistischen Bewegungen dazu genutzt, Muslime, aber auch Menschen mit Migrationsgeschichte systematisch zu diskriminieren und auszugrenzen. Dabei sind diese Ressentiments auch Teil eines Weltbildes von Rechtsterroristen, wie die jüngsten Anschläge weltweit gezeigt haben.

Nun existiert gleichzeitig ein islamistisches Milieu – nicht nur in Deutschland –, das ein totalitäres Weltbild verkörpert und eine Gesellschaft anstrebt, in der Andersdenkende, Frauen und vor allem LGBTQ ebenso diskriminiert und im schlimmsten Fall getötet werden. Der Islamismus kennt nicht nur die Schlächter des IS, dschihadistische Islamisten, die militärisch gegen Andersdenkende vorgehen, sondern auch den sogenannten legalistischen Islamismus, der auf physische Gewalt verzichtet und stattdessen die Institutionen einer Gesellschaft unterwandert. Die bekanntesten Bewegungen des legalistischen Islamismus sind die Muslimbruderschaft und ihr türkischer Ableger Millî Görüş, aus der Anfang 2000 die AKP hervorging.

Diese Bewegungen instrumentalisieren antimuslimische Ressentiments, um ihr fundamentalistisches Islamverständnis vor Kritik zu immunisieren und politische Teilhabe einzufordern, indem sie sich als Repräsentanz aller Muslime verkaufen. Dass liberale und säkulare Muslime nichts mit diesem Gedankengut zu tun haben, wird von religiösen Fundamentalisten, aber auch Teilen der westlichen Politik ignoriert oder wissentlich übergangen. Auch rechtspopulistische Bewegungen sehen Muslime häufig nicht als Individuen, sondern als homogenen Block. Der erste Schritt zur Lösung wäre, dieses Blockdenken aufzubrechen, und Menschen als Individuen auf dem Fundament der Menschenrechte zu begegnen.

Immer noch sind Muslime selber die größte Opfergruppe des Islamismus in all seinen Erscheinungsformen. Dagegen gilt es, sich als antirassistische Bewegung zu positionieren und sowohl antimuslimische Ressentiments als auch islamistisches Gedankengut gleichermaßen zu bekämpfen. Die Stärkung humanistischer Werte, die grenz- und religionsübergreifend sind, sollte im Vordergrund stehen, statt einer systematischen Aufwertung islamistischer Strukturen und ihrer Helfershelfer. Dass das Auswärtige Amt nun eine Vizevorsitzende des Zentralrats der Muslime zur Beraterin berufen hat, scheint in diesem Kontext ein Offenbarungseid zu sein, wo der Zentralrat doch seit Jahren in der Kritik steht, Islamisten und türkische Rechtsradikale in seinen Reihen zu dulden. Wagen wir mehr Säkularismus!

Der Zentralrat der Ex-Muslime hat am 27. Juli 2020 eine Online-Petition gestartet, in der er das Außenministerium auffordert, die Zusammenarbeit mit der Vizevorsitzenden des Zentralrats der Muslime, Nurhan Soykan, zu beenden.

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