In Düsseldorf ist es sehr schwierig geworden, die Kirche zu verlassen. Termine für einen Kirchenaustritt können beim Amtsgericht zwar online reserviert werden, aber wegen des Andrangs muss man mehrere Monate auf eine Möglichkeit warten. Jeder neue Monat, der freigeschaltet wird, ist innerhalb weniger Stunden komplett ausgebucht. So war es auch um Mitternacht des 1. März, als Austrittswillige Termine für Mai ergattern wollten. Schon um 9 Uhr war der komplette Monat Mai ausgebucht.
"Es ist wie bei einem Konzert der 'Toten Hosen'. Innerhalb weniger Stunden sind alle Tickets weg", beschreibt Hans-Joachim Horn vom Düsseldorfer Aufklärungsdienst (DA!), einer Interessenvertretung religionsfreier Menschen, die derzeitige Situation. "Jetzt müssen die Austrittswilligen auf den 1. April hoffen. Dann sollten sie um Mitternacht vor dem PC hocken, um einen Austrittstermin für den Juni zu erwischen. Nach dem Frühstück wäre es zu spät. Das ist ein unhaltbarer Zustand. Wir brauchen dringend mehr Termine."
Deshalb ist der DA! tätig geworden. In einem Schreiben an die Präsidentin des Amtsgerichts Angela Glatz-Bücher fordern die Religionsfreien, dass die Abwicklung der Austritte verbessert wird. "Die meisten Menschen, die den Kirchen den Rücken kehren, sind ungewollt Mitglied geworden. Wer sich als Erwachsener von Religion befreien möchte, kann zu Recht erwarten, dass dies zügig abgewickelt wird. Die im Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit schließt ja auch die Freiheit ein, keine Religion zu haben", begründet Horn die Forderung. "Und was in Köln möglich ist, muss doch auch in Düsseldorf funktionieren", fügt er hinzu.
In der Tat: Das Amtsgericht Köln hat die Termine in diesem Jahr schon fast verdreifacht. 1.500 Menschen können dort ab März pro Monat austreten, gegenüber 600 verfügbaren Terminen im Dezember 2020. "Zwar reicht das auch in Köln bei weitem nicht aus, denn dort waren sämtliche Mai-Termine schon um 11:30 Uhr des 1. März ausgebucht. Aber eine Verdreifachung der Termine ist schon mal ein Anfang", erläutert Ricarda Hinz, Vorsitzende des Düsseldorfer Aufklärungsdiensts, die Forderung an das Amtsgericht. "Am besten man bekommt jederzeit einen Termin im laufenden Monat."
"Dass man bei einem Notar seine Mitgliedschaft beenden kann, wissen leider die wenigsten Menschen", ergänzt Hinz. "Und es zahlt sich aus, zum Notar zu gehen, statt monatelang auf einen Termin beim Amtsgericht zu spekulieren. Die etwa doppelt so hohe Gebühr hat jeder Arbeitnehmer schnell durch die eingesparte Kirchensteuer eingespielt."
"Es ist sowieso nicht mehr zeitgemäß, dass Kinder durch Taufe ungewollt einen Vertrag mit lebenslanger Zahlungsverpflichtung abschließen, aus dem so umständlich herauszukommen ist, wie wir es jetzt erleben", fügt Horn hinzu. "Die Mitgliedschaft bei Religionsgemeinschaften muss dringend an moderne Verbraucherschutzbestimmungen angepasst werde. Aber solange Menschen beim Amtsgericht erscheinen müssen, um auszutreten, muss das auch im zumutbaren Zeitrahmen ablaufen."
13 Kommentare
Kommentare
David See am Permanenter Link
mach doch mal ne Demonstration vor dem Gericht
Giordano Bruno am Permanenter Link
Das mit der Taufe haben die Kirchen schon geschickt eingefädelt, dass aber dann auf der Lohnsteuerkarte die jeweilige Religionszugehörigkeit festgeschrieben ist und unser Finanzamt die Kirchensteuer für die Kirchen ei
zurückgefahren werden, nur so wird Demokratie verwirklicht, auf welche sich fast alle Parteien berufen.
Sternchenskepti... am Permanenter Link
Was ist denn das Normalmaß an Privilegien für Vereine mit verfassungsfeindlichen Imperativen in der Satzung?
Giordano Bruno am Permanenter Link
Das Normalmaß wie bei jedem Gesangs o.Kegelverein, ist das so schwer zu verstehen?
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Die aktuelle Situation - verstärkt durch Corona und den heiligen Virus Woelki - zeigt in der Tat, wie schwer es ist/sein kann, aus dem Verein der Geisterwahnsinnigen auszutreten.
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Denn das ist die Losung der Stunde: NICHT TAUFEN! NICHT TAUFEN! NICHT TAUFEN! AUSTRETEN! AUSTRETEN! AUSTRETEN! Nur die Abstimmung mit den Füßen - am besten noch mit politischer Unterstützung, indem den Kirchen die Staatskohle entzogen wird - mag die Mittelalterkatholen wach rütteln und endlich - ENDLICH! - ihren Laden aufräumen und ausmisten.
Wenn nicht...? Nun, ihre Religion begann in einem Kuhstall und wird in einem Saustall enden...
Hans Trutnau am Permanenter Link
"nicht mehr zeitgemäß ..." - ätschi-bätschi, so läuft das in unserer KRD, KirchenRepublikDeutschland.
Rene Goeckel am Permanenter Link
Meine Düsseldorfer Schwiegertochter ist ausgetreten. Auf ihre Frage, wann der Austritt denn rechtskräftig werde war die Antwort der Sachbearbeiterin: Der Segen des Herrn endet Mitternacht.
Joachim Bertram am Permanenter Link
Eine unglaubliche und anachronistiche, vermutlich auch verfassungswidrige Privilegierung der Kirchen: dass man zum Amtsgericht oder zum Notar rennen muss, um die Mitgliedschaft, die einem ungefragt übergestülpt wurde,
Roland Weber am Permanenter Link
Corona-Impf-Termin und Kirchenaustritts-Termin: Ein bemerkenswerter Gleichschritt im Politikversagen!
Wären wir nicht in Deutschland, könnte man ernsthaft fragen:
Wann kommt es zum Aufstand der "Willigen" - und Corona-/Kirchen-Überdrüssigen?
Joachim Stelling am Permanenter Link
Kirchenaustritte werden knapp. Wie das Clopapier bei der ersten Welle. Die Kirche sollte den Austritt per E-Mail anbieten, einfach so! Ob sie dann auf ihrer Ware sitzenbliebe?
M.S. am Permanenter Link
Es müssten alle als Nichtmitglieder gelten, die nicht als Volljährige erklären, Mitglied sein zu wollen. Diese Regelung wird es aber nie geben, weil das Geschäftsmodell dann nicht mehr funktionieren würde.
Mir hat übrigens gestern noch eine Mutter erzählt, dass sie ihre Zweijährige hat taufen lassen, um einen Kindergartenplatz zu bekommen. Aus keinem anderen Grund! Das muss man sich mal vorstellen. Und das ist Absicht, das hat System, Leute zu so etwas zu nötigen.
Jochen am Permanenter Link
Ich verstehe das Prozedere in NRW nicht. Ich habe meinem Einwohnermeldeamt mitgeteilt, das ich aus der Kirche austrete, das war’s. Ich wohne in Niedersachsen.
Hans-Joachim Horn am Permanenter Link
Ja, es gibt unterschiedliche Regelungen. In NRW muss man zum Amtsgericht oder Notar.