Kommentar

Offener Rechtsbruch ohne Konsequenzen

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Jens Spahn auf dem CDU-Bundesparteitag 2014 in Köln
Jens Spahn (CDU)

Früher haben Minister noch Konsequenzen gezogen, wenn Sie Bockmist verzapft haben. Ein Rücktritt war das Mindeste. Doch heute?

Da haben wir einen Finanzminister Olaf Scholz, dessen heiligste Regel die neoliberale "Schwarze Null" ist, der aber den CumEx-Verbrechern jede Schulden erlässt und damit dem "sozial" im Namen seiner Partei Hohn spricht.

Wir haben zudem einen Verkehrsminister Andreas Scheuer, der ohne Konsequenzen zu befürchten in einer TV-Talkshow zugibt, dass er "eine andere Rechtsauffassung" als der Europäische Gerichtshof habe und darum kein schlechtes Gewissen, den Bürgern mal ein paar Millionen über zu helfen.

Die beiden haben, wie alle anderen Minister auch, geschworen, dem Volk zu dienen und "Schaden von ihm zu wenden". Wie gut für sie, dass die Einhaltung dieses Eids hierzulande nicht einklagbar ist.

Und dann haben wir da noch einen Gesundheitsminister Jens Spahn, der in die Geschichte als der Politiker eingehen möchte, dem sogar zwei höchstrichterliche Urteile am Allerwertesten vorbeigehen. Ganz so, wie erwartet. Immerhin: darauf kann man sich bei dem Mann verlassen: Er lehnt Anträge auf Sterbehilfe weiter ab.

Die FDP-Bundestagsabgeordnete Katrin Helling-Plahr hat deshalb nachgefragt und vom Gesundheitsministerium die Antwort erhalten: "Die Auslegung des Betäubungsmittelrechts und insbesondere die Frage, ob das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte den Erwerb eines tödlich wirkenden Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung erlauben muss, war nicht Gegenstand des Verfahrens." Der gleiche Unsinn, den Spahn in der Pressekonferenz gleich nach dem Urteilsspruch von sich gab. Denn auch wenn selbstverständlich das Bundesverfassungsgericht nicht darüber geurteilt hat (denn das war auch nicht die Frage, die zu klären war) – so gibt es doch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, welches in besonderen Fällen die Freigabe von Natriumpentobarbital zum Suizid angewiesen hat. Doch weder der Minister noch das das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) interessieren sich für dieses Urteil. 

Nein, Herr Spahn will nun das nächste Urteil abwarten. Denn "das Verwaltungsgericht Köln hat dem Verfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob das Betäubungsmittelgesetz im Hinblick auf den Ausschluss von Selbsttötungen mit dem Grundgesetz vereinbar ist." (Quelle: Tagesspiegel) Man muss davon ausgehen, dass auch dieses Urteil nur dann für Herrn Spahn gilt, wenn es ihm in den Kram passt. Anderenfalls macht er aus den zwei konsequenzlos missachteten Urteilen halt drei. Das ist ihm so gleichgültig wie das Leid der Betroffenen und der Wille der Bürger.

Nein, über Politikverdrossenheit braucht sich niemand zu wundern.

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