"Wer gefährdet den öffentlichen Frieden?" - Das Thema der Januar-Veranstaltung des Düsseldorfer Aufklärungsdienstes (DA!) war alles andere als zufällig gewählt: Am 7. Januar 2024 jährte sich das islamistische Attentat auf die Redaktion des Satiremagazins Charlie Hebdo bereits zum neunten Mal. Michael Schmidt-Salomon, Vorstandssprecher der Giordano Bruno Stiftung (gbs), hielt aus diesem Anlass einen Vortrag über "das Recht, Gott lächerlich zu machen".
Zwölf Menschen kamen 2015 bei dem Attentat auf Charlie Hebdo ums Leben. Es war ein gewalttätiger Höhepunkt von religiösen Abgrenzungen gegenüber den Werten der französischen Republik, die bis heute den gesellschaftlichen Diskurs bestimmen.
Anlass für Dr. Michael Schmidt-Salomon, Mitbegründer und Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, über "das Recht, Gott lächerlich zu machen" zu referieren, Titel des gleichnamigen Texts des Charlie-Hebdo-Anwalts Richard Malka.
Vor vollem Haus und bei bis zu 130 online Zugeschalteten machte Schmidt-Salomon am 11. Januar bei einer Veranstaltung des Düsseldorfer Aufklärungsdienstes Malkas Text zum Ausgangspunkt seines Vortrags. So erfuhren die Anwesenden Überraschendes über die Geschichte des sogenannten Karikaturenstreits in Dänemark. Es waren laut Malka der Muslimbruderschaft anhängende Imame in Dänemark selber, die eigene widerwärtige Karikaturen geschaffen und verbreitet hatten, die den eigentlichen Grund für die weltweiten Massendemonstrationen, brennenden Flaggen und auch Toten darstellten.
Was die rechtliche Situation in Deutschland betrifft, hätte der §166 StGB, der sogenannte "Gotteslästerungsparagraph", absurderweise dazu führen können, wenn nicht sogar müssen, dass die überlebenden Redaktionsmitglieder des Charlie-Hebdo-Anschlags hierzulande verurteilt werden, so Schmidt-Salomon. Nach deutschem Recht hätten die Satiren Charlie Hebdos die Islamisten nämlich dazu motiviert, den öffentlichen Frieden zu stören:
Strafgesetzbuch §166: (1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Diese "Umkehrung des Täter-Opfer-Prinzips" sei katastrophal, so Michael Schmidt-Salomon, und die Streichung des §166 StGB längst überfällig.
Der Referent hat Anfang des Jahres eine entsprechende Petition zur Streichung des §166 StGB beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages eingereicht. Nicht das erste Mal, wie die Anwesenden erfuhren. Direkt nach dem Attentat auf Charlie Hebdo hatte Michael Schmidt-Salomon bereits eine ähnlich lautende Petition auf den Weg gebracht, die seinerzeit vom Petitionsausschuss jedoch abgelehnt wurde.
Warum ein erneuter Versuch? Die geänderte politische Lage, so Schmidt-Salomon. Genau jetzt habe die Ampelkoalition die historische Chance, den noch aus dem Kaiserreich stammenden "Gotteslästerungsparagraphen" endlich aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.
"Spätestens seit den Reaktionen auf den Terrorangriff der Hamas auf jüdische Männer, Frauen und Kinder sollte der deutschen Politik bewusst sein, dass es an der Zeit ist, 'klare Kante' gegenüber religiösen Fanatikern zu zeigen und das Profil des demokratischen Rechtsstaats zu schärfen", so der Referent.
An dieser Stelle sei auf die Beschlusslage der Arbeitsgemeinschaft der sozialdemokratischen Juristinnen und Juristen (AsJ) verwiesen, die eine klare Position zur Streichung des §166 StGB hat. Im Begründungstext des entsprechenden Positionspapiers heißt es:
"Die Tatbestände der Beleidigung (...) und der Volksverhetzung (...) bieten bereits ausreichend Schutz gegen verbale Angriffe (...) wegen der Zugehörigkeit zu einer - auch religiösen - Gruppe. Es gibt keinen Grund, religiöse Gruppen gegenüber anderen Gruppen zu privilegieren. (...) Besonders verfehlt erscheint es überdies, dass eine Verfolgung nur bei Störung des öffentlichen Friedens angeordnet wird, weil damit der "Schutz" religiöser Gefühle um so ausgeprägter ist, je gewaltbereiter die Mitglieder der kritisierten Religion sind (...)."
Nach dem Mord an dem französischen Geschichtslehrer Samuel Paty im Jahre 2020 und dem neu entbrannten Streit um die Mohammed-Karikaturen forderte auch der Hamburger Strafrechtler Gerhard Strate in einem vielbeachteten NJW-Artikel - "Das Erbe der Aufklärung" - die ersatzlose Streichung des §166 StGB:
Die Chance für die Ampelkoalition, §166 aus dem Strafgesetzbuch zu tilgen, besteht JETZT - lassen wir sie nicht verstreichen!