KASSEL. (hpd/ake) Theologen, Soziologen, Historiker u.a. Geisteswissenschaftler, die keine praktischen Erfahrungen als forschende Biologen haben, verwenden noch heute das Wortpaar "Die Evolutionstheorie". Im 19. Jahrhundert wurde in der Tat angenommen, eine Evolution der Lebewesen sei theoretisch möglich, aber nicht tatsächlich zu belegen. Heute wissen wir mehr.
Heute wissen wir, dass die Evolution ein realer Vorgang ist, der stattgefunden hat, andauert und somit erforscht werden kann. In einem Lehr-Video Nr. 8 „Was sind Evolutionstheorien?" hat das Evolutionsbiologen-Team Prof. Ulrich Kutschera (Universität Kassel/Stanford, USA), Dipl.-Biol. Lena Dörges und Dr. Stefan Schauer (beide Universität Kassel) zunächst dargelegt, was naturwissenschaftliche Theorien sind.
Danach werden die folgenden Konzepte erklärt: 1. die Theorie von J. Lamarck 1809 ("Lamarckismus"), 2. die Theorien von C. Darwin und A. R. Wallace 1858/59 ("Darwinismus"), 3. die Theorie von A. Weismann 1914 ("Neodarwinismus"), 4. die Synthetische Theorie von T. Dobzhansky, E. Mayr u. a. Biologen 1950 ("Modern Synthesis") und 5. die Erweiterte Synthetische Theorie des 21. Jahrhunderts ("Expanded Synthesis"), die auch als "Wissenschaftsdisziplin Evolutionsbiologie" bezeichnet werden kann.
Die Evolutionsbiologie ist eine Realwissenschaft mit praktischen Anwendungen, z. B. in der Medizin oder der Tier- und Pflanzenzucht. Es gibt zahlreiche Theorien, die Teilaspekte der Evolution ausgewählter Organismen erklären. So kann z. B. über die Theorie der gerichteten natürlichen Selektion die Anpassung der Organismen an ihren Lebensraum erklärt werden, während die Theorie der primären Endosymbiose den Ursprung kernhaltiger Zellen, sogenannter Eucyten, verdeutlicht.
Obwohl heute viele Teilaspekte der Evolution einer kausalen Erklärung zugänglich sind, gibt es im "Theoriensystem Evolutionsbiologie" noch viele offene Fragen. Das ist aber ein Kennzeichen einer lebendigen, sich selbst korrigierenden Naturwissenschaft. Antworten werfen neue Fragen auf, und die Forscher gewinnen immer tiefere Einblicke in den Verlauf und die Antriebskräfte der Makro-Evolution der Organismen unserer dynamischen Erde.